Rundfunk- und Telemedien-Prüffälle der KJM im ersten Quartal 2012
Geschrieben am 21-05-2012 |
München (ots) - Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) hat im
ersten Quartal 2012 insgesamt zehn Verstöße gegen die Bestimmungen
des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) festgestellt. Fünf
davon kommen aus dem Rundfunk-, fünf aus dem Telemedienbereich. Bei
der Aufsicht über den Rundfunk arbeitet die KJM Hand in Hand mit den
Landesmedienanstalten: Sie beobachten, prüfen und bewerten potenziell
problematische Rundfunkangebote und leiten - bei Feststellen eines
Anfangsverdachts auf einen Verstoß gegen den JMStV - der KJM die
entsprechenden Prüffälle zur Entscheidung zu. Im Internetbereich
unterstützen jugendschutz.net und die Landesmedienanstalten die KJM
bei ihren Aufgaben: So treten jugendschutz.net oder auch die
Landesmedienanstalten bei der Annahme von Verstößen vorab an die
Anbieter heran und fordern, entsprechende Inhalte freiwillig
herauszunehmen. Auf diese Weise können viele Internet-Fälle ohne
aufwändiges Verfahren geklärt werden. Erst bei Nichtabhilfe oder in
besonders schweren Fällen schreitet die KJM ein. Sowohl im Rundfunk-
als auch im Telemedienbereich kann die KJM nur gegen Anbieter mit
Sitz in Deutschland vorgehen. Indizierungen fallen in das
Aufgabengebiet der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien
(BPjM). Die KJM ist in dem Zusammenhang einerseits für die Abgabe von
Stellungnahmen zu Indizierungsanträgen im Bereich der Telemedien
zuständig und kann andererseits selbst Indizierungsanträge stellen.
Rundfunk
Eine unzulässige Ausstrahlung stellte die KJM in folgendem Fall
fest: RTL strahlte nach 23 Uhr den amerikanischen Vampirfilm "Blade"
aus - in einer Version, die ganz oder im Wesentlichen inhaltsgleich
zur indizierten Originalfassung des Films aus dem Jahr 1998 war. Der
Spielfilm, in dem der Protagonist Blade seine von Vampiren getötete
Mutter rächen will, war mehrmals von der BPjM geprüft und aufgrund
verrohender Szenen wiederholt - zuletzt im Juli 2010 - als
jugendgefährdend eingestuft worden. Indizierte Filme dürfen im
Fernsehen grundsätzlich nicht gezeigt werden.
Entwicklungsbeeinträchtigung für unter 18-Jährige (Sendezeitgrenze
23 bis 6 Uhr) stellte die KJM in folgendem Fall fest: Bei dem
Erotikthriller "Heiße Täuschung", der ab 22.15 Uhr auf Tele 5 lief.
Der Film enthält zahlreiche, lang ausgespielte Sexszenen und stellt
es als alltäglich dar, mit wechselnden flüchtigen Bekanntschaften
unvermittelt Geschlechtsverkehr zu haben. Frauen werden in dem Film
als sexuell verfügbar und als stets erotisch aufgeschlossen gezeigt.
Dadurch können Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren
problematische Werte in Bezug auf Liebe, Sexualität und Partnerschaft
vermittelt werden, da sie nicht ihrem Entwicklungsstand gemäß
dargestellt sind.
Entwicklungsbeeinträchtigung für unter 16-Jährige (Sendezeitgrenze
22 bis 6 Uhr) stellte die KJM in folgendem Fall fest: Trotz einer
FSK-Freigabe erst ab 16 Jahren platzierte ANIXE SD einen Trailer zum
dem Actionfilm "Wer ist Hanna?" dreimal vor 22 Uhr. Die einzelnen
bedrohlichen Szenen, primär Tötungs-, Kampf- und Verfolgungsszenen,
hatten durch die hohe Schnittfrequenz und die Kürze weitgehend keinen
Kontext und boten weder Entspannungsmomente noch Einordnungshilfen.
Auch ein weiterer Trailer stellte einen Verstoß dar: Der Sender
Nickelodeon zeigte zwischen 20 und 22 Uhr mehrfach einen Trailer, der
für Sendungen der Reihe "New Kids" warb, von denen die meisten aus
Jugendschutzgründen nicht vor 22 Uhr gesendet werden dürfen. Auch
wenn die inhaltliche Gestaltung des Trailers in dem Fall nicht
geeignet war, Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren zu beeinträchtigen,
stellte seine Ausstrahlung doch einen Verstoß gegen die
Jugendschutz-Bestimmungen dar: Trailer mit Bewegtbildern für
Sendungen, die aus Jugendschutzgründen erst ab 22 oder 23 Uhr
ausgestrahlt werden dürfen, unterliegen derselben
Sendezeitbeschränkung wie die angekündigte Sendung selbst.
Entwicklungsbeeinträchtigung für unter 12-Jährige (Sendezeitgrenze
20 bis 6 Uhr) stellte die KJM in folgendem Fall fest: Bei der Sendung
"X-Faktor: Das Unfassbare", die auf RTL 2 im Tagesprogramm lief. Sie
erzählte zehn Mystery-Geschichten rund um die Themen Tod, Mord und
unheimliche Erscheinungen. Dabei spielte sie bewusst mit der
Vermischung von Wahrheit und Phantasie: Einige der dargestellten
Fälle waren Fiktion, andere gab es tatsächlich - was erst am Ende
aufgelöst wurde. Auf Heranwachsende belastend wirken kann vor allem
die Auflösung vieler der Geschichten als wahr. Die Inszenierung
verstärkte durch unruhige Kameraführung und entsprechende Musik die
ängstigende Wirkung. Die Sendung war deshalb geeignet, Kinder unter
12 Jahren in ihrer Entwicklung zu beeinträchtigen.
Telemedien
Die Jugendschutzrelevanz von Internet-Inhalten ist in der Regel
ungleich höher als die von Fernseh-Sendungen. Weil Angebote im Netz
außerdem nicht nur zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern meist über
einen längeren Zeitraum online sind, berichtet die KJM über die
Verstöße in Telemedien anonymisiert: Drei Verstöße beziehen sich auf
Angebote, die einfache Pornografie beinhalten. In Telemedien darf
einfache Pornografie nur ausnahmsweise innerhalb geschlossener
Benutzergruppen zugänglich gemacht werden. Ist das nicht der Fall,
liegt ein Verstoß gegen den JMStV vor.
Zwei Angebote sind nach dem JMStV absolut unzulässig. Sie kommen
aus dem rechtsextremen Bereich und zeigen verfassungswidrige
Kennzeichen.
In neun Fällen wurde das Verfahren eingestellt, da die
jugendschutzrelevanten Inhalte nach der Anhörung des Anbieters
entfernt worden und auch die weiteren Voraussetzungen für eine
Einstellung (kein absolut unzulässiges Angebot, kein
Wiederholungstäter) gegeben waren. Die KJM beschloss - je nach Art
und Schwere der Verstöße - Beanstandungen, Untersagungen und/oder
Bußgelder. Die entsprechenden Verwaltungs- und
Ordnungswidrigkeitenverfahren führen die jeweils zuständigen
Landesmedienanstalten durch. Strafrechtlich relevante Inhalte gibt
die KJM an die zuständigen Staatsanwaltschaften ab.
In 51 Fällen beantragte die KJM im ersten Quartal 2012 die
Indizierung eines Telemedienangebots bei der BPjM. Die Anträge
bezogen sich zum Großteil auf Internetangebote mit pornografischen
Darstellungen. In weiteren 24 Fällen gab die KJM eine Stellungnahme
zu Indizierungsanträgen anderer antragsberechtigter Stellen bei der
BPjM ab, die von der BPjM bei ihrer Entscheidung maßgeblich zu
berücksichtigen sind.
Damit befasste sich die KJM seit ihrer Gründung im April 2003 mit
rund 4.670 Fällen - mit fast 900 im Rundfunk und 3770 in den
Telemedien.
Pressekontakt:
Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Leiterin der
KJM-Stabsstelle, Verena Weigand, Tel. 089/63808-262
oder E-Mail stabsstelle@kjm-online.de.
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