Börsen-Zeitung: Übertriebene China-Ängste, Marktkommentar von Georg Blaha
Geschrieben am 10-08-2012 |
Frankfurt (ots) - Es scheint die große Stunde der
China-Pessimisten gekommen zu sein. Wer der Auffassung ist, dass das
rasante Wachstum im Reich der Mitte nur auf einer gigantischen, von
unverantwortlichen Polit-Funktionären gesteuerten Blase beruht, die
schon bald mit großem Knall platzen wird, dürfte sich von den
jüngsten chinesischen Wirtschaftsdaten bestätigt sehen. Zum
Wochenschluss deuteten diese in jeder Hinsicht auf eine spürbare
Verlangsamung des Wachstums hin. Die Aktienmärkte reagierten am
Freitag weltweit mit deutlichen Verlusten, auch dem Dax wurde der
Sprung über die Marke von 7000 Punkten verbaut. Während am Donnerstag
einige Märkte noch zulegten - getrieben von der Hoffnung, dass Chinas
Zentralbank nun entschiedener mit geldpolitischen Stimuli aufwartet
-, überwog zuletzt eindeutig der China-Pessimismus. Doch auch wenn
die kurzfristige Marktreaktion nachvollziehbar sein mag, so ist sie
für das große Bild der Volkswirtschaft überzogen. Chinas Ökonomie
steht immer noch äußerst robust da. Zudem hat der chinesische Staat
die Ressourcen, im zweiten Halbjahr eine Wende herbeizuführen, lange
nicht ausgeschöpft.
Zugegeben: Die Datenlage sieht aktuell trüb aus. Im Juli wuchsen
die Exporte aus China nur noch um 1%, erwartet worden war dagegen ein
Zuwachs von 5 bis 8%. Die Industrieproduktion legte im gleichen Monat
9,2% zu, so wenig wie seit drei Jahren nicht mehr. Bei den
Anlageinvestitionen verharrte das Wachstum bei 20,4%, und auch die
Einzelhandelsumsätze kletterten nicht mehr so stark wie in den
Vormonaten. Zudem blieb das Wachstum der Kreditvergabe bei 16%.
Politische Kreditvergabe
Aus dem Verein der China-Schwarzseher gab es schon zuvor
Mahnungen, dass auch weniger beachtete Konjunkturindikatoren wie die
chinesische Kohleförderung oder das rückläufige Wachstum der
Glücksspielumsätze in der ehemaligen portugiesischen Kolonie Macau
auf eine Konjunkturdelle hindeuteten. Das alles ist nicht von der
Hand zu weisen, ebenso wie die Warnungen vor der Instabilität von
Chinas Finanzsektor. Schon länger stehen die Großbanken in der
Kritik, Kredite nach politischen Vorgaben und Plänen zu vergeben und
dabei nicht auf die Bonität der Unternehmen zu achten. Gleichzeitig
bleibt das System der informellen Kreditvergabe durch Schattenbanken
und ähnliche Institutionen ein Risikofaktor. Für den Fall einer
"harten Landung" der chinesischen Wirtschaft könne die forcierte,
möglicherweise zu lockere Kreditvergabe der Großbanken sich als
Bumerang erweisen, heißt es in einer aktuellen Studie der WGZ Bank,
wenn diese als erhöhter Wertberichtigungsbedarf zu den Banken und
damit zur Regierung in Peking zurückkehre.
Trotz all dieser Risikofaktoren bleibt festzuhalten, dass das Bild
nicht nur dunkle Schattierungen enthält. So weist die Datenseite aus
China keinesfalls eindeutig auf eine harte Landung hin. So legten die
viel beachteten Einkaufsmanagerindizes - die staatlichen ebenso wie
die von der Großbank HSBC ermittelten - zuletzt wieder zu, auch wenn
sie noch unter der Expansionsschwelle liegen. Die im ersten Halbjahr
angeschobenen staatlichen Konjunkturmaßnahmen brauchen nicht mehr
viel Zeit, bis sie sich entfalten. Und dass sich der Immobilienmarkt
der großen Metropolen - die größte Blasengefahr - abgekühlt hat, ist
für die mittelfristige Stabilität eine mehr als gute Nachricht.
Bei der WGZ Bank geht man davon aus, dass die Fiskalsituation der
Volksrepublik mit einem niedrigen Budgetdefizit und einer geringen
öffentlichen Verschuldung erheblichen Spielraum bereithält, in
konjunkturellen Schwächephasen Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Bei
Barclays sieht man es als hoch wahrscheinlich an, dass China 2012 ein
stabilisierender Faktor für die Weltwirtschaft bleibt, nicht zuletzt
da die Zentralbank angesichts der aktuell niedrigen Inflation
Spielraum für geldpolitische Lockerungsmaßnahmen im dritten Quartal
habe.
Ganz risikolos ist die China-Story für Anleger indes nicht. Eine
Verschärfung der Eurokrise könnte wie 2008 und 2009 zu einer
Risikoscheu in Finanz- und Realwirtschaft führen, unter der China
stark leiden würde. Gleichzeitig könnten wiederum noch stärkere
konjunkturelle Bremsspuren aus der Volksrepublik in Europa das
Sentiment von Investoren und Unternehmen belasten - ein Kreislauf mit
höchst unerwünschten Rückkopplungseffekten.
Was den angeblich unmittelbar bevorstehenden Zusammenbruch Chinas
angeht, so wurde dieser erstmals 2001 von dem Autor und Anwalt Gordon
G. Chang vorhergesagt. Zur Enttäuschung der Schwarzmaler lässt der
Crash schon bemerkenswert lange auf sich warten.
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