"DER STANDARD"-Kommentar: "Endlich aufwachen, bitte!"
von Lisa Nimmervoll
Geschrieben am 03-10-2012 |
Wie die schlechten Uni-Ranking-Nachrichten doch zu etwas gut
sein könnten - Ausgabe vom 4.10.2012
Wien (ots) - Bad News for Austria: Bereits im zweiten Satz des
Reports über das neue Times Higher Education (THE) Uni-Ranking wird
Klartext gesprochen. In einem der renommiertesten, durch ziemlich
viele aussagekräftige Faktoren abgesicherten Ranking der besten Unis
weltweit rangiert Österreich mit dem Zustand seiner
Hochschullandschaft in einer Liga mit Italien, Spanien, Portugal und
Griechenland. Das sollte zu denken geben. Nicht aus
Nord-Süd-Präpotenz, sondern weil es für ein noch immer
prosperierendes Land wie Österreich schlicht peinlich ist, mit schwer
darbenden Staaten verglichen werden zu müssen. Diese vier sind in der
200-Best-of-the-World-Liste überhaupt inexistent. Österreich hat
wenigstens eine Uni - die Uni Wien - drin. Noch.
Dieses Ranking - im Grunde genommen sagt es das, was auch die
diversen anderen sagen, "Zufalls-Pech" gilt also nicht als Ausrede
für das blamable Abschneiden - ist ein weiteres Wecksignal von außen,
dass etwas geschehen muss. Nicht, weil es per se ein Wert ist, in
einem Ranking präsent oder sogar weit vorne zu sein. Auch die Grenzen
der Aussagekraft derartiger Vergleiche sind weithin bekannt.
Aber, auch das steht im THE-Report, ein weiteres Absacken der
Leistungskraft des österreichischen Uni-Systems - es ist eine
Systemfrage! - wäre "tragisch für das Land und schlecht für die
Wirtschaft". Es geht ums Ganze, das Land. Um die, die studieren
(wollen), und die, die das nicht tun (oder können). Auch für sie sind
gute Universitäten ein Wert, von dem sie profitieren. Weil Unis keine
Insel in der Gesellschaft sind, die ein paar (in Österreich noch
immer sozial hochselektiv) Auserwählte in privilegierte Bildungs- und
Lebenslagen hineinführen, sondern weil sie gesellschaftlichen
Mehrwert schaffen, der über die unmittelbare ökonomische
Verwertbarkeit weit hinausgeht.
Dass es "systemrelevante" Banken gibt, gehört zum
kollektiv-schmerzhaften Lerngewinn aus der Finanzkrise. Dass
Universitäten und ihr Tun auch systemrelevant sind, ist offenkundig
nicht einmal überall in der Politik angekommen. In dem Fall muss man
"die Politik" sagen, auch wenn es in Österreich in der
Bildungspolitik auch parteipolitisch relativ klar zuzuordnendes
Politik-Versagen gibt - die ÖVP darf sich da in der Schulpolitik
angesprochen fühlen, die SPÖ bei einigen Uni-Baustellen.
"Austria had a bad year", ist im THE-Bericht zu lesen. Wenn es denn
nur ein schlechtes Jahr gewesen wäre seit der letzten
Ranking-Messung! Österreich hat seit langem schlechte Uni-Jahre.
Insofern muss man zynisch sagen: Die dauernden Bad News könnten Good
News sein, wenn endlich jemand aufwachen würde in der Regierung. Es
reicht nicht, den Rektorennotruf nach mehr Geld als ein auf einer
vermeintlichen Rechenschwäche basierendes, unbegründetes Mantra
herunterzumachen und so die unbestreitbare Unterfinanzierung der Unis
als nationale Polit-Folklore einzubetonieren.
Was fehlt, ist Ambition - strukturell, finanziell. Das sieht man an
den asiatischen Aufsteigern. Vor allem braucht es ein neues
nationales Selbstverständnis. Schluss mit dieser kleinkrämerischen
Genügsamkeit, die den "Status quo" als Messlatte für die Unis anbetet
und nicht einmal diesen finanziell absichern kann (oder will). Was
ist das überhaupt für ein lachhafter Anspruch an sich selbst? Bleibt
alles schlechter, dann ist es schon gut genug?
Das wäre die dahindämmernde Gesellschaft als Ziel. Na dann, gute
Nacht.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
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