Brief an Bahr: Paritätischer warnt vor wachsender Gesundheitskluft und fordert Präventionsgesetz
Geschrieben am 28-08-2012 |
Berlin (ots) - Vor einer wachsenden Gesundheitskluft in
Deutschland warnt der Paritätische Wohlfahrtsverband und appelliert
in einem offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Bahr, ein
Präventionsgesetz auf den Weg zu bringen, um für alle Menschen
gleiche Chancen auf ein möglichst gesundes und möglichst langes Leben
schaffen. Die Lebenserwartung dürfe in Deutschland nicht länger vom
Geldbeutel abhängen. Ein entsprechendes Gesetz zur
Gesundheitsförderung müsse alle relevanten Akteure in die Pflicht
nehmen, Qualitätsstandards sichern und eine verlässliche Finanzierung
garantieren.
"Die gesundheitliche Chancenungleichheit in Deutschland ist
skandalös. Die ärmsten 20 Prozent der Bevölkerung sterben im
Durchschnitt zehn Jahre früher als die reichsten 20 Prozent. Bei
ihnen brechen chronische Erkrankungen früher aus und verlaufen
deutlich schwerwiegender", kritisiert Verbandsvorsitzender Prof. Dr.
Rolf Rosenbrock. Schon im Kindergarten manifestierten sich die
ungleichen Gesundheitschancen: "Kinder aus sozial benachteiligten
Familien sind nachweislich häufiger von physischen oder
psychosozialen Problemen betroffen, die ihr gesamtes weiteres Leben
beeinträchtigen können. Dieser Zustand ist beschämend und in einem
der reichsten Länder der Welt untragbar."
Der Verband fordert die Einführung eines eigenen Bundesgesetzes
für nicht-medizinische Primärprävention und Gesundheitsförderung, um
bereits erprobte Ansätze zu verstetigen und flächendeckend
umzusetzen. "Wir brauchen mehr als Aufklärungs- und
Informationskampagnen oder die medizinische Verhinderung von
Krankheit durch Impfungen. Wir brauchen zielgruppenspezifische
Maßnahmen, die dort ansetzen, wo die Menschen sind", fordert
Rosenbrock. Erforderlich seien Maßnahmen der betrieblichen
Gesundheitsförderung, Gesundheitsprogramme in
Kindertageseinrichtungen, kultursensible Programme, die auch
Migrantinnen und Migranten erreichen sowie Ansätze der
Gesundheitsförderung im Stadtteil und in Wohn- und
Betreuungseinrichtungen. "Die Projektitis in diesem Bereich muss ein
Ende haben und endlich durch dauerhafte Strukturen ersetzt werden."
Dies sei nicht zuletzt ein Gebot ökonomischer Vernunft. "Jeder
Euro, den wir heute in wirkungsvolle Prävention investieren, zahlt
sich auch finanziell langfristig aus durch eine Entlastung der
Sozialsysteme. Jeder Tag, den wir weiter warten, ist
volkswirtschaftlich betrachtet, vergeudetes Geld", warnt
Gesundheitsökonom Rosenbrock. Es gebe kein Erkenntnisproblem, sondern
ein Handlungsdefizit. "Der Minister ist in der Bringschuld."
Pressekontakt:
Gwendolyn Stilling, Tel. 030/24636305, E-Mail: pr@paritaet.org
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