Lausitzer Rundschau: Vorbild BND
Zur Reform des Verfassungsschutzes
Geschrieben am 18-07-2012 |
Cottbus (ots) - Ein ehemaliger Innen-Staatssekretär erinnert sich
noch: Einmal pro Woche wurde ihm eine streng geheime Mappe mit
Neuigkeiten aus seinem Landesamt für Verfassungsschutz gebracht und
nach zwei Stunden persönlich von einem Beamten wieder abgeholt. Der
Staatssekretär war immer schnell mit der Lektüre fertig. Das meiste
kannte er schon. Es war die Auswertung von Zeitungsartikeln. Wer sich
umhört, gewinnt ganz ohne konspiratives Vorgehen ein irritierendes
Bild vom Verfassungsschutz: Schlecht kontrolliert von Öffentlichkeit
und Parlamenten wursteln 6500 mehr oder weniger qualifizierte Leute
in 16 mehr oder weniger leistungsfähigen Landesämtern sowie einem
Bundesamt vor sich hin. Der Grad an Professionalität ist nicht
überall gleich hoch, wohl aber der Anteil der Bürokratie. Es gibt
keine gemeinsame Analyse oder Strategie und nur lückenhaften
Datenaustausch. Vieles ist zufällig oder unüberlegte Routine, zum
Beispiel die Beobachtung der Linkspartei. Neue Entwicklungen werden
oft erst registriert, wenn etwas passiert ist. Wie bei den
Neonazi-Morden. Manche meinen, Abschaffung sei die beste Lösung. Denn
ein schlechter Verfassungsschutz schadet mehr als er nutzt, weil er
auch noch den Ruf des Staates beschädigt. Doch die wehrhafte
Demokratie will und muss aktionsfähig bleiben. Die Abschaffung des
Verfassungsschutzes würde nur dazu führen, dass in den Polizeien
Einheiten aufgebaut werden, die in Grauzonen operieren. Der
Auslandsgeheimdienst BND ist ein Gegenbeispiel. Er hat sich nach
seinem Versagen beim Zusammenbruch des Ostblocks und nach etlichen
Skandalen inzwischen zu einer Politikberatungsinstitution entwickelt,
deren Analysen zum Beispiel im Irak-Krieg nützlich waren. Die Behörde
wurde stetig weiter professionalisiert und ihr Verhältnis zur
Öffentlichkeit entkrampft. Die Reform des BND ist auf den
Verfassungsschutz nicht eins zu eins übertragbar, wohl aber in der
Tendenz. Mehr Konzentration auf Analyse und Strategie gehört ebenso
dazu wie die Trennung von halbseidenen Mitarbeitern und V-Leuten. Das
Personalmanagement muss professionalisiert, das Niveau gehoben
werden. Kleine Landesämter müssen zu größeren Einheiten
zusammengefügt werden, damit effektiver und mit modernerer Technik
gearbeitet werden kann. Parallel ist es notwendig, die
parlamentarische Kontrolle zu verstärken, damit der Druck auf das
Leistungsniveau des Dienstes steigt. Hans-Peter Friedrich weiß um all
diese Reformnotwendigkeiten und führt Gespräche mit den Ländern. Doch
ohne dass er eigene Vorstellungen auf den Tisch legt, ohne dass er
die Länder-Egoismen überwindet, wird er kaum vorankommen. Nur Mut,
Herr Minister.
Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau
Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
407419
weitere Artikel:
- BERLINER MORGENPOST: Jochim Stoltenberg über
die angeblich schlechte Verwaltung in Berlin Berlin (ots) - Geht es nun wieder los - das Berlin-Bashing wie
schon einmal zu Beginn dieses Jahrtausends? Bundesweit wird über die
Blamage mit dem Willy-Brandt- Flughafen gespottet, die Kulturszene
des Landes empört sich über die Verbannung der alten Meister aus der
Gemäldegalerie - und nicht allein die Bayern klagen über ihre
Transferzahlungen mittels Länderfinanzausgleich an die wie die
Griechen über ihre Verhältnisse lebenden Berliner. Da ist der neu
belebten Anti-Berlin-Stimmung eine Umfrage in dieser Woche gerade
recht gekommen, mehr...
- Rheinische Post: Schuldhaft gezögert Düsseldorf (ots) - Ein Kommentar von Reinhold Michels:
Vor Gericht und auf hoher See sind wir in Gottes Hand. Generell
stimmt die Weisheit. Man kann bei Justitia scheitern, obwohl man mit
Prozessgewinn rechnen durfte. Aber man kann auch sehenden Auges in
die Niederlage rennen. Das ist dem fahrlässig, noch dazu
verfassungswidrig untätig gebliebenen Gesetzgeber beim höchsten
Gericht in Karlsruhe mit dem Asylbewerberleistungsgesetz passiert.
Allerdings sind die Besserwisser aus dem rot-grünen Lager, die mit
dem Finger auf die aktuelle mehr...
- Rheinische Post: Der Countdown für Assad läuft Düsseldorf (ots) - Ein Kommentar von Matthias Beermann:
Seit Tagen toben schwere Kämpfe zwischen Rebellen und syrischen
Regierungstruppen in der Hauptstadt Damaskus; nun trifft ein
Bombenanschlag sogar den innersten Machtzirkel um Syriens Diktator
Baschar al Assad. Wenn nicht alles täuscht, steht der Konflikt damit
vor einer entscheidenden Wende. Obwohl Assads Armee den
Rebellen-Kämpfern militärisch weiter haushoch überlegen ist, verliert
sie allmählich die Kontrolle. Zudem dürfte sich nach dem
spektakulärem Attentat auf Assads mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Extremismus / Kriminalität / Verfassungsschutz Osnabrück (ots) - Schwur zur Aufklärung
Die Alarmglocken der inneren Sicherheit schrillen: Der jüngste
Verfassungsschutzbericht listet Zuwächse bei gewaltbereiten
Rechtsextremisten, rechtsextremistischen Demos und Straftaten aus dem
Neonazi-Spektrum auf. Auf dieser Basis erscheint die Warnung von
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich richtig: Die Morde des
Nationalsozialistischen Untergrunds könnten Nachahmer finden. Bei der
Feststellung allein darf es nicht bleiben. Daraus müssen Konsequenzen
folgen.
Gewaltige Herausforderungen mehr...
- Neue OZ: Kommentar zu Urteile / Asylbewerber / Leistungsgesetz Osnabrück (ots) - Überfälliges Urteil
Welch schallende Ohrfeige für die verantwortlichen Politiker in
Bund und Ländern. Das Bundesverfassungsgericht beließ es nicht dabei,
die Sozialleistungen für Asylbewerber und Flüchtlinge als Verstoß
gegen das Grundgesetz zu brandmarken. Nein, es verfügte auch gleich
noch eine Übergangsregelung. Deutlicher konnte das Gericht das
Versagen der Politik nicht offenlegen.
Es ist ein Skandal. Über viele Jahre hinweg gab es Menschen
zweiter Klasse in Deutschland, wurde das Asylbewerberleistungsgesetz mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|