Mittelbayerische Zeitung: Problem-Lösung
Steinbrück als Kanzlerkandidat ist eine clevere Enscheidung, die nur die SPD selbst torpedieren kann.Von Christian Kucznierz
Geschrieben am 28-09-2012 |
Regensburg (ots) - Am Ende ging es dann doch schnell. Eigentlich
wollte man sich bei der SPD Zeit lassen zu entscheiden, wer gegen
Angela Merkel antreten soll: SPD-Chef Sigmar Gabriel,
Bundestagsfraktionschef Frank-Walter Steinmeier oder der frühere
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück. Letzterer soll es also richten.
Problem gelöst? Ja und nein. Freilich: Die schnelle Einigung bringt
der Partei Ruhe in der K-Frage. Länger hätte die SPD die Debatte
darüber nur schwer ausgehalten. Zu lange schon geistern immer neue
Gerüchte darüber, wer es mit der Kanzlerin aufnehmen soll, durch die
Medien. In der Partei rumorte es, der Druck im Kessel war bedrohlich
gestiegen. Die SPD hatte wahrlich die Qual der Wahl. Parteichef
Gabriel wäre ein guter Kandidat gewesen. Schließlich war er es, der
in der Sommerflaute für Wind in den Segeln seiner Partei sorgte -
trotz selbst gewählter Babypause. Denn Pause war das falsche Wort.
Gabriel war irgendwie mehr präsent als in den Wochen zuvor. Selbst
von Zuhause aus gab er Interviews, nachdem er seine kleine Tochter
versorgt hatte. Es war Gabriel, der die Akzente gesetzt hatte, und
wer ihn bei seinen Auftritten erlebte, sah und hörte einen
Parteichef, der auch schon einmal gerne sein vorgeschriebenes
Manuskript beiseite legte und höchst emotionale und inhaltlich
durchaus bemerkenswerte Reden hielt. Allerdings wäre Gabriel auch der
Wunschgegner der Union gewesen; der Konkurrenz zu Merkel wäre er kaum
gewachsen gewesen. Vergleichbar beliebt wie die Kanzlerin wäre der
ehemalige Außenminister Steinmeier gewesen. Doch ihn ins Rennen zu
schicken, hätte Risiken beinhaltet. Ihm haftet schließlich der Makel
an, dass er bereits einmal versuchte, Merkel aus dem Sattel zu heben
- bekanntlich erfolglos. Dass der Fraktionschef offenbar schon längst
angekündigt hatte, nicht kandidieren zu wollen, könnte mit dieser
Einsicht zu tun haben. Peer Steinbrück hat als Finanzminister an der
Seite von Merkel punkten können. Das Bild der beiden, wie sie den
Bürgern im Fernsehen versichern, ihre Ersparnisse seien trotz der
Krise nicht in Gefahr, wird vielen noch im Gedächtnis sein. Seinen
Ruf als Finanzexperte hat Steinbrück jüngst untermauert, als er sein
Konzept zur Bekämpfung der Euro-Schuldenkrise vorlegte. Und nicht
zuletzt hat er die höchsten Weihen, weil SPD-Urgestein Helmut Schmidt
ihm bereits vor Monaten medienwirksam attestierte: Er kann es. Der
frühere nordrhein-westfälische Ministerpräsident ist vor allem für
die konservativen SPD-Wähler attraktiv; aber nicht nur für sie. Wer
unsicher ist, wo er sein Kreuzchen machen soll und eine Alternative
zu Angela Merkels Politik der Alternativlosigkeit sucht, könnte
versucht sein, Steinbrück zu wählen, quasi als Wechsel light. Denn
Steinbrück würde keinen kompletten Bruch zur Politik Merkels
darstellen. Und er wäre sogar der FDP vermittelbar. Man spricht
darüber in der SPD nur hinter vorgehaltener Hand: Aber was, wenn es
für Rot-Grün nicht reicht? Die große Koalition ist für viele
SPD-Wähler eine No-Go-Area. Für Steinbrück auch. Warum dann nicht die
Ampel wagen? Die geht wenn dann nur mit Steinbrück. Alles also
wunderbar? Eben nicht. Innerparteilich steht die SPD mit der Lösung
der K-Frage vor einem neuen Problem: Der frühere Finanzminister gilt
als Agenda-2010-Mann, und der linke Flügel der Partei kann damit nur
schwer leben. Wie mächtig die Parteilinke ist, hat Sigmar Gabriel
erst diese Woche zu spüren bekommen, als er sein Rentenkonzept gegen
deren Kritik verteidigen musste. Der Streit ist nur vertagt, nicht
gelöst. Steinbrücks finanzpolitisches Konzept, das auch die Banken
zur Kasse bitten will, ist als Angebot an die Parteilinke zu
verstehen. Ob ihnen das reicht, muss sich erst herausstellen. Nimmt
man aber alles zusammen, so hat die SPD mit Steinbrück in der
jetzigen Situation die richtige Wahl getroffen. Die Chance, die diese
Personalentscheidung bietet, kann aber vor allem eine zunichte
machen: die SPD selbst.
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Mittelbayerische Zeitung
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