Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zu Tarifverhandlungen/Metaller von Christine Hochreiter
Geschrieben am 10-05-2012 |
Regensburg (ots) - Wikipedia erklärt einen Warnstreik so: Er ist
ein "Unterfall der üblichen Arbeitsniederlegung von Arbeitnehmern in
Form eines kurzen Streiks in einem Betrieb in sachlichem und
zeitlichem Zusammenhang mit laufenden Tarifverhandlungen". Nicht
wenige Unternehmen in der deutschen Metall- und Elektroindustrie -
vor allem aus der Automobilbranche - waren in den vergangenen Tagen
von der Nadelstich-Strategie der IG Metall akut betroffen. Wie
Wikipedia weiter weiß, ist es unter anderem Ziel eines Warnstreiks,
festgefahrene Tarifverhandlungen zu beleben. Gestern war es wieder
einmal so weit: In Fürstenfeldbruck setzten sich Arbeitgeber und
Arbeitnehmer an einen Tisch. Und gingen am Nachmittag - wie erwartet
- auseinander, ohne sich auf konkrete Vereinbarungen geeinigt zu
haben. Die logische Folge: Die Gewerkschaft erhöht den Druck auf die
Unternehmen und hat für heute schon einmal Mitarbeiter von
Continental, Infineon, Siemens, Osram, Schneider Electric und Webasto
zu einer Großdemonstration bei BMW in Regensburg aufgerufen. Der
Knackpunkt im Konflikt 2012 sind weniger die üblicherweiser
prozentual weit auseinanderklaffenden Vorstellungen über das
Gehaltsplus. Dass die Metaller nach der Lohnzurückhaltung in der
Krise und angesichts guter Geschäfte diesmal wieder ein größeres
Stück vom Kuchen abbekommen sollen, ist unstrittig. Gestern hat sich
sogar die EU-Kommission eingemischt und für höhere Lohnabschlüsse als
zuletzt ausgesprochen. Uneigennützig ist das nicht. Mehr Kaufkraft
bedeutet auch mehr Import. Wenn es einen deutlichen Aufschlag gibt,
dürfte die genaue Zahl für die Beschäftigten aber nicht so wichtig
sein. Auch bei der zweiten Kernforderung der IG Metall, der
unbefristeten Übernahme der Auszubildenden, kann es mit verschiedenen
Ausnahmetatbeständen eine Lösung geben, die von beiden Seiten
getragen wird. Warum der Gewerkschaft dieser Punkt allerdings so
wichtig ist, erschließt sich in Zeiten des demografischen Wandels
kaum. Schließlich geht der Wirtschaft der Nachwuchs aus. Der Deutsche
Industrie- und Handelskammertag (DIHK) rechnet damit, dass heuer rund
80 000 Lehrstellen unbesetzt bleiben. Um sich Fachkräfte für die
Zukunft zu sichern, werden Arbeitgeber automatisch alles tun, um gut
ausgebildete junge Leute im Unternehmen zu halten. Sie dürfen aber
nicht dazu verpflichtet werden. Mit der Leiharbeit rückt die IG
Metall indes ein wichtiges Thema in den Fokus. Mit ihrer Forderung
nach einem Mitspracherecht des Betriebsrats trifft sie den Nerv der
Zeitarbeiter. Viele fühlen sich als Beschäftigte zweiter Klasse, weil
sie die gleiche Arbeit wie die Kollegen aus der Stammbelegschaft
leisten, dafür aber unter dem Strich weniger Geld bekommen - mit
ungewissen Perspektiven. Doch auch die Arbeitgeber argumentieren
zurecht, dass sie die Zeitarbeit brauchen, um Produktionsspitzen
abzufedern, und dass Zeitarbeiter die Chance haben, in ein festes
Arbeitsverhältnis übernommen zu werden. Bei weitem problematischer
gestaltet sich allerdings das Instrument der Werkverträge, das von
der Gewerkschaft - ebenso wie die Forderung nach einem Mindestlohn -
nicht thematisiert wird. Beschäftigte mit Werkverträgen verdienen in
der Regel noch viel weniger als Leiharbeiter. Aber vielleicht geht es
bei Warnstreiks auch nicht darum, alle Probleme offenkundig zu
machen, sondern um Muskelspiele der Gewerkschaften vor den
Arbeitgebern (und vor den eigenen Mitgliedern) - in einem Ritual, zu
dem es bislang keine Alternative gibt.
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