Schuldenbremse erfordert maßgeschneiderte Lösungen für Bundesländer
Geschrieben am 18-09-2012 |
Berlin (ots) - PwC-Prognose zu Länder- und Kommunalhaushalten:
Mehrheit der Länder muss effizienter wirtschaften / Demografischer
Wandel eröffnet Potenzial für intelligente Konsolidierung
Damit die Kriterien der Schuldenbremse im Jahr 2020 eingehalten
werden, müssen Länder und Kommunen den eingeschlagenen
Konsolidierungskurs verschärfen. Ausgabensteigerungen, die über dem
Durchschnitt der westdeutschen Flächenländer liegen, werden sich bis
2020 nur Baden-Württemberg und Bayern leisten können. Zehn
Bundesländer müssen zum Teil deutlich stärker sparen und effizienter
wirtschaften. Allerdings eröffnet der demografische Wandel in vielen
Aufgabenbereichen neue Einsparpotenziale, wie aus einer Studie der
Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC hervorgeht. Die
Untersuchung stellt erstmals das unter den Bedingungen der
Schuldenbremse verfügbare Budget von Ländern und Kommunen den
Ausgaben in den wesentlichen Aufgabenbereichen gegenüber und
prognostiziert die Entwicklung bis 2020. Die Studie zeigt also,
welchen Spielraum die Länder und Kommunen in den kommenden Jahren
noch haben, um die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse
einzuhalten. 2020 müssen die Länder strukturell ausgeglichene
Haushalte erreicht haben.
"Die wirtschafts- und finanzpolitische Handlungsfähigkeit der
Bundesländer auch nach 2020 zu bewahren, ist möglich. Der Vergleich
der sehr unterschiedlichen finanziellen Rahmenbedingungen der
Bundesländer zeigt, wo die Konsolidierung der Länder- und
Kommunalfinanzen ansetzen kann", kommentiert PwC-Vorstandssprecher
Norbert Winkeljohann.
Auf Basis der Finanzsalden des Jahres 2011 wurde in der Studie
ermittelt, in welchem Maß die Länder- und Kommunalausgaben bis 2020
sinken müssen beziehungsweise gesteigert werden können. Zur so
genannten Finanzmasse zählen im Wesentlichen Steuereinnahmen, Mittel
aus dem Länderfinanzausgleich sowie Bundesergänzungszuweisungen.
Sonstige unmittelbare Einnahmen wie Gebühreneinnahmen wurden mit den
jeweiligen Ausgaben verrechnet. Die Ausgabenseite wurde um Zins- und
Pensionsverpflichtungen bereinigt.
Bremen und Saarland am stärksten gefordert
Vor den größten Herausforderungen stehen Bremen und das Saarland.
Beide Länder müssen ihre Ausgaben bis 2020 real senken, um das Ziel
der Schuldenbremse zu erreichen. Heute liegen ihre Ausgaben über dem
Durchschnitt der westdeutschen Flächenländer. Darüber hinaus haben
sie 2020 auf Grund der Zins- und Pensionsverpflichtungen deutlich
weniger finanzielle Mittel zu Verfügung als die Vergleichsländer.
"Wichtig für beide Länder ist, dass sie sich in ihrem
Ausgabeverhalten an den jeweils für den Aufgabenbereich
effizientesten Ländern orientieren und nicht am Durchschnitt der
Flächenländer West", erklärt Alfred Höhn, PwC-Partner und Leiter des
Bereiches öffentlicher Sektor.
Ein erheblicher Konsolidierungsbedarf besteht auch in den
ostdeutschen Flächenländern mit Ausnahme von Sachsen sowie in Hessen
und Rheinland-Pfalz. In einer besonders günstigen Situation sind die
südlichen Bundesländer. Baden-Württemberg könnte im Jahr 2020 rund
sechs, Bayern rund 11 Prozent mehr je Einwohner ausgeben als der
Durchschnitt der westdeutschen Flächenländer, ohne zusätzliche
Schulden zu machen.
Nicht nur Schulden machen den Unterschied
Die unterschiedlichen Finanzierungsspielräume der Länder sind zu
einem erheblichen Teil auf ihre Zins- und Pensionsverpflichtungen
zurückzuführen. So musste beispielsweise Bremen im Jahr 2011 knapp
ein Drittel seiner Finanzmittel für Zinsen und Versorgung verwenden,
Berlin ein knappes Viertel. In der Gruppe der Flächenstaaten musste
das Saarland mit knapp 32 Prozent einen deutlich höheren Anteil
seiner Mittel für Schuldendienst und Versorgung verwenden als
Sachsen, das nur 8,6 Prozent aufbringen musste.
"Die Studienergebnisse machen deutlich, wie weit viele Länder und
Kommunen auf Grund von 'Altlasten' vom Ziel eines strukturell
ausgeglichenen Haushalts entfernt sind. Der Ländervergleich zeigt,
dass sich durch einen effizienteren Mitteleinsatz in einigen
Aufgabenbereichen viel bewirken ließe, ohne die Leistungen für die
Bürger wesentlich einzuschränken", betont Alfred Höhn.
Das zeigt auch die Gegenüberstellung strukturell vergleichbarer
Länder wie Bayern und Hessen. Beide stehen im Länderfinanzausgleich
auf der 'Geberseite' und haben überdurchschnittlich hohe Einnahmen.
Bis 2020 muss jedoch Hessen im Gegensatz zu Bayern seinen Haushalt
deutlich stärker konsolidieren. Der Grund dafür findet sich auf der
Ausgabenseite: Während in Hessen Land und Kommunen beispielsweise für
die Kernverwaltung pro Einwohner 352 Euro aufwenden, gibt Bayern
lediglich 219 Euro aus. Auch in den meisten anderen Aufgabenbereichen
sind die Ausgaben in Hessen nicht nur höher als in Bayern, sondern
liegen auch über dem bundesweiten Wert.
Demografischer Wandel eröffnet Potenziale
"Während in einigen Aufgabenbereichen nur schwer Einsparungen zu
realisieren sein werden, eröffnet der demografische Wandel teilweise
erhebliche Einsparpotenziale", erläutert Höhn.
Erhebliche Unterschiede bestehen beispielsweise bei der
Personalausstattung. Während Hamburg in seiner Kernverwaltung sechs
Vollzeitkräfte je 1.000 Einwohner beschäftigt, sind es in Berlin 3,2.
Vor dem Hintergrund teilweise massiver Bevölkerungsrückgänge ist eine
deutliche Personalanpassung in den Behörden und Verwaltungen möglich.
"Diese Beispiele machen deutlich, dass es keine Patentlösung dafür
gibt, die Kriterien für die Schuldenbremse zu erfüllen. Die
Bundesländer und Kommunen benötigen maßgeschneiderte Lösungskonzepte,
die ihre sehr unterschiedlichen Voraussetzungen berücksichtigen. Die
demografische Entwicklung eröffnet erhebliche Potenziale, die es zu
nutzen gilt", fasst Alfred Höhn zusammen.
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