Weser-Kurier: Zur Vertrauenskrise in der Eurozone schreibt der Bremer WESER-KURIER:
Geschrieben am 22-03-2013 |
Bremen (ots) - Die Angst geht um. Angst ist kein guter Ratgeber.
Schon gar nicht in Geldangelegenheiten. Aber es gibt eben die Bilder
von langen Schlangen vor den Geldautomaten auf Zypern. Kann einen da
nicht ein mulmiges Gefühl beschleichen? Wie sicher sind die
Sparguthaben hierzulande wirklich? Wir haben Anfang der Woche
gesehen, wie schnell staatliche Garantien wertlos werden. Die Gefahr
ist durchaus real. Und sie birgt das Risiko einer unkontrollierbaren
Eigendynamik. Was passiert, wenn plötzlich alle an ihre Euros wollen?
Und nicht nur die Sparer auf einer relativ kleinen Mittelmeerinsel?
Die Angst um die Ersparnisse in der Eurozone wächst. Wer möchte
tatsächlich glauben, die angedachte Vermögensabgabe, also die
partielle Enteignung der zyprischen Kleinsparer, sei wirklich die
ganz große Ausnahme - und vor allem absolut einmalig? Statt sich bei
den Anteilseignern der Geldinstitute und den steuerflüchtigen
Großanlegern schadlos zu halten, sollte der Kleinsparer bluten.
Offenbar wurde die brandgefährliche Signalwirkung dieser ohnehin
grundfalschen Entscheidung völlig unterschätzt. Das unglaublich
stümperhafte Krisenmanagement hat das wertvollste Gut überhaupt
fahrlässig zerstört: Vertrauen. Zum einen das Vertrauen in die
Kompetenz der Finanzpolitiker, die Krise überhaupt noch in den Griff
zu bekommen. Zum anderen das Vertrauen in die Sicherheit der
Spareinlagen. Aber exakt darauf basiert das Geschäftsmodell aller
Banken: Das Spargeld des einen geht als Kredit an den anderen. Das
braucht Vertrauen. Wenn alle Kunden auf einen Schlag an ihre
Ersparnisse wollen, ist nicht nur jedes Institut überfordert, das
gesamte System kollabiert. Zypern wird um stringente
Kapitalverkehrskontrollen nicht herumkommen. Sicherlich wird ab
Dienstag eingefroren. Spätestens. Es ist heute schwer zu sagen, ob
sich der jetzt aufflackernde Flächenbrand überhaupt noch austreten
lässt. Das Risiko für einen Kollaps der Eurozone ist deutlich
gewachsen. Das Gesamtsystem steht gefährlich nah am Abgrund. Wie viel
ist dann die gesetzliche Einlagensicherung wert, auf die unsere
Kanzlerin gerade noch so nachdrücklich hingewiesen hat?
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Weser-Kurier
Produzierender Chefredakteur
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