Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zur Leipziger Buchmesse: Mehr Gehalt wagen von Christine Strasser
Geschrieben am 15-03-2013 |
Regensburg (ots) - Aus gedruckt wird digital. Die Spielwiese der
Buchbranche erweitert sich gerade. Die Spielregeln bleiben.
Die Viererkette bestehend aus Autor, Verlag, Buchhandel und Leser
bekommt Löcher. Der technische Fortschritt verändert das
Zusammenspiel der vier Akteure in der Buchbranche. Aber es sind nicht
die Spielregeln, die sich ändern, sondern nur die Spielwiese. Deshalb
sollten alle vier Spieler auf eine bewährte Taktik setzen: Mehr
Gehalt wagen. Richtig ist, dass die Buchbranche herausgefordert wird.
Rund 560 Jahre nach der Erfindung des Buchdrucks durch den Mainzer
Johannes Gutenberg, der es überflüssig machte, Texte per Hand
abzuschreiben, ist eine ähnliche Umwälzung im Gang. Das elektronische
Buch ist seit gut einem Jahr endgültig in Deutschland angekommen.
Jetzt wird es zum marktbestimmenden Faktor. Wichtig dabei: Es ging
und geht um Bücher - handgeschrieben, gedruckt oder digitalisiert.
Kaum jemand kommt heute noch in eine Buchhandlung und fragt nach dem
neuesten Buch über das Veredeln von Obstbäumen. Das ist längst im
Internet gesucht und viel schneller gefunden. Es wird höchstens noch
bestellt. Aber auch das geht online mittlerweile viel einfacher.
Immer mehr Menschen kaufen ihre Bücher im Internet oder laden sie
gleich als elektronische Bücher auf ihr Lesegerät. Der Buchhändler
von nebenan ist der größte Verlierer dieser technischen Entwicklung,
zumindest auf den ersten Blick. Vielerorts hat sich die Optik der
Buchläden gewandelt. Krimskrams verstellt den Blick auf die Bücher.
Die findet man erst hinter Türmen von Plüschtieren, Postkarten,
Kalendern und Notizbüchern. Diese Geschäftsstrategie muss nicht
falsch sein. Nur werden diese Läden in naher Zukunft keine Buchläden
mehr sein, sondern Läden mit Krimskrams, in denen man auch Bücher
kaufen kann. Ein anderer Weg für die Buchläden besteht darin, zu
einem Ort für Ideen zu werden. Beratung ist wichtig. Aber auch der
Amazon-Algorithmus empfiehlt treffgenau Bücher. Was der Buchhändler
aber könnte, ist, über Inhalte zu diskutieren oder einen Raum
schaffen, in dem Leser, die sich ein Buch auf ihre Lesegeräte geladen
haben, über den Inhalt austauschen können. Langfristig funktioniert
das aber nur mit gehaltvollen Büchern. Der technische Umbruch bedroht
auch die Hoheitsgebiete der Verlage. Self-Publishing-Seiten machen
einen Verleger scheinbar überflüssig. Autoren können ihre Bücher
weitgehend autonom produzieren. Die Käufer bestimmen, welche Bücher
erscheinen. Die Schwarmintelligenz der Internetgemeinde entscheidet.
Ein weiterer Vorteil für die Leser: Elektronische Bücher sind
billiger als gedruckte. Die Reaktion vieler Verlage: Sie setzen auf
Form und Inhalte. Bücher sind Liebhaberstücke. Für das ästhetische
Plus wird es immer einen Markt geben - einen kleinen. Deshalb ist der
Fokus der Verlage auf Inhalte so interessant. Buchmessen sollten
längst Inhaltsmessen heißen. Wenn es um Gewinnkalkulation geht, rückt
das Buch in die Rolle eines Ergänzungsspielers. Inhalte sind für
Verlage umso lukrativer, je leichter sie sich in Filme oder
Computerspiele umsetzen lassen. Aber: Bloßen Inhalt können viele
herstellen, gehaltvolle Bücher nicht. Neben Inhalten zählt der Aspekt
Qualität. Ein Buch, sollte im schlechtesten Fall ein Textprodukt
sein, das von wenigstens einem themenkundigen und der Rechtschreibung
mächtigen Menschen gegengelesen worden ist. Zum Glück gibt es diese
Produktion noch. Die Expertise der Verlage wird gebraucht: ihre
Scouts, die Talente erkennen, und ihre Lektoren, die feinfühlig Texte
bearbeiten und sensibel mit Künstlern umgehen. Kurt Tucholsky würde
heute nicht mehr fordern: "Macht unsere Bücher billiger!", sondern:
"Macht unsere Bücher schöner!"- innen und außen.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
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