Studie "Ausbildung als Zukunft der Bauwirtschaft" / Zwei Drittel der jungen Bauprofis wollen Meister werden / Abbrecher kritisieren Ausbildungsbetriebe
Geschrieben am 19-06-2012 |
Wiesbaden (ots) - Das F.A.Z.-Institut für Management-, Markt- und
Medieninformationen und SOKA-BAU stellen die Ergebnisse einer Studie
zu Wünschen, Erfahrungen und Zielen von Berufseinsteigern in der
Bauwirtschaft vor. Die Erkenntnisse der Studie leisten einen
Mehrwert, um Strategien weiterzuentwickeln, durch die sich Fachkräfte
am Bau gewinnen und binden lassen.
Und das ist in den kommenden Jahren eines der drängendsten
Probleme, vor dem die Bauwirtschaft steht. Denn der Baubranche fehlt
schon heute der Nachwuchs. Eine Auswertung der Arbeitnehmerzahlen von
SOKA-BAU ergibt: Die Altersdekaden von 45 bis 54 Jahren (rund 136.000
gewerbliche Arbeitnehmer) und von 35 bis 44 Jahren (rund 119.000)
sind personell am stärksten. Die Dekade der Auszubildenden und
Gesellen im Alter von 15 bis 24 Jahren ist dagegen deutlich kleiner
(rund 52.000). Das bedeutet: Wenn die heute 45- bis 54-Jährigen in
Rente gehen, wächst - sofern die Ausbildungszahlen künftig nicht
drastisch steigen werden - keine ausreichende Zahl junger Fachkräfte
nach.
Deutlich mehr Rentner als Azubis
Bereits eine grobe Perspektivrechnung zeigt, dass die beschriebene
Altersstruktur schon in den nächsten acht Jahren ganz wesentliche
Herausforderungen für die Sicherung des Fachkräftebedarfs aufwirft.
Die heutige Altersdekade von 55 bis 64 Jahren umfasst insgesamt rund
83.000 Beschäftige, die - unter Berücksichtigung eines
durchschnittlichen Renteneintrittsalters von 62 Jahren - in den
kommenden acht Jahren altersbedingt ausscheiden werden. Allein als
Ersatz für diese Altersgruppe werden jährlich über 10.000
Berufsanfänger benötigt, die langfristig in der Branche verbleiben
müssten. Bei gleichbleibenden Ausbildungszahlen und
Abwanderungsquoten wird sich nur etwa die Hälfte der altersbedingten
Austritte in der Bauwirtschaft ersetzen lassen.
Spaß am Job steht bei der Berufswahl im Vordergrund
Der Studie zufolge wählen junge Baueinsteiger ihren
Ausbildungsberuf nach Interessen und Jobperspektiven: Vor allem die
Kriterien Spaß an der Arbeit und im Betrieb, gute Berufsperspektiven
und die private Anwendbarkeit der während der Ausbildung gelernten
Fertigkeiten geben bei der Berufswahl den Ausschlag. Das bedeutet
auch: Eine Ausbildung am Bau ist kein Notnagel, weil andere
Ausbildungsplätze nicht zu bekommen sind.
Internet als Informationsmedium weit vorne
Unter den Informationsmedien ist das Internet mit großem Abstand
die wichtigste Quelle. 91,3 Prozent der Azubis nutzten dieses Medium,
um einen Ausbildungsplatz zu finden. Dahinter folgt mit großem
Abstand die Schule, die Informationsmaterial für den Einstieg in das
Berufsleben bereitstellt (28,8 Prozent). Weniger wichtig waren den
Azubis Broschüren und Flyer (19,6 Prozent), Messeveranstaltungen zur
Berufswelt (17 Prozent), Zeitungen (11,2 Prozent) sowie
Öffentlichkeitsveranstaltungen von überbetrieblichen
Ausbildungszentren (9,9 Prozent).
Frühe Kontakte zum Betrieb sind wichtig
Die meisten Azubis haben sich mit klassischen Bewerbungen bei
ihren Ausbildungsbetrieben vorgestellt, doch fast jeder zweite von
ihnen stand bereits länger mit seinem Ausbildungsbetrieb in
persönlichem Kontakt. Für die Bauprofis, von denen die meisten noch
heute in ihren Ausbildungsbetrieben arbeiten, spielten frühzeitige
Kontakte eine noch größere Rolle. Umgekehrt fand bei denjenigen, die
ihre Berufsausbildung abgebrochen haben, das Kennenlernen häufig erst
mit dem Beginn der Ausbildung statt. Vielen Abbrechern fehlte eine
professionelle Beratung vorab. Der frühzeitige Kontakt und der
intensive Abgleich der Erwartungen der Bewerber mit der Realität
scheinen somit wesentliche Faktoren für den Ausbildungserfolg und den
Branchenverbleib zu sein.
Mit der Ausbildung und dem Betrieb zufrieden
Fast alle befragten Azubis sind mit ihrer aktuellen
Berufsausbildung am Bau zufrieden (93,5 Prozent). Ein Viertel von
ihnen ist sogar sehr zufrieden (24,8 Prozent). Am meisten zeigen sie
sich vom eigenen Ausbildungsbetrieb angetan. So äußern sich fast neun
von zehn Azubis positiv über das eigene Unternehmen (89,6 Prozent),
gut jeder zweite sehr positiv. Auch die Bauprofis, die ihre
Ausbildung bereits vor längerer Zeit abgeschlossen haben, geben im
Rückblick ebenfalls positive Bewertungen für die eigene Lehre ab. Die
Ausbildung am Bau gelingt vor allem dann, wenn sie umfassend und
gründlich ist. Zudem muss die Arbeit auf der Baustelle und mit den
Kollegen Spaß bereiten. Die Azubis wollen Kompetenzen und
Fertigkeiten erlernen und praktisch anwenden. Die Höhe der
Ausbildungsvergütung spielt nicht die primäre Rolle bei der
Berufswahl.
Jeder zweite Abbrecher kritisiert seinen Ausbildungsbetrieb
Es wurden aber auch ehemalige Auszubildende befragt, die ihre
Bauausbildung abgebrochen haben. Hier zeigt sich: Fast jeder zweite
Abbrecher war mit seinem Ausbildungsbetrieb unzufrieden. Die meisten
Abbrecher von Ausbildungen kritisieren das Arbeitsklima, die hohe
Arbeitsbelastung und ihre Behandlung durch Vorgesetzte und Kollegen.
Zugleich bemängeln manche von ihnen ein nicht zufriedenstellendes
Ausbildungsniveau in ihren Unternehmen.
Ein Drittel der Aussteiger würde wieder am Bau arbeiten
Die meisten Aussteiger aus der Baubranche qualifizieren sich
weiter oder gehen in andere Berufe. Nach persönlichen Gründen für den
Ausstieg aus der Baubranche befragt, nennen diese neben
Weiterqualifizierung (41,3 Prozent) und Arbeitslosigkeit (30,2
Prozent) Unzufriedenheit mit der Arbeit am Bau (22,2 Prozent) und
gesundheitliche Gründe (22,2 Prozent). Aber der Ausstieg aus der
Baubranche muss nicht für immer sein: Fast jeder dritte Exbauprofi
(31,8 Prozent) mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung äußert
Interesse an einer Rückkehr in die Baubranche. Generell verneinen nur
4,5 Prozent der ausgebildeten Exbauprofis eine erneute
Berufstätigkeit am Bau.
Strukturen für eine Karriere am Bau
Erst durch die langfristige Bindung ausgelernter Fachkräfte an den
Betrieb macht sich die Investition in die Ausbildung bezahlt. Deshalb
muss sich die Branche an den Bedürfnissen der Azubis und jungen
Facharbeiter orientieren: Neben Jobsicherheit und einem guten Gehalt
stehen auch eine zusätzliche Rente sowie Arbeitszeitmodell im Fokus
der jungen Menschen.
Zudem setzt der Berufsnachwuchs auf Karriere durch Weiterbildung.
Sowohl die meisten Azubis (60 Prozent) als auch die meisten Bauprofis
(67,5 Prozent) streben in Zukunft die Meisterprüfung an. 39,5 Prozent
der Azubis und 34,7 Prozent der Bauprofis wollen Polier werden.
Immerhin 29,8 Prozent der Azubis und 22,9 Prozent der Bauprofis
planen, ein Studium aufzunehmen. Und rund ein Viertel plant, sich
selbständig zu machen: Während 27,6 Prozent der Azubis für die
kommenden zehn Jahre eine Tätigkeit als freier Unternehmer ins Auge
fassen, fällt der Vergleichswert der ambitionierten Bauprofis mit 22
Prozent etwas geringer aus.
Informationen zur Studie:
Im Januar und Februar 2012 haben SOKA-BAU und das F.A.Z.-Institut
5.800 Berufseinsteiger aus der Bauwirtschaft zu ihrer
Berufsausbildung und ihren Karriereplänen befragt: 900 aktuelle
Azubis, 1.900 Junggesellen (Bauprofis) sowie 3.000 ehemalige
Bauprofis (Exbauprofis). Die Gruppe der Exbauprofis unterteilt sich
in diejenigen, die eine Berufsausbildung am Bau abgeschlossen haben
und diejenigen, die eine Ausbildung vorzeitig abgebrochen haben. Die
Ermittlung der angefragten Personen erfolgte nach dem Zufallsprinzip
aus der Azubi-Datenbank von SOKA-BAU. Mit der Zahl der
zurückgesandten Fragebogen, die für alle angefragten Personengruppen
jeweils im dreistelligen Bereich lag, ist es gelungen, ein
aussagekräftiges und verlässliches Meinungsbild zu erstellen (32
Seiten, 75 EUR, ISBN: 978-3-89981-637-2).
Infografiken zur Studie:
BU1: Zwei Drittel der jungen Bauprofis wollen Meister werden
http://ots.de/zSC0H
BU2: Internet als Informationsmedium weit vorne
http://ots.de/krxG3
BU3: Spaß am Job steht bei der Berufswahl im Vordergrund
http://ots.de/hNd7V
BU4: Studie "Ausbildung als Zukunft der Bauwirtschaft"
http://ots.de/6k89y
Pressekontakt:
Michael Delmhorst
Telefon: 0611 707-2100
E-Mail: MDelmhorst@soka-bau.de
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