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Westdeutsche Zeitung: Die Verhandlung zwischen Ärzten und Kassen ist verfahren = Von Lothar Leuschen

Geschrieben am 03-09-2012

Düsseldorf (ots) - Aller Voraussicht nach werden Patienten in
Deutschland schon in den nächsten Wochen vor geschlossenen
Praxistüren stehen. Wenn nicht noch ein mittleres Wunder geschieht,
treten zumindest einige Fachärzte in den Streik. Ihr gesamter
Berufsstand will mehr Geld von den Krankenkassen. Das wird bei vielen
ihrer Patienten Kopfschütteln hervorrufen, weil der Arzt im
Allgemeinen als Besserverdiener gilt. Gegen diese Einschätzung ist
auf den ersten Blick auch nichts einzuwenden. Bei Bruttoeinkommen von
116 000 Euro für Allgemeinmediziner bis 264 000 Euro für Radiologen
klingt das Klagelied der Ärzteschaft nach Jammern auf sehr hohem
Niveau.

Bei genauerem Hinsehen jedoch relativieren sich diese Summen. Es
ist zwar richtig, dass Fachmediziner gute Umsätze machen. Dafür aber
haben sie auch hohe Kosten für Geräte. Bedauernswert sind auf jeden
Fall Landärzte. Deren Einkommen liegt zumeist deutlich unter dem der
Kollegen in den Städten. Allen Ärzten ist außerdem gemein, dass sie
mit ihren Praxen als Unternehmer auch das ganze Risiko tragen.

Es gibt also gute Gründe für die Ärzteverbände, mehr Geld von den
Krankenkassen zu fordern. Ob das gleich 3,5 Milliarden Euro im Jahr
sein müssen, steht auf einem anderen Blatt. Aber die 270 Millionen
Euro, die per Schlichterspruch vereinbart worden sind, empfinden die
Mediziner zu Recht als Ohrfeige.

Dabei ist auch die Position der Krankenkassen verständlich. Sie
haben zuletzt Jahren zwar Milliardenüberschüsse erwirtschaftet. Aber
statt große Teile davon den Ärzten zu geben, wollen sie ein Polster
anlegen. Sie wissen längst, dass die Gruppe der Beitragszahler nicht
größer, aber immer älter und damit teurer wird.

Nach dem üblichen Säbelrasseln mit Warnstreiks und
Verbalscharmützeln werden sich die Parteien letztlich doch auf einen
Kompromiss einigen. Doch auch der hält nicht ewig. Und so kommt der
Patient wieder ins Spiel. Wenn das teure Gesundheitswesen in
Deutschland weiter funktionieren soll, braucht es eine andere
Finanzierung. Dann muss es eine preisgünstige Grundversorgung geben,
die jeder Versicherte nach Wunsch und Leistungsvermögen ausweiten
kann. Ein "Weiter so" führt hingegen geradewegs in die Sackgasse.



Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2370
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de
www.wz-newsline.de


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