WAZ: "Hartz" bleibt eine Baustelle. Leitartikel von Walter Bau
Geschrieben am 16-08-2012 |
Essen (ots) - Wohl keine andere sozialpolitische Reform in der
Geschichte der Bundesrepublik hat die Arbeitswelt derart nachhaltig
verändert wie die Hartz-Reformen. Begriffe wie Ein-Euro-Job,
Zeitarbeit, Ich-AG oder Jobcenter prägen seit nunmehr zehn Jahren den
Alltag vieler Arbeitnehmer. Aber keine andere Reform hat auch derart
polarisiert wie Hartz. An der Frage "Fluch oder Segen?" scheiden sich
bis heute die Geister. Unbestreitbar ist: Ohne die von SPD-Kanzler
Schröder gegen erheblichen Widerstand in der eigenen Partei und in
den Gewerkschaften eingeleiteten Veränderungen wäre das Job-Wunder
der letzten Jahre so nicht möglich gewesen. Vor allem das
Grundprinzip der Reform, "Fordern und Fördern", trug wesentlich dazu
bei, die Zahl der Arbeitslosen fast zu halbieren. Die Zeitarbeit half
Unternehmen im Jahr 2008, flexibel auf die dramatische Finanzkrise zu
reagieren. Der Wandel vom Arbeitsamt zum Jobcenter hat die Qualität
der Arbeitsvermittlung verbessert. Einiges musste nachgebessert
werden, etwa die Anrechnung der Ersparnisse beim Bezug von
Arbeitslosengeld oder bei der höchstrichterlich verordneten Korrektur
der Hartz-Regelsätze. Und so manche Hoffnung der Hartz-Macher
erfüllte sich nicht: Die "Ich-AGs" führten nicht zum erhofften
Gründerboom, die Ein-Euro-Jobs münden zu selten im ersten
Arbeitsmarkt. Dass das Instrument der Zeit- und Leiharbeit von
manchen Unternehmern als billige Dauer-Alternative zur Festanstellung
missbraucht wird, ist ein Skandal. Flexibilität ist sicher wichtig
für Firmen, aber motivierte Arbeitskräfte sind es auch. Sollte hier
nicht bald ein Umdenken in den Chefetagen stattfinden, ist die
Politik gefordert, neue Regeln zu setzen. "Hartz" bleibt auch nach
zehn Jahren eine Baustelle. Trotz aller Einschränkungen aber war das
Hartz-Reformpaket insgesamt richtig. Der Kampfbegriff der Kritiker
vom sozialen Kahlschlag ist überzogen. Fraglos sind Zeitarbeit oder
Aufstocker-Jobs kein vollwertiger Ersatz für einen festen
Arbeitsplatz; aber der wäre in vielen Fällen auch nicht die
Alternative - sondern die Arbeitslosigkeit.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
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