Börsen-Zeitung: Selbstzufrieden bis zum Fall, Kommentar zu den Geldwäschevorwürfen gegen die britische Standard Chartered Bank, von Sebastian Schmid.
Geschrieben am 07-08-2012 |
Frankfurt (ots) - Es fällt zunehmend schwer, den Überblick zu
behalten bei all den Bankenskandalen. So sieht sich aktuell eine
ganze Reihe von Großbanken mit dem Vorwurf langjähriger Manipulation
der Libor-Zinssätze konfrontiert. Zahlreiche Institute müssen sich
zudem wegen unrechtmäßiger Zwangsvollstreckungen in den USA
verantworten. J.P. Morgan sieht sich derweil dem Vorwurf ausgesetzt,
der US-Wertpapieraufsicht SEC eine Änderung ihres Risikomodells
verschwiegen zu haben, die einen Milliardenschweren Handelsverlust
zur Folge hatte. HSBC wird angekreidet, jahrelang Geldwäsche für
mexikanische und iranische Kunden angeboten zu haben.
Als letztes aufrechtes Institut hat sich da jüngst noch die
britische Standard Chartered Bank feiern lassen. Anders als die
meisten Wettbewerber habe man sich bei der Libor-Manipulation nicht
beteiligt. Ihm seien keine aufsichtlichen Ermittlungen bewusst, die
sich gegen Standard Chartered richteten, hatte Star-CEO Peter Sands
noch am 1. August erklärt und kundgetan, von der Schwäche der
skandalgeschüttelten Konkurrenz profitieren zu wollen. Knapp eine
Woche später sieht er sich ähnlichen Vorwürfen wie Rivalin HSBC
ausgesetzt. Auch "StanChart" soll Kunden aus dem Iran über Jahre bei
der Geldwäsche und illegalen Transaktionen unterstützt haben.
Entweder hatte Sands davon vor einer Woche noch keine Ahnung, wäre
damit allerdings eine Fehlbesetzung, da er offenbar nicht wusste, was
im eigenen Haus vorgeht. Oder aber er fühlte sich so sicher, dass er
meinte, sich diese Selbstzufriedenheit leisten zu können. Das wäre
sowohl kriminell als auch naiv. Schließlich sind die
Geldwäschevorwürfe gegen den in weitgehend gleichen Märkten aktiven
Rivalen HSBC erst gut drei Wochen alt. Dass Standard Chartered auch
im Ermittlerfokus stehen dürfte, war also anzunehmen.
Nach Jamie Dimon, dem CEO von J.P. Morgan, ist Sands der nächste
Starbanker, der vom Olymp geholt wird. Zuletzt war er mit
Spitzenpositionen in der Bank of England in Verbindung gebracht
worden. Nun steht er plötzlich im Zentrum eines Skandals, der die
Bank teuer zu stehen kommen könnte. Sands war 2002 bis 2006
Finanzchef von Standard Chartered. In dieser Zeit soll die Bank
illegale Transaktionen für iranische Kunden über die US-Tochter
abgewickelt haben. Für die Briten könnte das sogar den GAU zur Folge
haben - den Entzug der Banklizenz in den USA. Doch auch wenn der
größte anzunehmende Unfall ausbleibt, sollte es ohne weiße Weste
schwerer werden, die ambitionierten Wachstumsziele zu erreichen.
(Börsen-Zeitung, 8.8.2012)
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