Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Kindesmissbrauch
Geschrieben am 20-02-2013 |
Bielefeld (ots) - Drei Jahre liegt der Skandal um Kindesmissbrauch
an Schulen und Heimen zurück. Politische Konsequenzen gab es nur
vereinzelt. Das Schlimmste daran ist, dass es die wenigsten bemerkt
haben. Die gestrige Bilanz des Runden Tisches zu sexuellem
Kindesmissbrauch hat vielen die Augen geöffnet. Es geht alle an, wenn
Maßnahmen nicht umgesetzt werden, die Kinder schützen und Opfern
helfen sollen. Pro Tag gibt es 33 Anzeigen wegen Kindesmissbrauchs in
Deutschland. Die Dunkelziffer ist hoch. Was mögen Betroffene denken,
wenn sie sehen, dass die wichtigsten der schon 2011 genannten
Empfehlungen des Runden Tisches in politischen Mühlen und Lagerkampf
zerrieben werden? Sie wenden sich angewidert ab. Zu Recht. Es ist
unerträglich, dass sich Bund und Länder immer noch nicht auf den
100-Millionen-Euro-Hilfsfonds für Opfer einigen können, während
regelmäßig im Eilverfahren Milliarden für EU-Krisenstaaten
durchgewunken werden. Der Kindesmissbrauch-Skandal als sensibles und
trauriges Kapitel ist der denkbar schlechteste Boden, um darauf
politisches Gerangel auszutragen. Hier haben ausnahmslos alle
Parteien versagt. Das heißt nicht, dass die Umsetzung der Ideen des
Runden Tisches nicht hinterfragt werden darf. Wenn das aber dazu
führt, dass der Fonds schrumpft und ein Opferschutz-Gesetzentwurf 20
Monate im Ausschuss steckenbleibt, ist das inakzeptabel. Das haben
die Opfer nicht verdient. Denn der Entwurf zollt ihrer zentralen
Forderung Respekt. Die Verjährungsfrist soll auf 30 Jahre verlängert
werden. Derzeit verjährt Kindesmissbrauch bereits nach drei Jahren.
Ein paar Fortschritte sollen nicht verschwiegen werden. 32 Millionen
Euro für Forschung auf dem Gebiet sind ein Signal. Mehr
Aufklärungsangebote und ein Kinderschutzgesetz, das einschlägig
Vorbestrafte von der Arbeit mit Kindern ausschließt, sind ein Anfang.
Mehr aber nicht. Wird es konkret, gibt es wenig zu loben. Es
existiert kein flächendeckender Zugang zu Traumatherapien.
Beratungsstellen sind unterfinanziert. Die Regierung räumt selbst
ein, dass Opfer lange auf Therapien warten. Dabei ist das der Anker
der Aufarbeitung. In einem Punkt ist jedoch nicht die Politik,
sondern die katholische Kirche am Zug. Das Missbrauchsausmaß ist
weiter offen. Den Versprechen nach dem Scheitern der Pfeiffer-Studie
müssen Taten folgen. Und nach wie vor prüfen keine Unabhängigen
Entschädigungen, sie werden nach kirchlichem Gusto entschieden. In
der Kirche wie abseits von ihr ist die entscheidende Frage
unbeantwortet: Warum konnten Schulen und Internate zu Orten werden,
die unbemerkt auf so grausame Weise agierten? Kommissionen genießen
wenig Achtung. Hier wäre eine nötig, die endlich klärt, welche
Kontrollen es braucht, um das zu verhindern. Sie muss - anders als
der Runde Tisch - überwiegend mit Betroffenen besetzt sein. Nur sie
wissen wirklich, wovon sie reden.
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
448085
weitere Artikel:
- Mitteldeutsche Zeitung: zu NPD Halle (ots) - Die Tatsache, dass irgendein administrativ oder
politisch Verantwortlicher Papiere an Rechtsextremisten weitergibt,
ist für sich genommen schon empörend und möglicherweise
strafrechtlich relevant. Denn er arbeitet damit den Gegnern des
Staates in die Hände. Vor allem aber unterhöhlt er die Bemühungen,
die offenkundige Verfassungsfeindlichkeit der NPD nicht nur zu
behaupten, sondern vorm Bundesverfassungsgericht wasserdicht zu
beweisen. Denn die Partei hat jetzt mehr Möglichkeiten, sich auf das
nahende Verbotsverfahren mehr...
- Mitteldeutsche Zeitung: zu Kindesmissbrauch/Runder Tisch Halle (ots) - Aufarbeitung, Prävention, aber auch Hilfe und
Genugtuung für die Opfer waren die Ziele des Runden Tisches zum
sexuellen Kindesmissbrauch. Seine Empfehlungen legte er vor mehr als
14 Monaten vor. Seither bemüht sich der unabhängige Beauftragte der
Bundesregierung, die Umsetzung auf den Weg zu bringen. Es ist ein
verlorener Posten, auf den man Johannes-Wilhelm Rörig verwiesen hat.
Angesiedelt im bürokratischen Niemandsland zwischen drei Ministerien
und weitab der Frontlinie zwischen Bund und Ländern darf er seither
beobachten, mehr...
- Mitteldeutsche Zeitung: zu Polizeigesetz/Sachsen-Anhalt Halle (ots) - Die Regierung trifft Vorsorge für theoretische
Gefahren. Die realen, alltäglichen Gefahren für Menschen in diesem
Land sind andere. 2011 wurden 24 555 Rohheitsdelikte erfasst - etwa
Körperverletzungen und Raub. Im Schnitt also gut 67 pro Tag. Will
man dagegen was machen, muss man mehr Polizisten auf die Straße
bringen. So für mehr Sicherheit zu sorgen, kostet aber Geld - und
nicht nur Freiheitsrechte.
Pressekontakt:
Mitteldeutsche Zeitung
Hartmut Augustin
Telefon: 0345 565 4200 mehr...
- WAZ: Was für ein Krampf
- Kommentar von Miguel Sanches Essen (ots) - Wählen zu können, ist ein politisches Grundrecht,
Artikel 38. Es gibt keine vernünftige Begründung dafür, einen Teil
der Behinderten auszugrenzen, nur weil sie auf Betreuung angewiesen
sind. Es kann ja sein, dass viele im Einzelfall nicht wählen können -
ja, dann werden sie halt kein Kreuz machen. Aber sie müssen generell
die Chance dazu haben, am politischen Geschehen teilzunehmen. Einige
seien politisch interessiert und wollten auch wählen. Das behauptet
der Behindertenbeauftragte.
Es gibt keinen Grund, es in mehr...
- Westfalenpost: Nicht auf ein paar Spender verlassen
Kommentar von Lorenz Redicker Hagen (ots) - Natürlich ist nichts gegen großzügige Spenden zu
sagen, und noch weniger gegen die Spender selbst. Niemand ist
verpflichtet, seine Millionen oder Milliarden sinnvoll einzusetzen.
Gerade da aber liegt das Problem. "Eigentum verpflichtet. Sein
Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen." Sagt das
Grundgesetz. Gesetzgeberisch ist dieser Satz schon lange nicht mehr
mit Leben gefüllt, und er scheint einigermaßen aus der Mode gekommen
zu sein. Wenn einzelne Reiche sich seiner Bedeutung erinnern - schön.
Noch mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|