Börsen-Zeitung: Da tut sich was, Kommentar zum Börsengang des Versicherers Talanx, von Walther Becker.
Geschrieben am 03-10-2012 |
Frankfurt (ots) - Es ist vollbracht: Der größte Börsengang in
Deutschland seit zweieinhalb Jahren ist nach einem nie da gewesenen
Zickzackkurs doch noch über die Bühne gegangen. Die Aktie von Talanx,
der Nummer 3 der deutschen Assekuranz, ist mit 19,05 Euro gestartet -
das sind 4% über dem Ausgabepreis, der am unteren Ende der
Angebotsspanne lag. Angesichts der kolportierten Überzeichnung ein
durchwachsenes Debüt.
Dem IPO-Markt hat das Prozedere alles andere als genutzt. Die
Bewährungsprobe steht insofern auch noch aus: Spaniens Telefónica
will für den Schuldenabbau eine Minderheit der deutschen
Mobilfunk-Tochter O2 an die Frankfurter Börse bringen und schielt
dabei auf 1,5 Mrd. Euro. Investoren entscheiden sich Deal für Deal,
und Käufer haben ihre Macht längst nicht verloren.
Talanx, die sich 15 Jahre mit Börsenplänen trug, hatte einen
Schuss frei. Der Konzern nimmt 517 Mill. Euro ein, so viel hat seit
dem Chemiedistributeur Brenntag im Frühjahr 2010 kein deutsches
Unternehmen mehr mit einer Emission erlöst. Der niedrige Streubesitz
von 11% macht Index-Ambitionen zunächst zunichte.
Dem Initial Public Offering ging ein beispielloser Schlingerkurs
voraus. Angesagt, abgeblasen und wieder aufgenommen. Talanx stellte
in einer Manier wie nie zuvor die Banken bloß. Den erreichten zweiten
Anlauf mit verringertem Volumen darf sich nun Berenberg aus Hamburg
ans Revers heften. Die Bank rückte mit ihrem "Commitment" nach oben
im Konsortium und lieferte Talanx andere Investoren, andere
Größenordnungen und andere Unterstützung als zuvor Citi und J.P.
Morgan.
Wie viele der gezeichneten Aktien gingen da aber nur mit sanftem
Druck über den Tresen? Welches "Upside" rechnen sich diese Käufer
aus? Ergibt sich daraus ein Überhang, der auf der Aktie lastet?
Zunächst wird das aggressiv ins Investment Banking drängende
Institut, das auf die Diskretion im Private Banking Wert legt und
anders als angelsächsische Adressen agieren kann, alles tun, um einen
Misserfolg zu verhindern. Doch viele Investoren dürften an den
Seitenlinien bleiben.
Eine Phalanx wird dem Talanx-Schritt nicht folgen, auch wenn O2,
der Not der spanischen Mutter gehorchend, kommen und es mit Hess auch
noch ein kleineres Unternehmen aus der Beleuchtungsbranche schaffen
sollte. Denn es bleibt dabei: Investoren sind zwar angesichts
derLiquiditätsschwemme "long" in Cash, aber "short" in Sachen
Zuversicht. Vertrauen wurde mit diesem Börsengang kaum gefördert.
Aber es tut sich immerhin was.
(Börsen-Zeitung, 4.10.2012)
Pressekontakt:
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Redaktion
Telefon: 069--2732-0
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