(Registrieren)

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema EU-Rettungsschirm

Geschrieben am 08-06-2012

Bielefeld (ots) - Aussagen von Politikern in der Euro-Zone haben
eine immer kürzere Halbwertszeit. Eben noch wollte die Regierung in
Madrid die Neuverschuldung bis 2013 auf unter drei Prozent des
Bruttoinlandsprodukts drücken. Nun aber braucht Spanien dringend
Geld, um seine in der Krise steckenden Banken zu retten. Dass die
Inanspruchnahme des EU-Rettungsschirms sich möglicherweise weiter
verzögert, hilft weder dem Land noch dem Euro. Dabei ist es erst fünf
Jahre her, dass Unternehmer leuchtende Augen bekamen, wenn sie nach
Spanien blickten. Überall wurde gebaut. In den Küstenregionen
entstand eine neue Feriensiedlung neben der anderen. Der Staat
unterstützte den Boom durch Straßenbau und Solarkraftwerke. Die
viertgrößte Volkswirtschaft der Euro-Region marschierte scheinbar
unaufhaltsam nach vorne. Aber der Boom endete abrupt. Die Politiker
in Madrid begründeten das gern mit der weltweiten Finanzkrise. In
Wirklichkeit war der eigene Aufschwung 2008 nur noch auf Sand gebaut.
Spaniens Banken zogen ihn künstlich in die Länge, indem sie vielfach
ganz auf das Controlling verzichteten. Das konnte nicht gutgehen. Mit
steigender Arbeitslosigkeit wurden immer mehr Kredite faul. Und schon
steckte das Land mitten im Círculo vicioso - im spanischen
Teufelskreis. Im allgemeinen Abschwung fehlte nun auch der
Finanzbranche das Geld, um Investitionen zu unterstützen. Der Staat
konnte nicht einmal bei der Jugendarbeitslosigkeit - der größten in
Europa - gegensteuern. Schließlich nimmt er doch selbst weniger
Steuern ein. Die schwindende Bonität tut ein Übriges, um die
Refinanzierung des Staates zu erschweren - auch wenn Spanien in
dieser Hinsicht gerade erst noch einmal mit einem blauen Auge davon
gekommen ist. Wer sich in einem Teufelskreis befindet, darf nicht nur
auf der Bremse stehen. Auf diese Weise zögert er das Ende vielleicht
hinaus, aber er kann es nicht verhindern. Das gelingt nur dem, der
aus dem Teufelskreis heraustritt und handelt. Darum geht es, wenn
auswärtige Politiker Spanien die Inanspruchnahme des Rettungsschirms
empfehlen. Dass er mit Bedingungen verknüpft ist, die nicht nur
Machos, sondern jedem Demokraten unter die Haut gehen, ist klar. Doch
in diesem Fall sollte die Regierung in Madrid über solchen Gefühlen
stehen: Besser jetzt als nie. Spanien ist nicht Griechenland. Die
Wirtschaft fußt auf einer Industrie, die stark genug ist, den
Neuanfang zu stemmen. In jedem Fall wären EU-Gelder zur Rettung der
spanischen Banken das kleinere Übel im Vergleich zu einer schweren
Wirtschaftskrise. Allerdings häufen sich die »kleineren Übel« in
einer Weise, dass das System immer schwerer zu stabilisieren ist. Das
von Athen angestoßene Dominospiel droht nicht - es ist schon im Gang.
Es wird durch die Fußball-EM möglicherweise für drei Wochen aus den
Schlagzeilen verdrängt, bleibt aber auf dem Tisch.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

400278

weitere Artikel:
  • Schlecker: Keine Einigung bei Verhandlung zu IhrPlatz Hamburg (ots) - Der Münchener Investor DUBAG und der Kreditversicherer EulerHermes konnten sich in den Verhandlungen vom Freitag nicht auf eine Lösung zur Fortführung der Drogeriemarktkette IhrPlatz verständigen. Die Eckpunkte des Fortführungskonzepts waren nicht einigungsfähig. Es konnte daher schlussendlich der notwendige Konsens für eine Vertragsunterzeichnung nicht erzielt werden. DUBAG hatte bereits vor dem Gespräch am Freitag sein Angebot für die Übernahme der XL Märkte zurückgezogen. Ausschlaggebend hierfür waren arbeits- mehr...

  • WAZ: Schlecker-Frauen zu Erzieherinnen umschulen? Contra-Kommentar von Stefan Schulte Essen (ots) - Was für eine schöne, einfache Welt muss das sein, im Berliner Parallel-Universum? 25 000 arbeitslose Schlecker-Frauen hier, zu wenige Erzieherinnen dort - packen wir sie in die Kitas und lösen zwei Probleme in einem Abwasch. Funktionierte das auch im Diesseits, hätten wir längst Vollbeschäftigung und bräuchten keine Arbeitsminister mehr. Ja, es gibt sicher Arbeitslose, die perfekte Erzieher abgäben. Darunter wird auch die ein oder andere Schlecker-Frau sein. Aber was soll sie im Kollektiv dazu befähigen, unsere mehr...

  • WAZ: Schlecker-Frauen zu Erzieherinnen umschulen? Pro-Kommentar von Birgitta Stauber-Klein Essen (ots) - Allein im Laden, Tag für Tag. Zuständig für aufgefüllte Regale, freundliche Bedienung und eine Kasse, die stimmt. Ohne Telefon, ohne Toilette, aber vergleichsweise gut bezahlt haben die Schlecker-Frauen viele Jahre lang bewiesen, dass sie etwas drauf haben. Dass sie nun die Möglichkeit bekommen sollen, zu einer begehrten Fachkraft zu werden, ist zunächst einmal eine pragmatische Idee, um zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Hier eine Lösung für die arbeitslosen Frauen, dort eine Möglichkeit, den rasant steigenden mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Konjunktur Osnabrück (ots) - Übertriebene Ängste Dass die Euro-Krise dauerhaft an der deutschen Konjunktur vorbeigehen würde, konnten nur unerschütterliche Optimisten glauben. Die ersten Ausläufer erreichen jetzt das Land. Die Exporte schwächeln, die Industrie meldet sinkende Umsätze. Ist dies der Anfang einer Rezession? Nein, sagt die Bundesbank, und erhöht ihre Wachstumsprognose sogar. 2012 soll die deutsche Wirtschaft nun um ein Prozent zulegen. Ein Boom ist das zwar nicht. Der Höhepunkt des Aufschwungs ist überschritten. Die Angst mehr...

  • Rheinische Post: Kommentar: Spaniens Getänzel Düsseldorf (ots) - Spanien will Hilfe beim Euro-Rettungsschirm beantragen - das ist die gute Nachricht aus Madrid. Endlich hat die Regierung eingesehen, dass sie anders eine Staatspleite nicht abwenden kann, die wegen der teuren Banken-Rettung immer näher rückt. Entsprechend erleichtert reagierten gestern die Börsen. Doch die Ernüchterung dürfte rasch folgen. Denn die Spanier sind weiter nicht bereit, sich wie Griechen, Iren und Portugiesen unter die strenge Aufsicht der Troika von Währungsfonds, Europäischer Zentralbank und EU zu mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht