Lausitzer Rundschau: Der Merkel-Dackel
Zu den Ergebnissen des Koalitionsgipfels
Geschrieben am 05-11-2012 |
Cottbus (ots) - In Autos gab es früher den Wackeldackel. Das
Hartplastiktier lag fest auf der Hutablage. Die beweglichen Teile,
der Kopf und bei einigen Ausführungen auch der Schwanz, wackelten mit
dem Auf und Ab des Fahrzeugs. Lustig. Bei der schwarz-gelben
Koalition ist es andersherum. Da wackelt der Schwanz mit dem Hund.
Diese Regierung ist der "Merkel-Dackel". Die kleinen Parteien, CSU
und FDP, regieren die große. Nicht lustig. Das schlimmste Beispiel
dafür ist das am Sonntag beschlossene Betreuungsgeld: Es widerspricht
klar der modernen Familienpolitik der CDU. Es widerspricht auch der
modernen Bildungs- und Integrationspolitik Angela Merkels und ihrer
Partei. Statt das aber intern mit der kleinen Schwesterpartei
auszufechten, kommt es nun doch. Weil sich niemand traut, einer CSU,
die sich darin inzwischen regelrecht verrannt hat, ein Jahr vor ihrer
wichtigen Landtagswahl zu widersprechen. Der Schwanz wedelt mit dem
Hund. Beispiel Praxisgebühr: Natürlich, sie hat ihre Lenkungswirkung
verfehlt. Aber wenn sie nun sang- und klanglos abgeschafft wird, so
ganz ohne Ersatz, dann ist das bloß ein Geschenk an die FDP. Die will
ihre Ärzte gerne von den Bürokratiekosten entlasten und ebenso gerne
bei den Patienten mit dieser Gabe glänzen. Wie man aber von
durchschnittlich über 18 Arztbesuchen pro Jahr und Patient auf
erträglichere Zahlen herunterkommt, um die Kosten zu dämpfen, das
interessiert offenbar niemanden mehr. Schwanz und Hund. Beispiel
Rente: Was da beschlossen wurde, gibt in einem komplizierten
Verfahren etwa 35 000 Menschen in Deutschland, die ein Leben lang
hart gearbeitet haben, etwa zehn bis 15Euro im Monat
zusätzlich. Das soll sich Bekämpfung der Altersarmut nennen? Das soll
der von den CDU-Frauen geforderte Ausgleich für das Betreuungsgeld
sein? Es ist lächerlich. All die wirklich wichtigen offenen Probleme
der Alterssicherung, von der Anerkennung der Kindererziehungszeiten
bis zur Einführung einer allgemeinen Lohnuntergrenze, bleiben
ungelöst. Der Ablauf dieses Gipfels war symptomatisch für die
komplette bisherige Legislaturperiode: Erst wochenlanges öffentliches
Gezerre statt stille, lösungsorientierte Politik. Dann eine lange
Nacht der Messer, mit dem üblichen Poker und mit einer wie immer
moderierenden Kanzlerin. Dann ein Ergebnis, das ein Formelkompromiss
auf sieben Seiten ist, der wenig bewegt und morgen schon wieder im
Streit zerredet wird. Einen Unterschied zu früheren Gipfeln gab es am
Sonntag allerdings: Es wurde am Tag danach gar nicht erst versucht,
ihn als großen Neuanfang, als schwarz-gelbes "Jetzt geht's los" zu
verkaufen. Denn die Luft ist endgültig raus. Uneingeschränkt positiv
zu werten ist als Einziges die Absichtserklärung, ab 2014 einen
strukturell ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Das war angesichts
der sprudelnden Steuereinnahmen jedoch auch der am leichtesten zu
treffende Beschluss. Und er ist zufällig auch der einzige Beschluss,
bei dem diese Koalition nicht sofort ihre Ernsthaftigkeit beweisen
muss. Wahrscheinlich gar nicht mehr. Denn niemand will dieses
Regierungsbündnis noch einmal.
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