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Westfalen-Blatt: Sechs Missbrauchsopfer der Kirche im Hungerstreik - Betroffene aus Deutschland und Österreich fordern Abschaffung der Verjährung

Geschrieben am 29-06-2012

Bielefeld (ots) - In Deutschland und Österreich sind drei Frauen
und drei Männer, die in ihrer Kindheit von Geistlichen missbraucht
wurden, im Hungerstreik. Das berichtet das in Bielefeld erscheinende
WESTFALEN-BLATT (Donnerstags-Ausgabe).

Den Anfang machte vor drei Wochen Norbert Denef, der Vorsitzende
des »Netzwerks Betroffener von sexualisierter Gewalt e.V« aus
Scharbeutz. »Ich nehme seit dem 8. Juni nur noch Wasser und
Kräutertee zu mir«, sagte der 63-Jährige am Donnerstag der Zeitung.
Er hungere »ohne Hass und Wut« und wolle auch niemanden erpressen.
»Aber ich will mahnen und darauf aufmerksam machen, dass es uns noch
gibt.«

Zehn Kilogramm habe er bereits verloren, sagte Norbert Denef.
Seine Aktion richte sich gegen die Politik und in erster Linie gegen
die SPD. Denef hatte im Dezember als Gastredner auf dem
Bundesparteitag der SPD die Abschaffung der Verjährung bei sexuellem
Missbrauch gefordert. »Viele Opfer brauchen Jahrzehnte, um über das
Erlebte sprechen zu können. Deshalb muss die Verjährung gestrichen
werden.« Er habe den Parteitag hinter sich gehabt, sagte Denef.
»Hannelore Kraft ist mir mit Tränen in den Augen um den Hals
gefallen!« Aber nun wolle niemand mehr etwas von der Abschaffung der
Verjährung wissen.

Denef ist das erste Missbrauchsopfer in Deutschland, von dem
bekannt ist, dass es von der Kirche entschädigt wurde. 2005 zahlte
ihm das Bistum Magdeburg 25 000 Euro. Norbert Denef war in seiner
Heimatstadt Delitzsch als Messdiener vom zehnten Lebensjahr an von
einem Priester und später von einem Organisten missbraucht worden.
Beide Männer haben die Taten gestanden.

Nachdem Norbert Denef seinen Hungerstreik öffentlich gemacht hat,
folgen weitere Opfer seinem Beispiel. »Das war nicht abgesprochen.
Diese Menschen machen das aus Solidarität«, sagte der 63-Jährige, der
von seinem Hausarzt überwacht wird. Auf Denefs Internetseite
www.netzwergb.org geben drei Frauen und zwei Männer an, nun ebenfalls
zu hungern. Eine weitere Frau hat ihren Hungerstreik abggebrochen.
Zuletzt hat sich am 15. Juni ein Mann aus Gelsenkirchen der Aktion
angeschlossen, der als Elfjähriger in Essen von einem Kaplan
missbraucht worden war.

Ob und wie die Verjährung in Deutschland verändert wird, berät die
Bundesregierung derzeit noch.



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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