Hagen (ots) - Der ideale Abgeordnete - er wäre wohl ein
eloquenter Redner im Parlament, der zugleich den Kontakt zur Basis
hält und sich in seinem 24-Stunden-Job für das Volk aufopfert.
Zeitgleich müsste er im Wahlkreis, also bei Schützen und Vereinen,
aufkreuzen, als auch in den parlamentarischen Ausschüssen
leidenschaftlich wirken. Natürlich müsste er Begehrlichkeiten von
Lobbyisten widerstehen und größte Distanz zu Wirtschaft und
Gewerkschaften halten. Soweit die Vorstellung.
Nun wissen
wir, dass es diesen Abgeordneten nicht gibt. Glücklicherweise. Denn
Selbstlosigkeit, Geduld und Enthaltsamkeit haben Grenzen. Auch unter
Parlamentariern, die immerhin Teil des Volkes sind. Und als solche
müssen sie vor allem einen Bezug zur Praxis haben. Dazu wäre ein
Beruf schon einmal hilfreich, auf jeden Fall sinnvoll ist der
Austausch von Argumenten auch außerhalb des Plenums. Vorträge und
Diskussionen dienen insofern auch der Selbst-Erdung. Genau wie das
parallele Ausüben weiterer Tätigkeiten - sofern es die Zeit zulässt.
Denn Unabhängigkeit hat viel damit zu tun, ein Leben nach der Politik
führen zu können.
Aus diesem Grund sind Nebentätigkeiten
grundsätzlich erst einmal nichts Ehrenrühriges. Allerdings hat der
Bürger ein berechtigtes Interesse zu erfahren, welchem Geldgeber ein
Abgeordneter möglicherweise verpflichtet ist. Nur, wenn die
wesentlichen Summen bekannt sind, kann der Wähler selbst entscheiden,
ob eine Stimmabgabe aus purer Überzeugung erfolgt oder durch andere
Erwägungen beeinflusst wurde. Die Verschleierung von Abhängigkeiten
schadet insoweit nicht nur dem Politiker, sondern dem Ansehen der
Parlamente. Daher dient mehr Transparenz am Ende dem Credo, dass ein
Abgeordneter frei ist in seiner Entscheidung.
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