WAZ: Mythos Rommel. Kommentar von Christopher Onkelbach
Geschrieben am 31-10-2012 |
Essen (ots) - Genialer Stratege, wagemutiger Truppenführer,
pflichtbewusster Soldat, Bewunderer und Liebling Hitlers, und am Ende
ein gescheiterter, verzweifelter Soldat, dem Hitler den Selbstmord
befahl. Erwin Rommels Mythos hat den Untergang des Nazi-Regimes
überlebt, die Legende vom anständigen General wird bis heute erzählt.
Wie kann das sein? Womöglich ist es so: Die Menschen suchen im
Rückblick stets das Gute im Bösen. Um sich mit dem Grauen der
Vergangenheit und dem Horror vor der eigenen Geschichte leichter
versöhnen zu können. Um vielleicht eine Spur von Sinn, von
Menschlichkeit in der Sinnlosigkeit des großen Schlachtens zu finden.
Rommels Leben eignet sich dafür wie wohl kaum ein zweites prominentes
Schicksal dieser Zeit. Es hat tragische, beinahe faustische
Dimensionen. Er ist schuldig geworden als Hitlers Stratege, der für
seinen Ehrgeiz, für einen Sieg selbstverständlich über Leichen ging,
der an Hitlers verbrecherische Visionen glaubte, seine Pläne
verwirklichen half und dessen Aufmerksamkeit genoss. Seine rasante
Karriere streichelte seine militärische Eitelkeit. Nicht schuldig war
er allerdings an Hitlers Wahn, die Juden vernichten zu wollen, als
Antisemit galt er nicht, doch aktiv behindert hat er die
Vertreibungen nicht. Auch der furchtbare Terror an der
Zivilbevölkerung, den deutsche Soldaten im Russlandfeldzug verübten,
wird mit seinem Namen nicht in Verbindung gebracht. Ähnliches geschah
in der Wüste Afrikas nicht. Auch dadurch erscheint er bis heute als
Fremdling in der Mordmaschinerie der Nazis. Was wäre von der Legende
geblieben, hätte er im Osten kämpfen müssen? Hitlers Zyankalikapsel
machte aus ihm schließlich noch einen Märtyrer. Die historische
Forschung zeigte, dass seine Mitwirkung im Widerstand des 20. Juli
wohl geringer war, als es die Nachwelt hoffen wollte. Das verdunkelte
das Licht auf seine Heldengestalt. Doch Mythen zeichnen sich dadurch
aus, dass Fakten ihnen wenig anhaben können. Dass ihn sein
militärischer Ehrgeiz mehr interessierte als die Ideologie der Nazis,
macht seine Verstrickung aus. So diente der Unpolitische dem
Unrechtsregime. Rommel, des Teufels tragischer General - großer
Filmstoff ist das allemal.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
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