BERLINER MORGENPOST: Häme ist der erste Schritt zu Mobbing
Hajo Schumacher über mangelnden Respekt gegenüber Zugbegleitern
Geschrieben am 10-11-2012 |
Berlin (ots) - Wer gelegentlich die Bahn benutzt, der weiß, was
Gruppendynamik ist. Schon vor der Durchsage feixt ein Teil der
Passagiere: Jetzt ist es gleich wieder so weit. Zugbegleiter bieten
selten Oxford-Englisch dar, bisweilen schwingt ein sächsischer oder
friesischer Akzent mit. Grund genug für Gewieher des
Bildungsbürgerkollektivs, wo in acht Sprachen fließend parliert wird.
Zusammengeschusterte Bücher der Sorte "Senk ju für träwelling"
erobern zuverlässig die Bestsellerliste. Ja, man kann unperfektes
Englisch lustig finden. Muss man aber nicht. Der Kern dieser Art
Humor hat mit Häme zu tun, mit billigem Überlegenheitsgefühl, mit
fehlendem Respekt. Verächtlichmachen im Rudel ist der erste Schritt
zum Mobbing. Dieses Prinzip funktioniert in der Schulklasse ebenso
wie im Eisenbahnwaggon. Bahn-Mitarbeiter arbeiten hart, sie müssen
aufgebrachten Kunden Verspätungen erklären, balancieren Tabletts mit
Getränken und Speisen durch die Gänge und dürfen sich dafür über 2000
Euro brutto freuen. Statt sich über sprachliche Holperer zu mopsen,
könnte der Fahrgast, der mit dem Supersondersparpreis-Ticket durch
die Republik reist, einfach mal anerkennen, dass da jemand Tag für
Tag Dienst leistet an oftmals ungehaltenen Kunden. Zufall oder nicht:
Ein interner Bericht der Bahn weist eine ständig wachsende Anzahl von
Übergriffen gegen Mitarbeiter aus. Eine Zugbegleiterin wird
verprügelt und zwei Monate später angespuckt, weil sie Fahrkarten
kontrollierte. In München wird ein Schaffner auf die Gleise
geschubst, am S-Bahnhof Wannsee wird ein Lokführer krankenhausreif
geschlagen. Die Gewalt gegen Bahn-Mitarbeiter nimmt zu, im Zug wie
auf dem Bahnsteig. Es wäre voreilig, die Schläger als verlängerten
Arm der Lacher anzusehen. Aber natürlich fällt Gewalt leichter, wenn
man es mit einer verspotteten Berufsgruppe zu tun zu haben glaubt.
Natürlich ist am öffentlichen Dienst manches verbesserungswürdig, auf
allen Ebenen. Sicher gibt es auch eine Reihe von Mitarbeitern, für
die schon Dienst nach Vorschrift eine Zumutung bedeutet. Andererseits
ist dem Funktionieren des Gemeinwesens wenig gedient, wenn die
Gesellschaft es schick findet, sich über Zugbegleiter, Lehrer,
Polizisten, Flugpersonal zu erheben. Es gab Zeiten, da ließ sich mit
einem Schaffner-Einkommen die Familie halbwegs ernähren. Und ein
wenig Anerkennung gab es auch. Wie will man einem Azubi im Jahre 2012
dagegen erklären, dass es eine sinnvolle und anerkannte Aufgabe sei,
sein Arbeitsleben in einer rollenden Röhre zu verbringen, wo die
Kundschaft nur darauf wartet, draufloswiehern zu können. Der neue
alte US-Präsident Obama hat den Kampf gegen eine auseinanderdriftende
Gesellschaft als sein wichtigstes Ziel benannt. Solche Klüfte
durchziehen auch das deutsche Miteinander, nicht nur zwischen hohen
und niedrigen Einkommen, sondern auch zwischen respektvollem und
respektlosem Umgang. Man muss nicht jeden Lehrer, jeden Schaffner
sofort umarmen. Aber vielleicht mal in Ruhe lassen.
Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
428316
weitere Artikel:
- Der Tagesspiegel: Nach Niederlage: Künast sichert neuem Grünen-Führungsduo Rückendeckung zu Berlin (ots) - Berlin. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im
Bundestag, Renate Künast, hat die Partei nach der Entscheidung für
das Spitzenteam Göring-Eckardt/Trittin zur Geschlossenheit
aufgerufen. "Die Partei hat mit hoher Beteiligung in der Urwahl über
unsere Aufstellung für den Wahlkampf entschieden", sagte Künast dem
in Berlin erscheinenden Tagesspiegel am Sonntag. "Die beiden haben
jetzt das starke Votum der Partei im Rücken, und wir alle gemeinsam
haben den Auftrag, im Wahlkampf die Regierung Merkel abzulösen. Ich
werde mehr...
- Sonntag aktuell: Kommentar zur Urwahl bei den Grünen: Stuttgart (ots) - Es gibt eine große Verliererin: Claudia Roth.
Sie hatte der Quote wegen ihre Gegenkandidatur zu Trittin angemeldet.
Dass sie nur 26 Prozent der Stimmen bekam, schwächt sie auch als
Vorsitzende. Entweder sie wird auf dem Parteitag nächsten Samstag mit
krachender Mehrheit wiedergewählt, oder sie kann einpacken. Bei der
Urwahl also ging es vor allem um Personen, nicht darum, mit welchem
Kurs die Partei wahlkämpfen soll. Eine Grünen-untypische
Reihenfolge, die noch Ärger nach sich ziehen kann.
Pressekontakt: mehr...
- LVZ: Innenminister Ulbig: Volle Unterstützung für Extremismus-Abwehrzentrum / Kampf gegen Rechtsextremismus "darf kein Lippenbekenntnis sein" Leipzig (ots) - Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) hat
seine Länderinnenministerkollegen im Streit um das neue
Extremismus-Abwehrzentrum aufgerufen, zu handeln statt um
Zuständigkeiten oder Abgrenzungen zu streiten. Gegenüber der
"Leipziger Volkszeitung" (Montag-Ausgabe) sagte Ulbig: "Der Kampf
gegen den Rechtsextremismus muss konsequent, länderübergreifend und
vernetzt geführt werden. Das darf aber kein Lippenbekenntnis sein,
sondern wir müssen die notwendigen Instrumente dafür schaffen." Zuvor
hatte es Unmut bei diversen mehr...
- Neue Westfälische (Bielefeld): Sängerin Stefanie Heinzmann kann zu viel Elend in den Nachrichten nicht ertragen Bielefeld (ots) - Sängerin Stefanie Heinzmann kann zu viel Elend
in den Nachrichten nicht ertragen. "Ich bin tatsächlich zu sensibel,
um mich jeden Tag mit dem Thema Krieg auseinander zu setzen. Sonst
würde ich irgendwann die Welt und uns als Menschen so in Frage
stellen, dass ich nichts mehr klarkriegen würde. Das ist, als wenn
man versucht, über das Universum nachzudenken und irgendwann ganz
nervös wird, weil man es nicht versteht", sagte die Sängerin der in
Bielefeld erscheinenden Neuen Westfälischen (Wochenendausgabe).
Pressekontakt: mehr...
- Märkische Oderzeitung: Märkische Oderzeitung: Russlandbeauftragter Schockenhoff erwartet offenen "Petersburger Dialog" Frankfurt/Oder (ots) - Frankfurt(Oder) Von dem am Mittwoch
beginnenden diesjährigen russisch-deutschen Treffen im Rahmen des
"Petersburger Dialogs" erwartet der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas
Schockenhoff einen "offenen und nicht gelenkten Meinungsaustausch".
In einem Gespräch mit der Märkischen Oderzeitung" (Montagausgabe)
weist der Koordinator der Bundesregie für die deutsch-russische
zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit die vom Kreml an ihm geäußerte
Kritik, dass er Russland verleumde, zurück. "Ich verweise darauf,
dass sich mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|