BERLINER MORGENPOST: Die Kanzlerin kann große Koalition üben / Leitartikel von Jochim Stoltenberg
Geschrieben am 07-05-2012 |
Berlin (ots) - Telefoniert haben sie schon. Und "baldmöglichst"
werden sich Angela Merkel und Frankreichs neuer Staatspräsident
François Hollande im Berliner Kanzleramt auch persönlich in die Augen
schauen. Wer glaubt, die vom französischen Wähler erzwungene
Scheidung des Paares "Merkozy" werde sich zu einer längeren schweren
Beziehungskrise zwischen beiden Ländern ausweiten, dürfte sehr
schnell eines Besseren belehrt werden. Angela Merkel allemal, aber
auch der eher kühle Hollande lassen sich weniger von Emotionen, mehr
von der Ratio leiten. Die Vernunft muss beiden sagen, dass nun sie
für die Rettung des großen europäischen Einigungswerkes
verantwortlich sind. Ein Ignorant, der meint, eine konservative
Kanzlerin und ein sozialistischer Präsident seien dazu nicht in der
Lage. Wie gut das funktionieren kann, haben François Mitterrand und
Helmut Kohl vorgeführt. Auch jetzt liegen die Politikansätze zwischen
Merkel und dem "Neuen" keineswegs so diametral auseinander, wie es im
nachbarlichen Wahlkampf geklungen hat. Und weil die "Alte" und der
"Neue" beide lernfähig sind, dürfte der Weg zum Kompromiss im
zentralen Streitpunkt gar nicht so weit sein. Hollandes Forderung
nach einer Neuverhandlung des Fiskalpaktes mit den Inhalten
Haushaltskonsolidierung und Schuldenbremse wird vergeblich bleiben.
In der anderen Forderung, diesen europäischen Pakt zur Sicherung des
Euro um einen Wachstumspakt zu ergänzen, steckt der Schlüssel zur
Verständigung und damit zum Flottmachen des rumpelnden europäischen
Motors. Mittlerweile hat sich auch bis ins Kanzleramt
herumgesprochen, dass mit Sparen allein die wirtschaftlichen und
sozialen Probleme insbesondere im südlichen Europa nicht zu
bewältigen sind. Nicht zufällig erinnerte gestern der Vertraute der
Kanzlerin und Parlamentarische Geschäftsführer der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Altmaier, an die reichlich
gefüllten europäischen Strukturfonds, aus denen unbürokratisch Gelder
zur Förderung von Wirtschaftswachstum abzurufen seien. Und wenn
solche Gelder - anders als einst in Griechenland - kontrolliert für
durchgreifende wirksame Strukturveränderungen, Arbeits- und
Bildungsprogramme, aber auch echte Investitionen eingesetzt werden,
wird ein weiteres überschaubares Milliardenprogramm schwerlich an
Berlin scheitern. Aus sozialpolitischer Einsicht, europäischer
Verantwortung und letztlich auch aus machtpolitischem Kalkül. Mit dem
doppelten Ansatz von strikter Konsolidierung einerseits, streng
geregeltem Aufbau von Wachstumspotenzialen andererseits würde die
Kanzlerin nicht nur Hollande und ihre anderen Kritiker in der EU
besänftigen. Sie schlüge der heimischen SPD auch ein weiteres
zentrales Wahlkampfargument für 2013 aus der Hand. Mehr noch. Mit der
erzwungenen neuen Beziehung zu Frankreichs Sozialisten kann Frau
Merkel schon mal die Neuauflage einer großen Koalition in Deutschland
proben. Gemäß ihrem politischen Lebensprinzip: flexibel sein und wohl
bedacht einlenken. So ist der von Sigmar Gabriel beschworene Aufwind
aus dem Westen für die SPD eher ein trügerischer. Auch mit ihm wird
Rot-Grün angesichts der Zersplitterung der Parteienlandschaft 2013
schwerlich das ersehnte Ziel Rückkehr ins Kanzleramt erreichen.
Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
393978
weitere Artikel:
- Lausitzer Rundschau: Lausitz ohne Sommermärchen
Hoyerswerdaer Fußballprofi Tony Jantschke rutscht am EM-Kader vorbei Cottbus (ots) - Der Lausitz ist am Montag ein Sommermärchen
entgangen. Denn bevor Fußball-Nationaltrainer Joachim Löw seinen
vorläufigen Kader für die Europameisterschaft bekannt gab, waberte
der Name von Tony Jantschke durch die Gerüchteküche. Von jenem
22-jährigen Mönchengladbacher Rechtsverteidiger, der einst beim
Hoyerswerdaer SV Einheit die ersten Schritte mit dem Ball machte. Ein
Lausitzer im Nationalteam? Zu schön um wahr zu sein. Stattdessen
zauberte Löw mit dem Schalker Julian Draxler einen anderen
Überraschungskandidaten mehr...
- Lausitzer Rundschau: Endlich ein Plan
BTU Cottbus legt Konzept zur Strukturreform vor Cottbus (ots) - Brandenburg leistet sich drei Universitäten, fünf
Fachhochschulen und die Filmhochschule in Potsdam. Kein Wunder, dass
Kritiker in Zeiten von Finanznot und Bevölkerungsschwund ein Umdenken
fordern. Speziell in der strukturschwachen Lausitz müsse anders,
moderner gelehrt werden. Dass Studierende im Nachbarland Sachsen die
Auswahl gleich unter drei Technischen Universitäten haben, davon wird
nur selten geredet. Zwei Expertenkommissionen sind daher in den
vergangenen Monaten ausgeschwärmt und haben Hochschulen und
Universitäten mehr...
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Griechenland-Wahl Bielefeld (ots) - Entsetzen. Kopfschütteln. Ratlosigkeit. Der
Ausgang der Wahl in Griechenland könnte die Einheit Europas ins
Wanken bringen. Die beiden großen gemäßigten Parteien Neue Demokratie
(ND) und Pasok haben zusammen mehr als die Hälfte der Wählerstimmen
verloren. Radikale Kräfte am linken und rechten Rand gehen gestärkt
aus dem Votum hervor. Es ist das Ergebnis einer Wutwahl. Jobverluste,
Steuererhöhungen, Rentenkürzungen, immer wieder neue Sparappelle und
nicht zuletzt das so manchen Griechen verletzende Diktat aus Berlin, mehr...
- "2+Leif": Grüner OB Palmer nennt Piraten-Politik "hochgefährlich" / NRW-Piraten-Chef Marsching fordert Einschränkung von "liquid democracy" Berlin (ots) - Der grüne Oberbürgermeister von Tübingen, Boris
Palmer, hat eindringlich vor der Politik der Piratenpartei gewarnt.
In der SWR-Sendung "2+Leif" sagte Palmer am Montagabend: "Einerseits
nichts zu haben, aber das, was da ist, schlecht zu reden, finde ich
hochgefährlich." Im SWR fügte er hinzu: "Gefährlich ist, dass die
Geringschätzung der parlamentarischen Demokratie auch noch verbreitet
und propagiert wird, dass das mit einem Anti-Parteien-Reflex gemixt
wird, aber keine funktionierende Alternative geboten wird. Wenn man mehr...
- Das Erste, Dienstag, 8. Mai 2012, 5.30 - 9.00 Uhr
Gäste im ARD-Morgenmagazin Köln (ots) - 7.05 Uhr, Philipp Rösler, Bundesvorsitzender der FDP,
Thema: Wahlergebnisse/Zukunft der FDP
7.35 Uhr, Volker Kauder, Vorsitzender der CDU/CSU-
Bundestagsfraktion, Thema: Wahlergebnisse
Pressekontakt:
WDR Presse und Information, Kristina Bausch, Tel. 0221-220-7121
Agentur Ulrike Boldt, Tel. 02150 - 20 65 62 mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|