DER STANDARD-Kommentar: "Einäugiger unter den Blinden" von Günther Oswald
Geschrieben am 16-10-2012 |
"Die Banken überschatten das Budget, sie sind aber nicht das
einzige Problem"; Ausgabe vom 17.10.2012
Wien (ots) - Das Budget ist in Zahlen gegossene Politik, lautet
ein gern zitierter Haushaltsspruch. Folglich müsste eines der
zentralen Anliegen der rot-schwarzen Regierung das Betreiben von
Banken sein. Die notverstaatlichten Institute Hypo Alpe Adria,
Kommunalkredit und Volksbanken AG haben bereits Milliarden an Kosten
verursacht und sind zu einem beträchtlichen Risikofaktor für die
Budgetplanung geworden. Die anfangs gehegte Hoffnung, das Bankenpaket
könnte am Ende des Tages dank Dividendenzahlungen der Banken doch
noch zu einem Geschäft für die Republik werden, ist längst verflogen.
Es ist daher nur allzu verständlich, dass viele Bürger gefrustet sind
und das Gefühl haben, sie müssten nur deshalb den Gürtel enger
schnallen, weil die Finanzbranche nicht selbst in der Lage ist, in
Schieflage geratene Institute aufzufangen und weil südeuropäische
Länder wie Griechenland und Co jahrelang über ihre Verhältnisse
gelebt haben. Zum Teil stimmt das ja auch: Müsste Österreich nicht
in die Rettungsschirme und die maroden heimischen Banken Geld
reinbuttern, läge das Budgetdefizit heuer nur im Bereich von zwei
Prozent der Wirtschaftsleistung und somit deutlich unter dem
Maastricht-Ziel von drei Prozent. Deshalb die Staats- und
Bankenhilfen pauschal zu verteufeln wäre trotzdem zu kurz gegriffen.
Wer nun behauptet, man hätte die Kommunalkredit im Herbst 2008 doch
einfach pleitegehen lassen sollen, macht es sich zu einfach. Schon
vergessen scheint die damalige Panik an den Finanzmärkten, die die
globale Realwirtschaft mit in den Abgrund zu reißen drohte. Ähnlich
verhält es sich mit den Folgen einer ungeordneten Staatspleite mitten
in Europa. Kritisieren sollte man die Regierung daher nicht für die
Rettungsbemühungen, sondern für ihr schleppendes Reformtempo. Auf ein
Bankeninsolvenzrecht wartet die Öffentlichkeit noch immer. Beim
Dauerbrenner Pensionen gibt es beinahe im Jahresrhythmus Änderungen,
jetzt gerade im Bereich der Invalidität. Zu einem großen Wurf setzt
man aber nie an, was dazu führt, dass jeder weiterhin die erstbeste
Ausstiegsmöglichkeit aus dem Erwerbsleben nutzt. Schließlich ist ja
im nächsten Jahr mit weiteren Verschlechterungen zu rechnen. Dabei
sind die Möglichkeiten, sinnvoll Kosten zu reduzieren, mannigfaltig.
Der Rechnungshof legt regelmäßig Schwachstellen offen. Erst am Montag
wurde ein Sparpotenzial von schlappen 1,4 Milliarden Euro bei den
Pensionen in der Sozialversicherung vorgerechnet. Gerade einmal zwei
Monate ist es her, dass dieselbe Stelle eine Vervierfachung
bestimmter Agrarförderungen aufdeckte, die ohne Rechtsgrundlage
vergeben wurden. Es sind also nicht nur Eurokrise und Banken an der
angespannten Haushaltslage schuld. In Aufschwungphasen, wie zuletzt
2011, gelingt es nie, einen Budgetüberschuss zu erwirtschaften. Das
alles führt dazu, dass die Schuldenquote auf 75 Prozent der
Wirtschaftsleistung klettert. Rechnet man die Verbindlichkeiten aller
ausgegliederten Bereiche dazu, liegt man sogar noch deutlich höher.
Im Vergleich mit den meisten anderen EU-Staaten liegt man damit zwar
noch immer recht passabel. Es gilt aber: Österreich ist der Einäugige
unter den Blinden. Für neue Impulse, die angesichts der stotternden
Wirtschaft nötig wären, fehlt der Spielraum. Denn auch ein
Konjunkturpaket muss man sich leisten können.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
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