DER STANDARD-Kommentar "Verzweifeln am ORF" von Harald Fidler
Geschrieben am 10-12-2012 |
Bevor der Küniglberg von allen Gebühren fordert, muss er
klären, wofür er da ist
Wien (ots) - Wem da nicht Hören und Sehen vergeht, der zweifelt
am Verstand. Am eigenen oder dem des ORF. Das zeigt schon ein Detail.
Der Rechnungshof riet dem ORF etwa 2008, sein Gebäudemanagement
auszulagern und so 4,3 Millionen Euro zu sparen. Auch noch 2012
vermissen die Staatsprüfer die Ausgliederung._Der ORF entgegnet, er
habe da aber 1,35 Millionen über drei Jahre gespart. Noch kein Grund
zu zweifeln. Wären da nicht mehr als hundert freie
Programmmitarbeiter. Die meisten von ihnen produzieren jene
öffentlich-rechtlichen Programme, mit denen der ORF rund 600
Gebührenmillionen rechtfertigt. 500.000 Euro: So viel mehr soll
ORF-General Alexander Wrabetz diesen Mitarbeitern geboten haben, um
ihre prekären Arbeitsverhältnisse zu verbessern, zu normalisieren, ja
menschenwürdig zu machen. Zugleich aber kürzt der ORF Sendungsbudgets
- und damit auch Honorare. Das könnte auf 500.000 Euro weniger
hinauslaufen. Wer von Honoraren des ORF abhängt, zweifelt da nicht
mehr. Der verzweifelt. Oder eher: Die verzweifelt. Der Großteil der
prekär bezahlten Freien im ORF sind Frauen. Rechnete der Rechnungshof
richtig, könnte der ORF allein 860.000 Euro pro Jahr einsparen, indem
er seine Gebäudemanager auslagert. Freie Mitarbeiter produzieren
mehr als die Hälfte des Ö1-Programms zumindest mit. In den
TV-Kulturmagazinen sorgen sie für ein Drittel der Beiträge. Diese
Kernaufgaben eines öffentlich-rechtlichen Senders wirken vor einem
Panorama aus US-Serien und -Filmen, Massensport, Shows und Dokusoaps
nach meist privaten Vorbildern oft wie Feigenblätter. 30 der 600
Gebührenmillionen fürchtet der ORF nun zu verlieren: Laut Gesetz muss
ihm die Republik nur bis 2013 einen Teil der Gebührenbefreiungen
abgelten. Also droht der ORF wie alle paar Jahre, etwa wenn er höhere
Gebühren will, mit Kürzungen. Die APA schreibt auf der Basis der
ORF-Finanzvorschau, ohne weitere Abgeltung "müsste der Sender wohl
auf den Kernauftrag fokussieren" und "Zusatzverpflichtungen
überprüfen". Geld für österreichische Produktionen meint der ORF da;
für Produzenten, die stets laut für ihre Überweisungen eintreten.
Untertitel und Audiokommentare, weil Behindertenverbände ebenso laut
protestieren. Und er droht zu Sparen an ORF 3 - wo der Sender Info
und Kultur lieber pflegt als in Hauptprogrammen. Nur: Information und
Kultur, österreichische Produktion und Service für Hör- wie
Sehbehinderte sind keine Zusatzverpflichtungen. Das ist ein
Kernauftrag. Der ORF aber "fokussiert" 2013 mehr als 30 Millionen auf
Massensport: Olympische Winterspiele, Fußball-WM, vielleicht kann man
die österreichische Bundesliga dazuzählen. All das zeigen auch
Privatsender gerne, ganz ohne Gebühren. Gleich nach der
Gebührenabgeltung wünscht sich der ORF eine Haushaltsabgabe wie in
Deutschland und der Schweiz: Jeder Haushalt muss für die öffentliche
Aufgabe Rundfunk zahlen, ob er ihn empfangen kann oder nicht. Eine
gute Gelegenheit, die öffentliche Aufgabe vom vagen "Information,
Kultur, Unterhaltung, Sport" zu fokussieren. Und eine Gelegenheit für
den ORF, sich zu überlegen, ob Verwaltung und Technik seine Existenz
rechtfertigen oder doch vor allem Programm, das sich klar von
Privaten unterscheidet. Damit der Verstand gleich erkennt, wofür es
diesen ORF gibt.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
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