Badische Neueste Nachrichten: unerledigte Hausaufgaben
Geschrieben am 26-12-2012 |
Karlsruhe (ots) - Für Angela Merkel war es die perfekte Lösung.
Ein Mann in der Spätphase seines politischen Schaffens, erfahren,
durchsetzungsfähig und mit einer natürlichen Autorität gesegnet, die
aus Kollegen Bittsteller macht und aus einem Haushaltsentwurf eine
Bibel der Sparsamkeit. Ihr neuer Finanzminister, das wusste die
Kanzlerin, würde keine Skrupel haben, sich unbeliebt zu machen und
der FDP ihre Flausen schon austreiben. Eine große Steuerreform mitten
in der Schuldenkrise? Doch nicht mit Wolfgang Schäuble! Drei Jahre
später geht es Deutschland so gut wie kaum einem Land sonst in
Europa, was nicht zuletzt dem besonnenen Krisenmanagement der
Kanzlerin und des Finanzministers zu verdanken ist. Auf der
Soll-Seite der Koalition aber stehen neun Monate vor der Wahl noch
immer drei unerledigte Vorhaben, die entweder direkt in Schäubles
Verantwortung fallen oder aktiv von ihm gebremst werden: der Abbau
der kalten Progression, bei der die Steuerlast eines
Durchschnittsverdieners stärker steigt als sein Lohn, die Reform der
ermäßigten Sätze bei der Mehrwertsteuer und die Benachteiligung der
Mütter bei der Rente, deren Kinder vor 1992 geboren wurden. Hier wie
dort geht es um Milliarden - und um die Frage, ob die Koalition Wort
hält. Im beginnenden Wahlkampf soll es nun natürlich so aussehen, als
verhinderten Sozialdemokraten und Grüne im Bundesrat aus
parteipolitischem Kalkül nahezu jedes Steuergesetz. Das aber ist,
wenn überhaupt, nur die halbe Wahrheit. Das Problem mit der kalten
Progression hätten Union und FDP auch schon lösen können, als die
Mehrheitsverhältnisse in der Länderkammer noch günstiger waren. Und
bei der Mehrwertsteuer hat die Koalition noch nicht einmal mit der
Arbeit begonnen. Dass ausgerechnet jetzt eine Giftliste aus dem
Finanzministerium die Runde macht, in der sich die Grausamkeiten von
Einschnitten bei der Witwenrente über das Ende der ermäßigten
Mehrwertsteuer bis zur Anhebung des Rentenalters über die
vereinbarten 67 Jahre hinaus nur so aneinanderreihen, ist vermutlich
kein Zufall. Ob sich hier nur ein paar übereifrige Beamte ihre
eigenen Gedanken gemacht oder tatsächlich im Auftrag des Ministers
Vorschläge gesammelt haben, spielt dabei keine Rolle: Schäuble, so
scheint es, hat das Sparen längst zum Selbstzweck erhoben. Das
Nachbessern der Mütterrenten, zum Beispiel, ist ihm schlicht und
einfach zu teuer. Die Frage, wie gerecht eine Regelung ist, bei der
die Höhe der Rente vom Geburtsjahr eines Kindes abhängt, stellt er
sich nicht. Dabei könnte die Koalition mit etwas Fantasie auch beides
haben: Einen ausgeglichenen Etat - und den Spielraum, den eine
Regierung braucht, die ein Land nicht nur verwalten, sondern
gestalten will. Die fünf oder sechs Milliarden Euro etwa, die der
Einstieg in eine Reform der Mütterrenten kostet, hätte ein mutiger
Finanzminister rasch zusammen. Er müsste nur den Widerstand der
Lobbyisten aushalten und die vielen Ausnahmen bei der Mehrwertsteuer
wieder auf das ursprüngliche Maß reduzieren. Das allerdings wagt
bislang selbst ein so erfahrener und durchsetzungsfähiger Minister
wie Wolfgang Schäuble nicht.
Pressekontakt:
Badische Neueste Nachrichten
Klaus Gaßner
Telefon: +49 (0721) 789-0
redaktion.leitung@bnn.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
438689
weitere Artikel:
- Badische Neueste Nachrichten: Späte Einsicht Karlsruhe (ots) - Ein bisschen hat Philipp Rösler den Termin
verpasst: Anstatt seinen Wunschzettel vor dem Weihnachtsfest
abzuschicken, ließ sich der Wirtschaftsminister bis nach Heiligabend
Zeit. In seinem "Positionspapier" zum Ende der Festtage listet der
FDP-Vorsitzende altbekannte liberale Forderungen auf, deren
Durchsetzung der Chef der Liberalen eigentlich schon längst hatte in
Angriff nehmen wollen. Weniger Staat heißt das liberale Credo -
sowohl bei der Bahn als auch bei der Telekom. Um den Haushalt zu
sanieren, soll noch mehr...
- Saarbrücker Zeitung: FDP fordert Visa-Erleichterungen für Russen und Türken - Rösler für Nutzung aller Spielräume - Westerwelle: "Wir sind ein vernetztes Land" Berlin / Saarbrücken (ots) - Wirtschaftsminister Philipp Rösler
(FDP) will Visaerleichterungen für Russen und Türken durchsetzen. In
einem von Rösler freigegebenen Positionspapier des
Wirtschaftsministeriums, über das die "Saarbrücker Zeitung"
(Donnerstagausgabe) berichtet, wird davor gewarnt, dass eine zu
restriktive Visapolitik sich als "Wettbewerbs- und Standortnachteil"
auswirken könne. Notwendig sei für Außenhandel wie Tourismus ein
"Signal des Willkommens und der Offenheit". Das Papier ist das
Ergebnis von Gesprächen mit Wirtschaftsvertretern, mehr...
- WAZ: Landeswirtschaftsminister Duin: NRW darf nicht
zum Zahlmeister der Energiewende werden Essen (ots) - Nordrhein-Westfalen droht nach Einschätzung von
Landeswirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) zum Zahlmeister der
Energiewende zu werden. "Es gibt sehr ungerechte
Verteilungsmechanismen zwischen den Ländern", sagte Duin in einem
Gespräch mit den Zeitungen der WAZ-Gruppe (Donnerstagausgaben).
In NRW rechneten sich Kohlekraftwerke, die an sonnen- und
windarmen Tagen Strom liefern sollen, wegen schwindender
Betriebszeiten immer schwerer. "Gleichzeitig soll NRW aber bitte
kräftig CO2 einsparen, die Umweltbelastungen mehr...
- Reporter ohne Grenzen: Mazen Darwisch aus Syrien "Journalist des Jahres 2012" Berlin (ots) - Reporter ohne Grenzen ehrt den syrischen
Journalisten Mazen Darwish als Journalist des Jahres 2012. "Darwish
hat sein Leben riskiert, um Menschenrechtsverletzungen in Syrien zu
dokumentieren", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr in Berlin.
Der Journalist wird seit Februar an einem unbekannten Ort gefangen
gehalten. Zuvor gehörte er zu den wichtigsten Informationsquellen
internationaler Medien, deren Korrespondenten nicht nach Syrien
einreisen dürfen. "Wir rufen die syrischen Behörden auf, Darwish
freizulassen mehr...
- BPI Pharma-Daten 2012 zeigen: Politische Überregulierung
gefährdet Wettbewerb und Versorgungssicherheit Berlin (ots) -
Die pharmazeutische Industrie in Deutschland ist immer massiver
von der staatlichen Regulierungs- und Sparpolitik betroffen. Das
zeigen die neu erschienenen BPI-Pharma-Daten 2012 deutlich. Demnach
machen den Herstellern besonders die Zwangsabschläge zu schaffen, die
von rund 1,7 Milliarden Euro im Jahr 2010 auf 2,5 Milliarden Euro im
Jahr 2011 emporgeschnellt sind. Aber auch das über drei Jahre
andauernde Preismoratorium, die Zunahme von Rabattverträgen und die
AMNOG-Umsetzung belasten die Arzneimittelhersteller. mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|