"DER STANDARD"-Kommentar: "Vertrag mit doppeltem Boden" von Irene Brickner
Geschrieben am 23-10-2012 |
Die andere Seite des Asyl-Memorandums: Container und neues
Streitpotenzial (ET 24.10.2012)
Wien (ots) - Gute Absichten, viele Unterschriften - und jede Menge
Hintergedanken. So lassen sich der Inhalt des Memorandums zur
Asylwerberunterbringung und das, was darin zwischen den Zeilen steht,
trefflich charakterisieren.
Denn so begrüßenswert es auch ist, das notorische Streitthema
Asylwerberunterbringung zur Chefsache zu erklären, so einsichtig es
ist, mit Ende November eine Frist zu setzen, bis zu der eine
definierte Zahl neuer Wohnplätze für Flüchtlinge in den Bundesländern
geschaffen werden soll: Dieses Abkommen hat mehr als nur einen
doppelten Boden.
Tatsächlich sind zuletzt sechs der neun Bundesländer aufgrund der
notorischen Untererfüllung ihrer Asylwerberunterbringungsquote in der
Öffentlichkeit unter Druck geraten. Denn es sind zunehmend Kinder und
Jugendliche, die wegen des Plätzemangels in einem Lager wie
Traiskirchen ausharren müssen, statt altersadäquat in einer WG oder
einem Heim zu wohnen. Das wird, verständlicherweise, als ein
besonderer Skandal empfunden.
Um dieser Kritik zu entgehen, kaufen sich die sechs Bundesländer -
außer Wien, Niederösterreich und der Steiermark derzeit alle - mit
diesem erinnerungswerten Memorandum jetzt ein wenig Zeit. Und mit
ihren damit einhergehenden Zusagen kaufen sie sich vorübergehend auch
Sympathie: Guter Wille wird meist honoriert, auch wenn besagtes
Memorandum im Grunde auf eine Herabsetzung der
Asylwerberunterbringungsquote der Länder um 22 Prozent hinausläuft.
Bis Ende November sollen die Länder jetzt lediglich 88 Prozent
ihrer Verpflichtungen erfüllen, mehr nicht! Und wenn sie auch das
nicht zusammenbringen, was angesichts der Quotenerfüllungserfahrungen
seit 2004 nicht allzu weit hergeholt erscheint: Dann droht ihnen im
Dezember, wenn es immer kälter wird und Weihnachten naht,
wahrscheinlich eine Diskussion über die Aufstellung von
Asylwerbercontainern auf Liegenschaften des Bundes: Einer solchen
Hilfe bei der Flüchtlingsunterbringung haben die Ländervertreter mit
ihrer Unterschrift zugestimmt.
Doch woran liegt es, dass um Wohnraum für Flüchtlinge derart
gerungen wird? Warum tut sich ein Land wie Österreich, in dem -
Stichwort Tourismus - die Beherbergung Fremder gang und gäbe ist, bei
der Unterbringung von 1000 Asylwerbern derart schwer?
Dafür verantwortlich ist, erstens, die Unverbindlichkeit des
Regelwerks, welches dafür sorgen soll, dass es in den Bundesländern
ausreichend Plätze gibt: die
Bund-Länder-Grundversorgungsvereinbarung. Die von ihr Betroffenen,
die Asylwerber selbst, können aus ihr keine Rechte ableiten. Und der
Bund als Vertragspartner könnte laut dem Verfassungsrechtler
Bernd-Christian Funk bei Nichterfüllung lediglich eine
Feststellungsklage beim Verfassungsgerichtshof einreichen. Außer der
Bestätigung, dass hier ein Vertrag nicht eingehalten wird, hätte das
keine Folgen.
Diese Unverbindlichkeit ist politisch gewollt, denn anders wäre
der Unterbringungsvertrag wohl überhaupt nicht zustande gekommen.
Doch sie hat auch - zweitens - mit dem extrem schlechten Image der
Asylwerber in Österreich zu tun, das seit Jahrzehnten zelebriert, von
menschenrechtsunsensiblen Medien verbreitet wird. Daher will niemand,
der nicht unbedingt muss, offiziell Verantwortung für Flüchtlinge
übernehmen. Die Unterbringungskrise ist hausgemacht.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
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