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Westdeutsche Zeitung: Bei Thyssen-Krupp will niemand Fehler gemacht haben - Ein echter Neubeginn sieht anders aus Ein Kommentar von Peter Kurz

Geschrieben am 18-01-2013

Düsseldorf (ots) - Im Zusammenhang mit dem Desaster um den Bau des
Berliner Flughafens wurde oft und gewiss zu Recht die mangelhafte
Leistung des Aufsichtsrats beklagt. Darin sitzende Politiker seien
nun mal nicht qualifiziert, den Handelnden auf die Finger zu schauen.
Das legt den Schluss nahe, dass Wirtschaftsexperten das besser
können. Wirklich?

Das Beispiel Thyssen-Krupp mit dem erfahrenen Wirtschaftskapitän
Gerhard Cromme an der Spitze des Aufsichtsrats widerlegt diese These.
Es verblüfft schon, wenn von dem Stahlkonzern selbst in Auftrag
gegebene Gutachten zum Ergebnis kommen, dass der Aufsichtsrat bei der
Überwachung "guten Standards auf hohem Niveau gerecht geworden" sei.
Ebenso die seltsam anmutende Reinwaschung der erst im Dezember
geschassten drei Vorstandsmitglieder. Gegen diese liegen laut
Vorstandschef Heinrich Hiesinger keine Hinweise auf ein persönliches
Verschulden vor. Wenn also weder Vorstand noch Aufsichtsrat Fehler
gemacht haben, wie konnte es dann zu den katastrophalen Missständen
kommen?

Dass Manager nicht mit jeder betriebswirtschaftlichen Entscheidung
richtig liegen, und dass Geschäfte auch zu Verlusten führen können -
das ist so in einer Marktwirtschaft. Aber dass illegale
Kartellabsprachen mit anderen Schienenlieferanten zulasten der Bahn,
die zu Recht vom Bundeskartellamt mit 103 Millionen Euro Bußgeld
geahndet wurden, weder im Vorstand noch im Aufsichtsrat auffallen
sollen, klingt abenteuerlich. Solche Vorgänge beschädigen nicht nur
das Image des Konzerns, sondern müssen auch verheerende Auswirkungen
auf die Unternehmenskultur haben. Wie fühlen sich die Zehntausende
Mitarbeiter, denen ein solches Geschäftsgebaren vorgelebt wird?

Vorstandschef Hiesinger will lieber nach vorn blicken, als weiter
in der trüben Vergangenheit zu stochern. Das ist nachvollziehbar.
Sein Job ist es, das Schiff wieder flottzukriegen. Doch ein Neubeginn
kann nicht glaubwürdig sein, wenn die Vergangenheit bewältigt werden
soll, indem die Fehler zwar zugegeben werden, aber niemand dafür
verantwortlich gewesen sein soll. Die Verbitterung der Aktionäre ist
zu verstehen. Während diese angesichts der schlechten
Unternehmenslage keine Dividende erhalten, kassieren die Vorstände
Boni.



Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2370
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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