Jede/r Fünfte in Deutschland von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen
Geschrieben am 23-10-2012 |
Wiesbaden (ots) - Etwa jede/r Fünfte (19,9 %) in Deutschland - das
sind rund 16 Millionen Menschen - war 2011 von Armut oder sozialer
Ausgrenzung betroffen (2010: 19,7 %). Dieser Indikator ist neben der
Armutsgefährdungsquote ein weiteres wichtiges Ergebnis der Erhebung
LEBEN IN EUROPA 2011, wie das Statistische Bundesamt (Destatis)
mitteilt. Armut oder soziale Ausgrenzung ist nach der Definition der
Europäischen Union (EU) gegeben, wenn bei den befragten Haushalten
eines oder mehrere der drei Kriterien "Armutsgefährdung", "erhebliche
materielle Entbehrung", "Haushalt mit sehr geringer
Erwerbsbeteiligung" vorliegen.
Im Jahr 2011 setzte sich der Indikator wie folgt zusammen: die
Armutsgefährdungsquote lag bei 15,8 %, 5,3 % der Bevölkerung waren
von erheblicher materieller Entbehrung betroffen, und 11,1 % der
Personen lebten in einem Haushalt mit sehr geringer
Erwerbsbeteiligung.
Die EU hat diesen Sozialindikator eingeführt, um die Fortschritte
der Europäischen Sozialpolitik bei der Verminderung von Armut und
sozialer Ausgrenzung in der EU, einem Kernziel der sogenannten
"Strategie Europa 2020", zu messen. Die Möglichkeiten der sozialen
Teilhabe sind bei den Betroffenen sehr eingeschränkt: Sie können aus
finanziellen Gründen heraus beispielsweise ihre laufenden Rechnungen
nicht begleichen, nicht mindestens jeden zweiten Tag eine vollwertige
Mahlzeit einnehmen, keine notwendigen Anschaffungen tätigen, sich
keine Urlaubsreise oder keinen Pkw leisten (siehe methodische
Erläuterungen).
Frauen waren mit einer Quote von 21,3 % im Jahr 2011 häufiger von
Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen als Männer (18,5 %).
Während die unter 18-Jährigen mit einer Quote von 19,9 % dem
Bundesdurchschnitt entsprachen, waren ältere Menschen ab 65 Jahren
seltener (15,3 %) und Personen zwischen 18 und 64 Jahren häufiger
(21,3 %) betroffen.
Weitere Ergebnisse aus LEBEN IN EUROPA 2011 sowie methodische
Erläuterungen und Publikationen sind auf den Internetseiten des
Statistischen Bundesamtes unter www.destatis.de im Bereich Zahlen &
Fakten -> Einkommen, Konsum, Lebensbedingungen -> Lebensbedingungen,
Armutsgefährdung verfügbar.
Das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften (Eurostat)
veröffentlicht die Ergebnisse aller an EU-SILC (European Union
Statistics on Income and Living Conditions) teilnehmenden Länder in
seiner Datenbank unter http://epp.eurostat.ec.europa.eu im Bereich
"Statistiken -> Bevölkerung und soziale Bedingungen -> Einkommen und
Lebensbedingungen -> Haupttabellen/Datenbank". Durchschnittswerte für
die EU-27 als Ganzes - zum Beispiel für den Anteil der von Armut oder
sozialer Ausgrenzung betroffenen Bevölkerung - sind derzeit noch
nicht verfügbar. Sie können von Eurostat erst dann ermittelt werden,
wenn die Ergebnisse aus allen 27 Mitgliedstaaten vollständig
verfügbar sind.
Für weitere amtliche EU-Statistiken steht der Europäische
Datenservice (EDS) unter http://www.eds-destatis.de zur Verfügung.
Die vollständige Pressemitteilung (inklusive PDF-Version) mit
Tabelle sowie weiteren Zusatzinformationen und -funktionen, ist im
Internet-Angebot des Statistischen Bundesamtes unter
www.destatis.de/presseaktuell zu finden.
Weitere Auskünfte gibt:
Silvia Deckl
Telefon: (0611) 75-8697
www.destatis.de/kontakt
Methodische Erläuterungen zur Erhebung LEBEN IN EUROPA sowie zur
Berechnung von Armutsgefährdung und sozialer Ausgrenzung:
EU-SILC (englisch: Community Statistics on Income and Living
Conditions) ist die EU-weit vergleichbare Datenquelle über Einkommen,
Armut und Lebensbedingungen in Europa. Für die Statistik gelten in
allen Mitgliedstaaten einheitliche Definitionen sowie methodische
Mindeststandards. Die amtliche Erhebung, deren Durchführung und
Aufbereitung den Mitgliedstaaten obliegt, wird in Deutschland seit
2005 jährlich unter der Bezeichnung LEBEN IN EUROPA durchgeführt.
Ein Kernindikator, der aus LEBEN IN EUROPA ermittelt wird, ist die
Armutsgefährdungsquote. Sie gibt an, wie hoch der Anteil der
armutsgefährdeten Personen an der Gesamtbevölkerung ist. Zur
Berechnung der Armutsgefährdungsquote wird zunächst das von allen
Haushaltsmitgliedern tatsächlich erzielte Haushaltseinkommen des
Vorjahres herangezogen (bei LEBEN IN EUROPA 2011 bezieht sich das
Haushaltseinkommen auf das Jahr 2010). Es setzt sich zusammen aus dem
Einkommen aus selbstständiger und unselbstständiger Erwerbstätigkeit,
dem Einkommen aus Vermögen, Renten und Pensionen sowie empfangenen
laufenden Sozialtransfers - wie zum Beispiel Arbeitslosengeld,
Sozialhilfe oder Kindergeld. Direkte Steuern und Sozialbeiträge sind
abgezogen. Dieses Haushaltseinkommen wird auf die Personen des
Haushalts nach einem Gewichtungsschlüssel (Äquivalenzskala) verteilt,
der unterschiedliche Haushaltsstrukturen berücksichtigt sowie den
Umstand, dass Personen in einem Haushalt durch das Zusammenleben
Einspareffekte bei den laufenden Kosten erzielen.
Die Äquivalenzskala weist jeder Person im Haushalt ein Gewicht zu.
Nach der modifizierten OECD-Skala, die bei EU-SILC angewendet wird,
erhält die erste erwachsene Person stets das Gewicht 1. Jede weitere
Person erhält ein Gewicht, das die Größenordnung des Mehrbedarfs
berücksichtigen soll, der durch diese Person entsteht: Weitere
Erwachsene und Kinder ab 14 Jahren erhalten das Gewicht 0,5, Kinder
unter 14 Jahren das Gewicht 0,3. So ergibt sich bei einer Familie mit
zwei Kindern unter 14 Jahren beispielsweise das Gesamtgewicht 2,1.
Das verfügbare Haushaltseinkommen wird nun durch die Summe der
Gewichte dividiert. Das so ermittelte Einkommen der Personen wird als
"bedarfsgewichtetes Äquivalenzeinkommen" bezeichnet und jeder Person
im Haushalt als persönliches Äquivalenzeinkommen zugeschrieben. Zu
beachten ist, dass es sich beim Äquivalenzeinkommen um eine fiktive
Rechengröße handelt.
Um das mittlere Einkommen zu ermitteln, wird der Median
(Zentralwert) verwendet. Dabei werden die Personen ihrem
Äquivalenzeinkommen nach aufsteigend sortiert. Der Median ist der
Einkommenswert derjenigen Person, die die Bevölkerung in genau zwei
Hälften teilt. Das heißt, die eine Hälfte hat mehr, die andere
weniger Einkommen zur Verfügung. 60 % dieses Medianwertes stellen den
Schwellenwert für Armutsgefährdung dar.
Im Frühjahr 2010 beschloss der Rat der Europäischen Union die
Strategie Europa 2020. Eines der Kernziele der Europäischen Union ist
dabei die Verminderung von Armut und sozialer Ausgrenzung. Für die
Messung der Gefährdungslagen wurden zusätzlich zur
Armutsgefährdungsquote zwei weitere Sozialindikatoren auf der
Grundlage von EU-SILC eingeführt: der Anteil der Bevölkerung mit
erheblicher materieller Entbehrung (auch: erhebliche materielle
Deprivation) und der Anteil der Personen, die in einem Haushalt mit
sehr geringer Erwerbsbeteiligung (auch: Erwerbslosenhaushalt) leben.
Erhebliche materielle Entbehrung liegt nach der EU-Definition für
EU-SILC dann vor, wenn aufgrund der Selbsteinschätzung des Haushalts
mindestens vier der folgenden neun Kriterien erfüllt sind:
1. Finanzielles Problem, die Miete oder Rechnungen für
Versorgungsleistungen rechtzeitig zu bezahlen.
2. Finanzielles Problem, die Wohnung angemessen heizen zu können.
3. Finanzielles Problem, unerwartete Ausgaben in einer bestimmten
Höhe aus eigenen finanziellen Mitteln bestreiten zu können.
4. Finanzielles Problem, jeden zweiten Tag Fleisch, Fisch oder
eine gleichwertige vegetarische Mahlzeit einnehmen zu können.
5. Finanzielles Problem, jährlich eine Woche Urlaub woanders als
zu Hause zu verbringen.
6. Fehlen eines Pkw im Haushalt aus finanziellen Gründen.
7. Fehlen einer Waschmaschine im Haushalt aus finanziellen
Gründen.
8. Fehlen eines Farbfernsehgeräts im Haushalt aus finanziellen
Gründen.
9. Fehlen eines Telefons im Haushalt aus finanziellen Gründen.
Ein Haushalt mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung liegt nach der
EU-Definition für EU-SILC dann vor, wenn die tatsächliche
Erwerbsbeteiligung (in Monaten) der im Haushalt lebenden,
erwerbsfähigen Haushaltsmitglieder im Alter von bis zu 59 Jahren
insgesamt weniger als 20 % ihrer potenziellen Erwerbsbeteiligung
beträgt. Ein Beispiel: Bei drei Erwerbstätigen zwischen 18 und 59
Jahren im Haushalt beträgt die potenziell mögliche Erwerbsbeteiligung
insgesamt 36 Erwerbsmonate im Einkommensjahr. Die Erwerbsbeteiligung
der drei Personen darf dann insgesamt den Wert "7,2 Erwerbsmonate" (=
20 % von 36 Monaten) nicht unterschreiten. Das wäre zum Beispiel
erfüllt (eine mögliche Variante), wenn eine der drei Personen
mindestens 7,2 Monate lang erwerbstätig war und die anderen beiden
Personen jeweils nicht erwerbstätig waren. Wird der Grenzwert von 7,2
Monaten in diesem Fallbeispiel unterschritten, so handelt es sich um
einen Haushalt mit sehr niedriger Erwerbsbeteiligung.
Armut oder soziale Ausgrenzung ist nach der EU-Definition für
EU-SILC dann gegeben, wenn eines oder mehrere der drei Kriterien
"Armutsgefährdung", "erhebliche materielle Entbehrung", "Haushalt mit
sehr geringer Erwerbsbeteiligung" vorliegen.
Rückfragen an obigen Ansprechpartner oder an:
Statistisches Bundesamt
Pressestelle
E-Mail: presse@destatis.de
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