Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR
Verfahren gegen den Ex-Präsidenten geht zu Ende
Fragen zum Fall Wulff
THOMAS SEIM
Geschrieben am 13-01-2013 |
Bielefeld (ots) - Da leistet sich die Staatsanwaltschaft in
Hannover ja eine Woche vor der Landtagswahl in Niedersachsen einen
echten Knaller: Sie will - so hören wir - das Ermittlungsverfahren
gegen Ex-Präsident Christian Wulff einstellen. Dazu haben wir ein
paar - mit Absicht: provozierende - Fragen. Über 20 Sonderermittler
haben im vergangenen Jahr über 100 Zeugen vernommen. Und diese
Staatsanwaltschaft hat nicht mehr herausbekommen, als dass
möglicherweise ein paar Übernachtungen des Präsidentenpaares von
Freunden bezahlt wurden. Jedenfalls reicht es ihnen offenbar nicht
für eine Anklage. Ist der Aufwand verhältnismäßig für das Ergebnis?
Die öffentliche Jagd auf die Person des Staatsoberhauptes - übrigens
mit signifikanten Parallelen zu der aktuellen Debatte über den
SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück - war heftig. Entlastendes ist
nicht oder kaum gesucht worden. Ist das angemessen? Die Distanzierung
von politischen und persönlichen Gegnern wird man in einem solchen
Fall erwarten können. Aber die Distanzierung der politischen Freunde
aus der Union von Christian Wulff war überraschend. Vor ziemlich
genau einem Jahr ging sogar der Nachfolger Wulffs im Amt des
niedersächsischen Ministerpräsidenten, David McAllister, deutlich auf
Distanz. Inzwischen betont er - eine Woche vor der Landtagswahl in
Niedersachsen - dessen erfolgreiche Bilanz. Ist das unsere politische
Kultur? Politik ist kein Paradies. Es geht um Interessen, politische
und persönliche, und um deren jeweilige Durchsetzung. Und wem es in
dieser Küche zu heiß ist, der muss - um einen Altkanzler zu zitieren
- ja dort nicht kochen wollen. Aber die Staatsanwälte in Hannover
haben überzogen reagiert oder schlecht gearbeitet. Oder sie kneifen
aus politischen Gründen kurz vor der Wahl. In allen diesen Fällen
gäbe es für ihr Verhalten nur ein Adjektiv: erbärmlich.
Pressekontakt:
Neue Westfälische
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