Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zur Endlager-Suche: Tief unter die Erde
Geschrieben am 02-05-2012 |
Regensburg (ots) - Von wegen Ruhe an der Anti-Atom-Front: Die
Energiewende und der Beschluss über die Abschaltung der
Kernkraftwerke haben noch längst nicht den gesellschaftlichen Frieden
gebracht, den sich die Politik nach dem Reaktorunglück von Fuku-shima
herbeigesehnt hatte. Zwar ist der Konflikt um den Betrieb der
Atommeiler im Augenblick aus dem Zentrum der Auseinandersetzung
gerückt. Dafür sorgt jetzt aber die Frage nach einem nuklearen
Endlager zunehmend für Zündstoff. Die Büchse der Pandora haben wir
schon vor Jahrzehnten geöffnet: Seit Beginn des Atomkraft-Zeitalters
in Deutschland wächst der radioaktive Müllberg von Tag zu Tag. Es
besteht zumindest politische Einigkeit darüber, dass der strahlende
Abfall in einem unterirdischen Depot verschwinden muss, das
Sicherheit für sehr lange Zeiträume bieten soll. Gemessen am Stand
der Debatte in anderen Atomstaaten ist das schon ein immenser
Fortschritt. In Russland etwa wird der radioaktive Müll wohl noch auf
lange Sicht ganz selbstverständlich an der Oberfläche in Gebäuden
gelagert, die den Sicherheitsstandard von Sporthallen besitzen. Diese
riskante Variante, in der das Zwischenlager gewohnheitsmäßig zur
Langzeitdeponie wird, darf um keinen Preis zum Dauerzustand werden -
schon gar nicht im dicht besiedelten Deutschland. Deshalb müssen wir
uns der Verantwortung stellen, und den radioaktiven Abfall so lagern,
dass davon auch für künftige Generationen möglichst wenig Gefahr
ausgeht. Darauf zu hoffen, dass der Atommüll durch neue Technologien
wie die viel diskutierte Transmutation irgendwann unschädlich gemacht
werden könnte, wäre grob fahrlässig. Denn niemand kann heute sagen,
ob diese Technik auch so funktioniert, wie ihre Befürworter erhoffen.
Den besten Schutz bietet ein Endlager tief unter der Erde in einer
geologisch stabilen Gesteinsformation. Auch wenn kaum ein Experte
eine Sicherheitsgarantie für die Ewigkeit geben wird: Von allen
diskutierten Varianten ist die Lagerung Untertage die aus ethischer
Sicht beste Lösung. Dennoch wird es noch mindestens drei Jahrzehnte
dauern, bis in der Bundesrepublik ein Atommüll-Endlager in Betrieb
gehen kann. Und bis dahin wird es noch zahlreiche Großkonflikte
geben. Denn schon bei der Standortsuche scheiden sich die Geister.
Verschon' mein Haus, zünd' andere an - das St. Floriansprinzip lässt
bei der Frage grüßen, wo das nationale Atomdepot gebaut werden soll.
Ob es tatsächlich zu einer "tabulosen" neuen Standortsuche auf der
"weißen Landkarte" kommen wird, kann heftig bezweifelt werden. Wie
soll man es sonst interpretieren, dass die bayerische Staatsregierung
schon einmal vorsorglich darauf verweist, dass es im Freistaat keine
geeigneten Bergwerksstollen für ein Endlager gebe? Auch in den
anderen Bundesländern werden die Spitzenpolitiker davor
zurückscheuen, dass die Bürger gegen ein Endlager vor ihrer Haustüre
auf die Barrikaden gehen. Das spricht dafür, dass es letztlich doch
auf Gorleben hinausläuft - neben den 1,6 Milliarden Euro, die dort
bereits bei der Erkundung verbuddelt wurden. Doch egal, welcher
Standort es letztlich wird: Auch wenn das letzte Atomkraftwerk in
Deutschland abgeschaltet ist, werden noch für lange Zeit
Castor-Transporte quer durch die Republik rollen - zum nuklearen
Super-Sarkophag. Und die Politik muss damit rechnen, dass nicht nur
entlang der Transportrouten auch künftig heftig protestiert wird.
Vielmehr noch könnte das künftige Nuklear-Depot zu einer Pilgerstätte
der Anti-Atom-Bewegung werden. Man könnte es den Kernkraftgegnern
nicht verübeln: Die Bilder aus der Asse, in der Atomfässer in einer
Salzbrühe vor sich hinrosten, haben sich in ihr Gedächtnis
eingebrannt. Sämtliche Kontrollsysteme haben dort über Jahrzehnte
versagt. Der Umgang mit der Asse ist ein Skandal, der das Vertrauen
in die Atompolitik zutiefst erschüttert. Die Politik muss die Lehren
daraus ziehen: Geheimniskrämerei und Vertuschung dürfen sich nicht
wiederholen. Bei der Endlagerfrage müssen von Anfang an Sicherheit,
Ehrlichkeit und Transparenz die obersten Gebote sein. Autor: Stefan
Stark
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
393086
weitere Artikel:
- Mittelbayerische Zeitung: Kommentar: Abgezockt Regensburg (ots) - In der Schweiz sind Geldspielautomaten
außerhalb von Casinos verboten. Zu einer so rigiden Gesetzgebung kann
man sich in Deutschland nicht durchringen. Doch immerhin wird
versucht, das weitere Ausbreiten von Spielhallen in Bayern zu
verhindern. Ein notwendiger Schritt angesichts der hohen Zahl von
Suchtkranken, die häufig nicht nur sich selbst in den Abgrund reißen.
Irgendwann ist der Arbeitsplatz weg, später vielleicht auch die
Familie. Viele Süchtige werden kriminell, um frisches Geld für die
Zockerei zu beschaffen. mehr...
- Schwäbische Zeitung: Ein harmloses Monster - Leitartikel Leutkirch (ots) - Jetzt kommt sie also, die große Behörde, die den
"bösen" Mineralöl-Konzernen endlich auf die Finger schaut und wieder
für bezahlbare Preise an den Zapfsäulen sorgt. Diese Sicht auf die
geplante Markttransparenzstelle ist sicherlich naiv. Wer die neue
Behörde aber bloß als riesiges und nutzloses Bürokratiemonster
geißelt, hat ebenfalls unrecht. Auch wenn die Details - wie etwa die
personelle Ausstattung der Benzin-Polizei - noch offen sind, kann man
den Kabinettsbeschluss zumindest als Kampfansage an die fünf großen mehr...
- Lausitzer Rundschau: Gesund, aber nicht robust
Zum Arbeitsmarkt in Deutschland Cottbus (ots) - Von einer robusten Gesundheit spricht man bei
einem Menschen, dessen Körper größere Belastungen aushält und auch
die eine oder andere Sünde verzeiht. Ob der deutsche Arbeitsmarkt
auch als robust bezeichnet werden kann, ist eher fraglich. Er ist
momentan gesund, ganz ohne Frage. Unter drei Millionen Arbeitslose,
das schont die Sozialkassen, hebt die Stimmung und stimuliert den
Konsum. Aber es wäre ein schwerer Kunstfehler, hinter diesem Zustand
die Schwachpunkte nicht zu erkennen, wie bei einem Arzt, der bei
einem mehr...
- Rheinische Post: WDR-Intendantin kündigt besonders kritische politische Berichterstattung zur Fußball-EM in der Ukraine an Düsseldorf (ots) - Die Intendantin des Westdeutschen Rundfunks
(WDR), Monika Piel (61), kritisiert die Ukraine als Austragungsort
für die Fußball-Europameisterschaft. "Länder wie die Ukraine machen
eine falsche Rechnung auf, wenn sie glauben, sich durch ein
Großereignis wie die EM positiv darstellen zu können. Es führt zum
Gegenteil", sagte Piel der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen
Post" (Donnerstagausgabe). Die politische Situation in der Ukraine
werde deshalb auch zentraler Bestandteil der Berichterstattung sein.
mehr...
- Rheinische Post: WDR-Intendantin Monika Piel: "Gottschalk live" unter Zeitdruck gescheitert Düsseldorf (ots) - Die Intendantin des Westdeutschen Rundfunks
(WDR), Monika Piel (61), sieht in "Gottschalk live" ein wichtiges
Experiment, das gescheitert sei. "An Gottschalk sieht man, dass wir
in einer völlig anderen medialen Welt als noch vor 20 Jahren leben.
Unser Publikum erwartet, dass die erste Sendung perfekt ist. Hat sie
erkennbare Mängel, dann ist es ganz schwer, diesen ersten Eindruck zu
revidieren", sagte Piel der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen
Post" (Donnerstagausgabe). Früher hatte Harald Schmidt beim WDR mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|