Suchtärzteverband DSÄ: Laissez Faire-Mentalität im Münchner Jugendamt / Kinder in Drogenhaushalten müssen geschützt werden
Geschrieben am 04-12-2012 |
Kiel (ots) - Mit Unverständnis reagiert der Dachverband der
substituierenden Ärzte Deutschlands e.V. (DSÄ) auf eine abwiegelnde
Stellungnahme der Leiterin des Jugendamts München, Maria Kurz-Adam,
zum Thema Kindeswohlgefährdung in Drogenfamilien.
In einem Radio-Interview des BR (gesendet am 20.11.2012) sagte
Kurz-Adam zu einer Forderung des Münchner CSU-Stadtrats Marian
Offman, der flächendeckende Haartests bei Kindern in Drogenhaushalten
verlangt: "Drogenabhängige oder Drogenkranke unter Generalverdacht zu
stellen, dass durch sie eine Kindeswohlgefährdung stattfindet, das
ist ein Schritt, den tun wir nicht, sondern wir tun es dann, wenn wir
sehen, es gibt tatsächlich etwas Kindeswohlgefährdendes."
Hintergrund: Stadtrat Offman ist mit seiner Forderung nicht
allein. Auch der Bremer Substitutionsarzt Dr. Wieland Tietje und der
Münchner Labormediziner und Toxikologe Dr. Hans Sachs forderten in
einer Pressemitteilung am 14.11.2012 Haaranalysen bei Kindern in
Münchner Drogen-Haushalten. Etwa 1.800 Kinder dürften betroffen sein,
schätzte die Stadt im Jahr 2005. Es wird jedoch allgemein angenommen,
dass die Dunkelziffer wesentlich höher ist.
Dr. Ingo Rempel, Suchtmediziner in Kiel und Generalsekretär des
DSÄ, erklärt zur Reaktion von Frau Kurz-Adam:
"Screenings in Bremen, Hamburg, Frankfurt und Köln haben belegt,
dass Kinder substituierter Opiatkranker mit Drogen bzw.
Drogenersatzstoffen und auch mit verschreibungspflichtigen
sedierenden Substanzen kontaminiert werden. Drogenabhängigkeit ist
eben nicht 'nur' die Abhängigkeit von illegalen Drogen, sondern
zugleich eine Erkrankung mit erheblicher Veränderung der
Hirnleistung. Insbesondere die Belastbarkeit für Frustrationen ist
bei diesen Patienten verringert. Hinzu kommt, dass deren Kinder
oftmals bereits in der Schwangerschaft mit Drogen, Ersatzdrogen und
Nikotin im Mutterleib geschädigt wurden und oft mit massiven
Entzugsproblemen in ihr erstes Lebensjahr starten. Derart
vorgeschädigte Kinder belasten die Eltern in mehrfacher Weise.
Entsprechend gesundheitsschädlich wirken Maßnahmen zur Ruhigstellung
mit Drogen."
Aus Bremen und Köln liegen Hinweise vor, dass opioidabhängige
Eltern ihre Kinder mit Drogen wie z. B. Heroin oder
Drogenersatzstoffen wie Methadon in Kontakt gebracht haben. In den
Haaren untersuchter Kinder waren Drogen und Drogenersatzstoffe
nachgewiesen worden. Besonders da nicht geklärt ist, wie diese Drogen
in den Körper oder in die Haare der Kinder gelangt sind, liegt die
Annahme einer erheblichen Gefährdung des Kindeswohls vor.
Nicht zuletzt belegt der Fall der an Methadon verstorbenen
elfjährigen Chantal aus Hamburg, dass man sich dringend um Kinder und
Eltern in suchtbelasteten Familien kümmern muss.
Der Dachverband der substituierenden Ärzte Deutschlands e.V. setzt
sich regional und bundesweit für alle Belange der niedergelassenen
Substitutionsärzte ein. Dazu gehören die Qualität der Substitution,
Rechtssicherheit für die substituierenden Ärzte sowie deren
angemessene Honorierung. Dabei steht der Verband in allen Fachfragen
in regem Kontakt zu anderen Disziplinen.
Pressekontakt:
Dachverband substituierender Ärzte Deutschlands e. V.,
Generalsekretär Dr. Ingo Rempel, Hasseldieksdammer Weg 29, 24114
Kiel, Tel.: +49 151 42505006, E-Mail: doc.rempel@gmx.de
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