Lausitzer Rundschau: Überfällige Transparenz
Zum neuen Nationalen Waffenregister
Geschrieben am 19-11-2012 |
Cottbus (ots) - Niemand kann zuverlässig sagen, wie viele
Schusswaffen in Deutschland legal in Umlauf sind und wer sie besitzt.
Demgegenüber ist aber bekannt, wie viele Autos auf den Straßen fahren
oder wie viele Menschen einen Hund haben. Das ist absurd.
Ausgerechnet in einem äußerst sensiblen Bereich, den Waffen, herrscht
eine für dieses Land untypische Unordnung. Das neue Register ist
daher dringend notwendig. Nun wird es die längst überfällige
Transparenz endlich geben. Die Polizeibehörden werden dann
hoffentlich genaue Kenntnis über die Anzahl legaler Waffenbesitzer
und den Verbleib der Schusswaffen in Deutschland bekommen. Und bei
einem Online-Zugriff auf die Datei werden Polizisten sofort wissen,
ob Pistolen im Spiel sein könnten, wenn sie zum Beispiel zu einem
Familienstreit gerufen werden. Das stärkt die persönliche Sicherheit.
Allerdings lässt sich nicht beiseite schieben: Erst musste es zu
Katastrophen kommen, nämlich den Amokläufen von Erfurt und Winnenden,
bis die Politik reagiert hat. Warum der Staat so lange zögerte, um
sich mit einem zentralen Register eine Übersicht über die privaten
Waffenarsenale zu verschaffen, ist auf den ersten Blick schleierhaft.
Wenn man jedoch bedenkt, wie stark die Waffenlobby auch hierzulande
ist, ist man der Lösung dieses Rätsels schon ziemlich nahe. Hinzu
kommt noch ein anderer Punkt: Der Druck auf die Politik ist auch
durch den Wegfall der Grenzen in Europa immens gestiegen. Pistolen
von einem ins andere Land zu bringen, ist offenbar kinderleicht.
Insofern ist es nur richtig, wenn die EU darauf drängt, die Register
europaweit einzuführen. Die neue Datensammlung wird aber nur
funktionieren, wenn für deren Aufbau vor allem in den Kommunen mehr
Personal zur Verfügung steht. Außerdem muss man bedenken: Durch das
Register wird ein viel größeres Problem nicht gelöst - nämlich der
Besitz unerlaubter Waffen außerhalb jeder staatlichen Kontrolle. Die
These, dass jede illegale Pistole irgendwann einmal eine legale
gewesen sein müsse, kann da nicht beruhigen. Weil sie auch nicht ganz
stimmig ist, wenn man bedenkt, wie groß der Schwarzmarkt inzwischen
ist, auf dem Waffen aus aller Welt gehandelt werden. Und auch die
Tatsache, dass Deutschland innerhalb Europas bereits über die
schärfsten Gesetze verfügt, ist wenig ermutigend. Denn immer noch
können im benachbarten Ausland Pistolen oder Gewehre frei erworben
werden, die hier verboten sind. Kontrollen, Amnestieregelungen, mehr
Personal, das sind die Antworten, mit denen die deutsche Politik
bisher versucht hat, die Waffenflut mehr schlecht als recht
einzudämmen. Doch ohne ein koordiniertes, europäisches Vorgehen geht
es nicht. Und dann muss auch die Frage von Verboten bestimmter Waffen
wieder in den Vordergrund rücken.
Pressekontakt:
Lausitzer Rundschau
Telefon: 0355/481232
Fax: 0355/481275
politik@lr-online.de
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