DER STANDARD - Kommentar "Interventionen auf österreichisch" von Michael Völker
Geschrieben am 29-10-2012 |
Das Geschäft mit den Nachrichten: Natürlich wird auch gedroht
- Ausgabe vom 30.10.2012
Wien (ots) - Natürlich wird interveniert. Auch gedroht. Im ORF und
anderswo. Üblicherweise ist das aber gar nicht notwendig. Es geht
auch ohne anzurufen, ohne zu drohen. Bei manchen Redakteuren im
Öffentlich-Rechtlichen funktioniert die Schere im Kopf in Eigenregie.
Der vorauseilende Gehorsam als Teil der Job-Description,
verinnerlicht durch jahrelange Übung.
Das wichtigste Schlachtfeld der politischen Interventionen findet
sich am Küniglberg: Es ist das Fernsehen, das wichtigste Medium und
das wirkungsvollste. Die Begehrlichkeiten aus der Politik treffen den
ORF auch deshalb so wuchtig, weil er quasi der Republik gehört.
Daraus ergibt sich für viele Politiker und deren Pressesprecher ein
grundlegendes Missverständnis: Sie meinen, der ORF gehöre im
übertragenen Sinne ihnen, sie könnten hier Eigentümerrechte geltend
_machen, auf das Objektivitätsgebot pochen, ganz subjektiv natürlich.
Interventionen passieren da ganz beiläufig, ohne Androhung von
Konsequenzen. Man weiß ja, an wen man sich wenden muss. Viele
Redakteurinnen und Redakteure sind politisch zuordenbar. Wer Karriere
machen will, muss "verlässlich" sein. Rot, schwarz.
Kaum eine oder einer hält das Fähnchen der Unabhängigkeit hoch, das
wird allzu oft als Mangel missinterpretiert: Da hat er keine
Insider-Kontakte, kommt sie an keine Infos heran. Gehört nicht dazu.
Ein paar wenige deklarierte Grüne und Freiheitliche gibt es übrigens
auch. Und natürlich weiß auch ein Peter Pilz, wo er anrufen muss,
wenn er vorkommen will.
Der Aufstand gegen die Bestellung von Niko Pelinka als Büroleiter von
ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hat offenbar vielen Mut
gegeben, politische Einflussnahme nicht als selbstverständlich
hinzunehmen. Aber mittlerweile funktioniert das Geschäft mit den
Nachrichten wieder reibungslos. Man kennt einander ja.
Ungeniert interveniert wird interessanterweise in der Austria Presse
Agentur, kurz APA, die im Eigentum verschiedener österreichischer
Medien steht und schon Kraft dieser Eigentumsverhältnisse die
Unabhängigkeit hochhält. Nach Schilderung von dort beschäftigten
Kolleginnen und Kollegen kühlen sich bei der APA regelmäßig
Politikvertreter ihr Mütchen, wenn sie eine bestimmte
Berichterstattung einfordern oder verhindern wollen.
In Deutschland ist vergangene Woche ein CSU-Sprecher zurückgetreten,
weil er bei einer ZDF-Informationssendung interveniert hat. Angeblich
wollte er einen Beitrag über die SPD und deren Spitzenkandidaten, den
Münchner Oberbürgermeister Christian Ude, verhindern. In Österreich
ist wegen solch dreister Interventionen noch niemand zurückgetreten.
Im Gegenteil: Da würde dem forschen Sprecher im Kollegenkreis
aufmunternd auf die Schulter geklopft.
Viel übler als die manchmal auch dümmlichen Drohungen sind aber jene
Interventionen, die darauf abzielen, die wirtschaftliche Existenz von
Medien anzugreifen. Der Verweis, man müsse in dieser Tageszeitung ja
nicht mehr inserieren, erfolgt oft sehr subtil. Kann aber in der Tat
sehr schmerzhaft sein, der Standard weiß das.
Es ist eine Vision: dass Politik eine Botschaft hat, dass Politiker
etwas zu sagen haben, dass es Inhalte, Werte und Überzeugungen gibt,
dass es eine Streitkultur gibt - und nicht nur Sprechblasen. Dann
wären Interventionen hinfällig.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
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