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Börsen-Zeitung: Aus der Schublade, Kommentar zur Aktienrechtsnovelle, von Angela Wefers.

Geschrieben am 29-11-2012

Frankfurt (ots) - Auch wenn der Politik der Ruf vorauseilt, sie
debattiere viel und komme nur langsam voran: Mehr als ungewöhnlich
ist es schon, wenn zwischen Kabinettsbeschluss und erster Lesung im
Bundestag fast ein Jahr vergeht. Dieses Schicksal hat indessen die
"kleine Aktienrechtsnovelle" ereilt. Der Bundestag setzte den Entwurf
nun endlich auf die Tagesordnung, behandelte ihn aber ohne Debatte -
und flog damit unter dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung hindurch.

Dabei muss sich die Novelle überhaupt nicht verstecken. Sie bringt
zwar keine Revolution im Aktienrecht und will es auch nicht. Sie
beseitigt aber eklatante Defizite bei der Kapitalbeschaffung von
Unternehmen, die in der Finanzkrise offenbar geworden sind. Die
Reform legt die gesellschaftsrechtliche Basis, damit sich Unternehmen
künftig besser gegen Krisen wappnen können.

Dabei geht es um die Erkenntnis, dass prozyklische Effekte eine
Krisenlage noch verschärfen können. Dies trifft besonders für Banken
und Finanzinstitute zu. Hat ein Unternehmen Contingent Capital -
sozusagen Kapital für alle Fälle -, kann es in einer Notsituation
darauf zurückgreifen und seine Widerstandskraft stärken. Der
Gesetzentwurf regelt nun ausdrücklich, dass auch der Schuldner einer
Wandelanleihe das Recht auf Wandlung hat, und senkt den Aufwand für
Pflichtwandlungen. Das Gesetz ebnet damit den Weg für einen
geräuschlosen Debt-Equity-Swap - etwa wenn bestimmte
Eigenkapitalvorgaben verletzt würden. Ähnliche Überlegungen treffen
auf die neue Gattung nicht nachzahlbarer Vorzugsaktien zu. Ohne die
Pflicht, Dividenden nachzuzahlen, können diese Aktien als Kernkapital
dienen.

Zwischen Kabinettsbeschluss und der Beratung im Bundestag gab es
keine inhaltlichen Änderungen, weil die Technik eines
Gesetzgebungsverfahrens diese gar nicht zulässt. Dies bleibt den nun
anstehenden Beratungen im Rechtsausschuss vorbehalten. Dort plant die
schwarz-gelben Koalition, den Entwurf um Verfahrenserleichterungen im
Umwandlungsrecht wirtschaftsfreundlich zu ergänzen - nicht ganz so
sehr, wie die Wirtschaft es wünscht, aber immerhin. Um dies "in einem
Aufwasch" mit der Aktienrechtsnovelle beraten zu können, musste diese
so lange wieder in die Schublade und warten. Etwas unverständlich
bleibt dennoch, warum die Koalition ein durchaus nach vorn
gerichtetes Gesetz so stiefmütterlich behandelt. Sie könnte doch
damit in der Debatte über nötige Reformen in der Finanzkrise herrlich
punkten.

(Börsen-Zeitung, 30.11.2012)



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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