Mittelbayerische Zeitung: Beziehungsprobleme
Merkels CDU hadert mit ihrem Konservatismus. Das aber ist ein Problem für die Konservativen. Von Christian Kucznierz
Geschrieben am 04-03-2013 |
Regensburg (ots) - Beziehungen sind eine ziemlich komplizierte
Sache. Es ist schön, sie zu haben, aber man muss hart an ihnen
arbeiten, denn ganz ohne sie kann keiner gut leben. Wie hart das mit
den Beziehungen sein kann, erlebt die schwarz-gelbe Bundesregierung
in diesen Tagen einmal wieder. Nicht nur, dass Union und FDP Probleme
mit dem jeweils anderen haben. Auch CDU und CSU haben ihre liebe Not
miteinander. Und die Konservativen insgesamt haben ein Problem mit
ihrem Konservatismus. Und daran könnte am Ende die Beziehung mit dem
Wähler scheitern. Es ist wie verhext. Aber eines nach dem anderen.
Der Auslöser für die jüngsten Sorgen ist eigentlich auch ein
Beziehungsproblem. Warum, so lautet die völlig berechtigte Frage,
sollen gleichgeschlechtliche Partnerschaften nicht dieselben Rechte
haben wie andere (sie sollten es; aber um echte Probleme geht es
leider nicht immer)? Warum, und das hat ausgerechnet
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gesagt, muss heute noch so
gedacht werden, wie früher, wenn der Wähler es anders will? Und
selbst ein ausgewiesener konservativer Knochen wie
Unionsfraktionschef Volker Kauder denkt über mehr Flexibilität nach.
Verkehrte Welt, denken sich die Konservativen da zu Recht und runzeln
die Stirn. Mit dem gestrigen Beschluss, nichts zu ändern, dürften sie
zwar gut leben können. Aber ihnen ist klar, dass das Nein zu mehr
Gleichstellung nur bis auf Wiedervorlage gilt. Spätestens, wenn
Karlsruhe das nächste Urteil spricht, wird wieder einmal alles
anders. Dabei ist es nur konsequent, wenn die Union sich Fragen über
ihren Markenkern stellt. Denn den hat die Merkel-CDU schon lange
nicht mehr. Die Chefin hat ihre Partei dorthin getrieben, wo sie die
Wähler vermutet: in die Mitte. Mit Erfolg - bislang ist keine
Regierungskonstellation ohne Beteiligung der Union denkbar - aber
auch ohne Rücksicht: Die Hardliner, die Eckigen und Kantigen in ihrer
Partei sind ihr von der Fahne gegangen. Noch kann Merkel das
verschmerzen. Schließlich gibt es die CSU, die sie im Bund oft als
quälend empfinden muss, die ihr aber hilft, den rechten Flügel
abzudecken. So ist es - aus wahltaktischen Überlegungen - auch kein
Schaden, dass Parteichef Horst Seehofer sein Nein zu weiteren
Schritten zur Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften
erklärt hat. Das Problem für Merkels CDU aber ist, dass sie gerne
alle möglichen offenen Flanken im Bundestagswahlkampf geschlossen
hätte. Und die völlige Gleichstellung der Homo-Ehe wäre eine solche
Flanke. Das Schließen möglicher Einfallstore für die Opposition ist
die Strategie des bürgerlichen Lagers. Auch die Liberalen machen
nichts anderes, wenn sie sich bereiterklären, Mindestlöhne
mitzutragen. Union und FDP versuchen, mit der Opposition Hase und
Igel zu spielen; bislang klappt das ganz gut. Merkel ist überall
schon da. Fast zumindest. Wie in jeder Beziehung besteht aber die
Gefahr, dass am Ende, wenn alle Kanten abgeschliffen sind, der Reiz
verloren geht. Wenn alle Konfliktthemen abgeräumt sind, so lautet die
Strategie Merkels eigentlich, wählen am Ende die konservativen
Stammwähler trotzdem konservativ, während die anderen nicht wählen
gehen. Aber: Was, wenn die Konservativen sich nicht mehr in den
konservativen Parteien wiedererkennen? In Bayern sind sie da in einer
glücklichen Situation: konservativer als die CSU geht kaum. Im Rest
der Republik suchen sie nach Identifikationsfiguren und finden: die
Mitte. Und mittendrin in der Mitte Merkel. Ihr Bonus ist ihr
bisheriger Erfolg. Aber reicht das allein am Wahltag? Am Ende besteht
die Gefahr, dass ein Sturschädel wie Peer Steinbrück, unbelehrbar wie
er ist, trotz aller Patzer und Pannen den entscheidenden Tick mehr
Ausstrahlung hat auf diejenigen, die die Mitte okay finden - aber
auch furchtbar langweilig.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
450424
weitere Artikel:
- Südwest Presse: KOMMENTAR · CDU Ulm (ots) - Rolle rückwärts
Unsere Vorturnerin der Nation zeigt einmal mehr, wie gut sie die
Rolle rückwärts draufhat. "CDU will Homo-Ehe einführen" - so titelten
die Sonntagsblätter vor gerade einer Woche. Kronzeugen waren
Fraktionschef Volker Kauder und der baden-württembergische
CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobl. Alle Beobachter waren sich
einig, dass der Vorstoß mit Billigung der Parteichefin und
Bundeskanzlerin Angela Merkel stattfand. Nicht nur die Vorgabe des
Bundesverfassungsgerichts zum Adoptionsrecht für homosexuelle mehr...
- WAZ: Die CDU braucht neue Ideen. Kommentar von Wilfried Goebels Essen (ots) - Auf der Suche nach neuen Wählerschichten fordert die
CDU Mitgliedern wie Stammwählern einiges ab. Nicht wenige in der
Partei sehen den Markenkern in Gefahr, weil die Merkel-Union beinahe
im Tagesrhythmus politische Positionen räumt. Mit der Nominierung der
ersten muslimischen Kandidatin für die Unionsfraktion im Bundestag
betritt auch die NRW-CDU Neuland. Dabei ist die Öffnung der Partei
ebenso konsequent wie nachvollziehbar. Warum auch sollte eine
muslimische Politikerin, die sich zu den Grundsätzen der Union
bekennt, mehr...
- Ostsee-Zeitung: Ostsee-Zeitung Rostock vorab: Altmaier warnt vor Anstieg der
Ökostromumlage auf sieben Cent Rostock (ots) - Schwerin - Bundesumweltminister Peter Altmaier
(CDU) hat vor einem erneut kräftigen Anstieg der EEG-Umlage im
kommenden Jahr gewarnt. Ohne Strompreisbremse könnte die
Ökostromumlage auf rund sieben Cent/kWh steigen, sagte er gestern auf
einer Veranstaltung der Industrie- und Handelskammer (IHK) in
Schwerin. Das berichtet die Ostsee-Zeitung Rostock (Dienstagausgabe).
Zurzeit beträgt die Umlage 5,28 Cent/kWh. Als Hauptgrund für den
Anstieg nannte Altmaier die niedrigen Preise an der Strombörse EEX.
Der Ökostrom aus EEG-Anlagen mehr...
- Rheinische Post: Steinbrück bleibt vage
Kommentar Von Martin Kessler Düsseldorf (ots) - Ausgerechnet vor Unternehmern, nicht gerade die
Wählerklientel der SPD, hat Kanzlerkandidat Peer Steinbrück in
Klartext gesprochen. Eine Substanzbesteuerung werde es mit ihm nicht
geben, weder bei der Vermögen- noch bei der Erbschaftsteuer.
Untechnisch heißt das, er will das gesamte Betriebsvermögen aus der
Besteuerung herausnehmen. Das muss er nun einlösen, sollte er in die
Verlegenheit kommen, tatsächlich die nächste Bundestagswahl zu
gewinnen. Ob er es wirklich einhalten könnte, ist dennoch fraglich.
Denn gerade mehr...
- Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR
SPD ordnet Wahlkampf neu
Bergauf
ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN Bielefeld (ots) - Das Wochenende hatte eine Überraschung parat:
Peer Steinbrücks Wahlkampagne besteht keineswegs nur aus Pannen. Es
gab eine Großveranstaltung, die war neu und erfreulich. Der
Bürgerkonvent, bei dem sich 300 Menschen die Köpfe heißredeten und
sich zum Schluss auf zehn Forderungen einigten, war eine Art
Frischzellenzufuhr für die SPD. Dafür verantwortlich war
Generalsekretärin Andrea Nahles. Sie wird nun im Wahlkampfteam im
Willy-Brandt-Haus die Nummer eins. Die führende Rolle des
Generalsekretärs im Wahlkampf ist mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|