Weser-Kurier: Kommentar zum Energiegipfel im Kanzleramt
Geschrieben am 02-05-2012 |
Bremen (ots) - Die Energiewende ist ein Mega-Projekt, das weltweit
Beachtung findet. Manche meinen, die Aufgabe wiege ähnlich schwer wie
die der Deutschen Einheit. Laut Bundesumweltminister Norbert Röttgen
nimmt die Energiewende Fahrt auf, Kollege Philipp Rösler sagt, es
gehe programmgemäß voran. Wenn aber Wissenschaft, Wirtschaft,
Verbraucher, kommunale Spitzenverbände, Umweltorganisationen und
zuletzt selbst CDU-Ministerpräsidenten nervös werden, dann läuft eine
Sache nicht rund. Es sind gerade die Grundpfeiler der Energiewende,
die auch mehr als ein Jahr nach Fukushima nicht stehen: Die
Offshore-Windenergie kommt nicht in Fahrt. Die Förderkredite sind zu
knapp bemessen, Banken geben kein Geld für die
Milliarden-Investitionen und die Regierung werkelt immer noch an
einem Gesetz zu Haftungsfragen. Die gesetzten Ziele beim Ausbau der
Meereswindkraft sind nicht mehr zu erreichen, meint bereits das auf
Energiewirtschaft spezialisierte Marktforschungsinstitut Trend
Research. Ursprünglich sollten 10.000 Megawatt bis 2020 installiert
sein. Auch die Anbindung ans Leitungsnetz kommt nicht voran. Dabei
hätte klar sein müssen, dass ein Unternehmen wie Tennet (Gewinn in
Deutschland 2011: rund 200 Millionen) nicht mal eben
milliardenschwere Projekte stemmen kann. Ungelöst ist auch die Frage
der Reservekraftwerke. Wenn der Wind nicht bläst und die Sonne nicht
scheint, dann müssen andere Anlagen Strom und Wärme liefern. Die
Bundesregierung scheint Großkraftwerke gegenüber dezentralen Lösungen
wie etwa die Kraft-Wärme-Kopplung zu favorisieren. Kein Wunder, dass
jetzt viele Stadtwerke-Bosse vergrätzt sind. Die beste Energie ist
jedoch die, die man einspart. Doch die energetische Gebäudesanierung
hängt zwischen Bundesrat und Bundestag fest. Die Koalition hat
verpasst, die Länder mit ins Boot zu holen. Und auf europäischer
Ebene ist es ausgerechnet Rösler, der eine EU-Richtlinie für mehr
Energieeffizienz torpediert. Gleich fünf Ministerien basteln an der
Energiewende mit, richten Arbeitsgemeinschaften, Steuerungskreise und
Plattformen ein. Das ersetzt kein stimmiges Konzept.
Pressekontakt:
Weser-Kurier
Produzierender Chefredakteur
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