DER STANDARD-Kommentar: "Krisenländern fehlen Perspektiven" von
Bettina Pfluger
Geschrieben am 23-07-2012 |
Sparwut mit Folgen - Europa sollte eine soziale Explosion nicht
riskieren // Ausgabe vom 24.07.2012
Wien (ots) - Und wieder einmal ist es so weit. Die Finanzprobleme
spanischer und italienischer Provinzen sowie neue Haushaltslöcher in
Griechenland rücken die Euro-Schuldenstaaten einmal mehr in den Fokus
der Märkte. Die Anleihezinsen für Spanien (auch jene mit kurzer
Laufzeit) liegen bei mehr als sieben Prozent auf Rekordhoch und haben
damit einen Wert erreicht, mit dem sich das Land auf Dauer am
Kapitalmarkt nicht mehr refinanzieren kann. Im Fahrwasser Spaniens
trübt sich auch die Lage an Italiens Rentenmarkt ein. Der Druck auf
diese Länder steigt.
Salopp ausgedrückt könnte man auch sagen, dass nun wieder einmal
erkannt wurde, dass Europa ein massives Schuldenproblem hat, das
nicht über Nacht gelöst werden kann. Kein Beschluss eines EU-Gipfels
wird daran etwas ändern, auch wenn die Märkte sich zwischenzeitlich
davon beruhigen lassen. Erneut wird nun auch darüber spekuliert, ob
die Hilfen für Griechenland noch gerechtfertigt sind oder es besser
wäre (für wen?), das Land sich selbst zu überlassen.
Die europäischen Politiker sind bisher angetreten, um den klammen
Ländern aus der Patsche zu helfen. Das Finanzsystem wurde mit
billigem Geld der Europäischen Zentralbank stabilisiert, ebenso
fließt Geld aus den Rettungsschirmen in die leeren Staatskassen. Die
Gegenleistung: harte Sparpakete und straffe Reformen. Was dabei
bisher außer Acht gelassen wurde, ist die soziale Komponente.
Streiks und Proteste gehören in Griechenland und Spanien bereits zur
Tagesordnung. Das ist auch verständlich. Denn die harten Einschnitte
- Reduzierung der Sozialleistungen, Steuererhöhungen oder
Personalabbau im öffentlichen Dienst - haben der Bevölkerung bisher
kaum etwas gebracht. Im Gegenteil: Die Arbeitslosenrate ist in
Griechenland auf 22,5 Prozent explodiert - 2007 lag sie noch bei 8,29
Prozent. Das Arbeitslosengeld wird wegen der Sparbemühungen aber nur
noch ein Jahr lang ausbezahlt. Danach gibt es keine Unterstützung
mehr. Wer seine Miete nicht mehr bezahlen kann, fliegt eben aus
seiner Wohnung. Den Krankenhäusern in Hellas gehen die Medikamente
aus, Ärzte behandeln oft nur gegen Barzahlung. Tausende Geschäfte
sperren zu, die Zahl der Obdachlosen steigt, ebenso wie die
Selbstmordrate.
Besonders betroffen ist die Jugend: In Italien suchen bereits 36
Prozent der unter 25-Jährigen vergeblich einen Job. In Spanien hat
die Jugendarbeitslosigkeit die Grenze von 50 Prozent überschritten.
Die Proteste der wütenden Bürger hinterlassen oftmals Bilder der
Verwüstung und erinnern an Straßenschlachten. All das passiert in
einer Europäischen Union, die einst als Friedensprojekt gegründet
wurde.
Die Perspektive für die arbeitslose Jugend: derzeit aussichtslos. Die
politschen Schritte gegen das soziale Dilemma: mehr als überschaubar.
So notwendig die Reformen auch sein mögen, irgendwann muss
ersichtlich sein, dass die Entbehrung auch etwas bringt. Das ist
derzeit nicht der Fall.
Kein Wunder also, dass Experten immer lauter vor einer "sozialen
Explosion" warnen. Das sollte von der Politik ernst genommen werden.
Die Frage, die sich die Politik stellen sollte, ist, ob sich die EU
eine verlorene Generation tatsächlich leisten will. Denn letztlich
bildet die "lost generation" auch eine große Wählerschaft. Und es
sind jene Menschen, die heute protestieren, die den europäischen
Gedanken weitertragen sollen. Dafür brauchen sie aber eine
Perspektive.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
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