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Börsen-Zeitung: Hollandes neues Spiel, Kommentar zu Euroland-Bonds von Bernd Wittkowski

Geschrieben am 21-05-2012

Frankfurt (ots) - Hoppla, da scheint uns etwas durch die Lappen
gegangen zu sein. Regierungen, Parlamente und - wo Referenden
erforderlich sind - ganze Völker haben offenbar unbemerkt von der
deutschen Öffentlichkeit den EU-Vertrag und nationale Verfassungen
außer Kraft gesetzt und die Europäische Haftungs- und Transferunion,
die bisher "nur" schleichend an geltendem Recht vorbei etabliert
worden war, nun auch de jure eingeführt. Fast hätten wir es nicht
gemerkt. Aber die Nonchalance, mit der Politiker, Wissenschaftler und
nicht zuletzt Kommentatoren mancher Medien über gemeinsame
Euro-Anleihen, also eine länderübergreifende Kreditaufnahme, oder
Schuldentilgungsfonds mit gemeinschaftlicher Haftung daherplappern,
lässt kaum einen anderen Schluss zu.

Das Thema ist steinalt, aber es erhält mit der Wahl des
Sozialisten François Hollande zum französischen Staatspräsidenten
neue Dynamik. Professoren mögen sich im Elfenbeinturm ausdenken, was
sie wollen. Man kann auch niemandem verbieten, ökonomischen und/oder
politischen Unsinn zu Papier zu bringen. Die Chuzpe aber, mit der
sich demokratisch gewählte Politiker im zivilisierten Teil der Welt
über völkerrechtliche Verträge hinwegsetzen, über die wirtschaftliche
Ratio sowieso, fängt allmählich an zu nerven.

Gary Linekers Satz, "Fußball ist ein Spiel, in dem 22 Männer einem
Ball hinterherrennen, und am Ende gewinnen die Deutschen", gilt ja
nicht mehr, wie wir seit Samstag wissen. Stattdessen soll, geht es
nach Hollande & Co., nun nach neuen Spielregeln gespielt werden: 17
Länder laufen einer Einheitswährung hinterher, leben über ihre
Verhältnisse, und am Ende zahlen die Deutschen (und ein paar andere).
Wie soll das gehen: Über die Ausgaben wird weiter fröhlich in
nationaler Souveränität entschieden, man lebt, da das Sparen gerade
außer Mode kommt, dabei unverdrossen in Saus und Braus, was übrigens
auch dem vermeintlichen Musterschüler Deutschland - siehe
Betreuungsgeld - nicht fremd ist, doch die Haftung für den
Schlendrian wird vergemeinschaftet und bleibt letztlich an der
Minderheit der relativ Soliden hängen, die den Unsoliden ihre Bonität
leihen und dafür noch zahlen sollen? Haushaltskonsolidierung - von
"Sparen" kann ohnehin keine Rede sein - und Strukturreformen sind
nach dieser kruden Logik obsolet, der Zins spielt ja als
marktwirtschaftliches Anreiz- respektive Sanktionsinstrument keine
Rolle mehr.

Diese Währungsunion wollen wir nicht, diese Währungsunion wurde
auch nicht vereinbart, weder in Maastricht noch danach.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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