Europäische Staatsmänner loben neues Wahlgesetz der Ukraine und drängen auf Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens mit der EU
Geschrieben am 21-09-2012 |
Wien, Österreich (ots/PRNewswire) -
Der ehemalige österreichische Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und
der ehemalige Präsident der Europäischen Kommission Romano Prodi
haben das neue Wahlgesetz gelobt, das die Regierungs- und
Oppositionsparteien der Ukraine gemeinsam verabschiedet haben, und
fordern die zügige Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens
zwischen der Europäischen Union und der Ukraine.
Während seiner Rede auf einer internationalen Konferenz erklärte
Gusenbauer, dass das Wahlgesetz unter Mitwirkung der
Parlamentarischen Versammlung des Europarates sowie der
Venedig-Kommission zustande gekommen und von Regierungs- und
Oppositionsparteien des ukrainischen Parlaments gemeinsam
verabschiedet worden sei, darunter auch von der Partei der ehemaligen
Premierministerin Julija Tymoschenko.
"Dies ist von grösster Bedeutung, denn die Tatsache, dass 80
Prozent des ukrainischen Parlaments dem neuen Gesetz zugestimmt
haben, bedeutet in der Praxis, dass hinsichtlich der Voraussetzungen
für Wahlen ein Konsens besteht und dass das neue Gesetz als
gemeinsame Basis akzeptiert wird", so Gusenbauer. "Das ist eine gute
Voraussetzung für die grundsätzliche Anerkennung von
Wahlergebnissen", ergänzte er.
Gusenbauer hielt seine Rede im Rahmen einer Konferenz des
Renner-Instituts und des Österreichischen Instituts für
internationale Politik in Wien. Dem Treffen mit dem Titel "Ukraine on
the Path to European Integration" wohnten neben den Gesetzgebern der
Regierungs- und Oppositionsparteien auch offizielle Vertreter der
Wahlkommission sowie Akademiker, Diplomaten,
Wirtschaftswissenschaftler und Geschäftsleute bei.
Prodi, der als Präsident der Europäischen Kommission von 1999 bis
2004 entscheidend am EU-Erweiterungsprozess beteiligt war, betonte
ausserdem die erzielten Fortschritte bei der Wahlreform und forderte
die Europäische Union auf, sich intensiver mit der Ukraine
auseinanderzusetzen und die gegenseitigen wirtschaftlichen und
politischen Verbindungen zu vertiefen. "Wenn wir uns nicht mit der
Ukraine befassen, werden wir auch keine Ergebnisse vorweisen können",
sagte er.
Beide Staatsmänner machten sich für die rasche Unterzeichnung und
Umsetzung eines Assoziierungsabkommens zwischen der Europäischen
Union und der Ukraine stark. Dieser Prozess begann bereits im
vergangenen Frühling, zögerte sich dann aber hinaus, weil einige
europäische Kritiker mit dem Gerichtsverfahren und der
anschliessenden Verurteilung Tymoschenkos zu einer Haftstrafe nicht
einverstanden waren. Im vergangenen Jahr befand sie ein ukrainisches
Gericht für schuldig, Amtsmissbrauch betrieben und im Jahr 2009 einen
umstrittenen Gasvertrag mit Russland über 10 Mrd. USD ohne vorherige
Zustimmung des Kabinetts unterzeichnet zu haben. Daraufhin legte sie
Berufung ein.
Prodi erklärte, der Fall Tymoschenko dürfe bei der Vertiefung der
Beziehungen zwischen Brüssel und Kiew kein Hindernis darstellen.
"Wir müssen gezielt darauf hinarbeiten und alles dafür tun, damit
die Ukraine zu einer Brücke zwischen Russland und der EU wird", sagte
Prodi und merkte an, dass die Wahlreform ein Zeichen dafür sei, dass
die Ukraine dem "europäischen Pfad" folgen wolle.
Prodi prophezeit, dass "die Beziehungen zwischen der EU und der
Ukraine irgendwann enger werden und Probleme wie der Fall Tymoschenko
mit weniger Leidenschaft und Emotion angegangen werden." Ausserdem
erklärte er, dass Geschichte, Geografie, potenzielle
Schiefergasreserven, Landwirtschaft sowie die strategisch günstige
Position für Energietransporte der Ukraine bedeuten würden, dass "es
unsere Pflicht ist, auf eine engere Verbindung zwischen der EU und
der Ukraine hinzuarbeiten."
Gusenbauer sagte: "Ich denke, dass die gegenwärtige Haltung
vieler Menschen in der EU, die Ukraine ausschliesslich vor dem
Hintergrund des Tymoschenko-Falls zu beurteilen, weder korrekt noch
im Interesse der EU ist."
Zu Beginn der Woche veröffentlichten Gusenbauer und Prodi einen
Leitartikel mit dem Titel "Engagement, not Containment", in dem
ausführlich auf die Bedeutung einer europäischen Integration der
Ukraine sowie auf die Tragweite ihrer zukünftigen EU-Mitgliedschaft
eingegangen wird. Dabei bezogen sie klar Stellung gegen den Versuch,
die Ukraine zu isolieren.
Am Donnerstag stimmte der ukrainische Aussenminister Kostjantyn
Hryschtschenko dem Artikel im Zuge einer Podiumsdiskussion während
der Wien-Konferenz zu und erklärte: "Die Leitidee des Artikels ist
genau das, was viele europäische Politiker begreifen müssen."
Darüber hinaus wiederholte er, dass das Assoziierungsabkommen
"ein Hilfsmittel zum Anstoss von Reformen und zur Unterstützung der
Demokratie entsprechend bewährter europäischer Verfahrensweisen in
der Ukraine" sei.
In seinem Bemühen, bei der Unterzeichnung eines
Assoziierungsabkommens zwischen der EU und der Ukraine Fortschritte
zu erzielen, bat Gusenbauer die EU und die Ukraine darum, von
politischen Massnahmen abzusehen und sich stattdessen auf die
Tragkraft des europäischen Rechtssystems zu verlassen. Dabei sei
jedwede Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs der Menschenrechte
(ECHR) im Berufungsverfahren zum Fall Tymoschenko zu akzeptieren, wie
auch immer sie ausfallen möge.
Hryschtschenko bemerkte daraufhin, dass "die Ukraine den
Europäischen Gerichtshof der Menschenrechte" akzeptiere.
Während des Treffens in Wien erklärten sowohl Prodi als auch
Gusenbauer, dass sie die einhellige Zustimmung aller bei der
Verabschiedung des Gesetzes anwesenden Politiker von Regierung und
Opposition bezüglich der Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens
mit der Europäischen Union sehr erstaunt habe.
Bestärkt wurde dies durch die regierungsfreundliche Abgeordnete
Inna Bohoslovska (Partei der Regionen) sowie den Abgeordneten der
Opposition Andrij Schewtschenko (Vereinte Opposition), der auch
Mitglied von Tymoschenkos Partei ist: Beide brachten während des
Treffens in Wien ihre Unterstützung für eine erweiterte europäische
Integration und die Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens zum
Ausdruck.
Pressekontakt:
Manuela Butter, manuela.butter@renner-institute.at, T:
+43(0)1-804-65-01
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