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"DER STANDARD"-Kommentar: "Die Angst vor Frauenpower" von Alexandra Föderl-Schmid

Geschrieben am 28-12-2012

Mit oder ohne Quote wird es die neue Generation in
Spitzenpositionen schaffen (ET 29.12.2012)

Wien (ots) - Im gerade angelaufenen Kinofilm Paradies: Liebe von
Ulrich Seidl nehmen sich Frauen, was sie wollen: Liebhaber, für die
sie bezahlen. Was bei Männern im allgemeinen akzeptiert wird, löst
Unbehagen aus, wenn es um Frauen geht und die Umkehr von
Geschlechterrollen eindrücklich vor Augen geführt wird. Genauso ist
es im (Berufs-)Alltag. Nach Meinung von Spiegel Online war im zu Ende
gehenden Jahr ein "Aufmarsch der Powerfrauen" zu registrieren. "Ein
Blick auf die Gewinnerliste zeigt: 2012 waren die Frauen auf dem
Vormarsch, in den Konzernen wie in der Politik." Als Gewinnerin wird
Christine Lagarde ausgezeichnet mit folgender Begründung: "Mit
Eleganz und Köpfchen, Charme und Chuzpe hat sich die Chefin des
Internationalen Währungsfonds 2012 als Stimme der Vernunft in der
Euro-Krise profiliert."

Bei Männern wird Aussehen und Hirnleistung nur selten
hervorgehoben. Charme ist eine jener Eigenschaften, mit denen Frauen
häufig beschrieben werden, genauso wie emsig. Für stutenbissig oder
hysterisch sind keine männlichen Entsprechungen im deutschen
Wortschatz gebräuchlich. Okay, sexy kommt auch häufiger bei
Frauenbeschreibungen vor.

Wer es in einen Spitzenjob geschafft hat, muss sich dererlei
Fragen gefallen lassen: Wie kommt man als Frau in eine solche
Position? Macht Macht erotisch? Wer kümmert sich angesichts Ihrer
beruflichen Belastungen um die Kinderbetreuung? Kein Mann - in
welcher Position immer - ist mit derartigen Fragen und Zumutungen
konfrontiert. Der Kampf um das Binnen-I wird seit Jahren teilweise
mit Verbissenheit geführt. Auch wir in der Standard-Redaktion haben
darüber Diskussionen, teilweise angestoßen durch Beiträge von
Leserinnen und Lesern. Gendergerechte Sprache ist das eine; wichtiger
ist indes, das Bewusstsein für - durch Sprache ausgedrückte -
Diskriminierungen zu schärfen. Hinter den vom Spiegel in einer
Titelgeschichte bejubelten "Alpha-Mädchen" steckt eigentlich eine
Abwertung. So wird die deutsche Kanzlerin Angela Merkel oft als
"Kohls Mädchen" bezeichnet.

Frauen nicht nur in Spitzenpositionen müssen sich dafür
rechtfertigen, wenn sie keine Kinder haben. Die Vereinbarkeit von
Familie und Beruf ist ein Thema, das vor allem Frauen umtreibt. Egal,
ob es fünf Prozent sind, wie die Frauenministerin behauptet, oder 17
nach Angaben des Familienministers: Der Anteil der Väter, die in
Karenz gehen, ist im internationalen Vergleich im unteren
Durchschnitt.

Dazu kommt, dass in puncto Lohngerechtigkeit Österreich im Gender
Gap Report des Weltwirtschaftsforums auf dem unrühmlichen 116. Platz
liegt, nur 19 Länder haben eine Gehaltsschere, die noch weiter
aufgeht. Die seit Anfang 2011 gesetzlich verordnete
Einkommenstransparenz hat keine großen Verbesserungen bewirkt. Frauen
sind zu geduldig.

Dabei stimmt die im Spiegel getroffene Feststellung, die Frauen
der neuen Generation seien "pragmatischer als ihr Mütter,
ehrgeiziger, zielstrebiger, gebildeter als die Männer". Deshalb
werden es viele in den nächsten Jahren nach oben schaffen - mit oder
ohne Frauenquoten. Welche Ängste diese Entwicklungen auslösen, zeigen
Postings unter Berichten über Bestellungen von Frauen in
Führungspositionen. Erst wenn Frauen in Spitzenpositionen keine
besondere Aufmerksamkeit mehr zuteil wird und gleiches Gehalt für
gleiche Leistung kein Thema mehr ist, dann ist es geschafft.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom


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