"DER STANDARD"-Kommentar: "Beistand für den Buhmann"
von Gerald John
Geschrieben am 03-04-2013 |
Überforderte Lehrer benötigen mehr Rüstzeug als eine moderne
Ausbildung - Ausgabe vom 4.4.2013
Wien (ots) - Lehrer geben ein prächtiges Feindbild ab. Es gibt
kaum jemanden, der sich in der Schulzeit nicht von irgendeinem
Exemplar drangsaliert gefühlt hat - und dann tut die
Standesvertretung auch noch alles dafür, die schlechten Erinnerungen
an selbstherrliche Zuchtmeister aufleben zu lassen. Früher die
Schüler, heute die Ministerin: Wer frech ist, bekommt das Rohrstaberl
auf die Finger. Oft genug ist es ein Ärgernis, wie Lehrervertreter in
der Bildungsdebatte auftreten. Jeden schüchternen Versuch, am
Uraltgefüge des Schulsystems zu rütteln, scheint die
christdemokratisch dominierte Gewerkschaft als Kriegserklärung
aufzufassen. Beispiel Arbeitszeit: Seit Jahren buhlt
Bildungsministerin Claudia Schmied um ein neues Dienstrecht, das
Lehrerinnen und Lehrer zu mehr Unterrichtsstunden in den Klassen
verpflichten soll - erreicht hat sie außer politischen Demütigungen
bislang nichts. Ringt sich die Regierung zumindest halbherzig dazu
durch, die dringend nötige Ganztagsschule auszubauen, genießt die
Lehrerschaft selbstverständlich ein Vetorecht. Da wedelt der Schwanz
mit dem Hund: Ziel der Schulpolitik sollte immer noch die optimale
Förderung der Kinder sein - und nicht, dass Lehrer möglichst schon
zum Mittagessen daheim sind. Doch es gibt auch eine andere Seite des
Pädagogendaseins. Neben den "Auspufflehrern", die ihre ewig gleichen
Skripten herunterbeten und mit der Schulglocke fluchtartig das Weite
suchen, widmen sich Kollegen mit viel Einsatz ihrer Berufung - und
fühlen sich dennoch zunehmend ohnmächtig. Über die Ursachen kann man
lange streiten; Tatsache ist, dass Lehrer, vor allem in den
Hauptschulen der Ballungszentren, heute mit einer viel schwierigeren
Klientel zurande kommen müssen als früher. Schüler raufen mit der
fremden Sprache, schleppen psychische und soziale Probleme aus
überforderten Familien mit. Oft ist viel zwischenmenschliche
Feinarbeit nötig, ehe überhaupt an Unterricht zu denken ist. Ohne
Hilfe werden die Lehrer scheitern. Sollen die Pädagogen den neuen
Herausforderungen gewachsen sein, muss ihnen die Politik das nötige
Rüstzeug mitgeben. Die Reform der Lehrerausbildung, auf die sich die
Regierung nach einer - wie üblich - lähmend langen Vorlaufzeit
geeinigt hat, ist ein wichtiger Baustein, sofern ein Teil des
Projekts nicht noch am damit verlinkten Dienstrecht scheitert. Schade
nur, dass nicht gleich auch die Ausbildung für die Kindergärtnerinnen
auf neue Beine gestellt wird. Weitere Schritte sind überfällig.
Sollen Lehrer öfter in der Klasse stehen, müssen sie von
Verwaltungskram entlastet werden. Es braucht Sozialarbeiter,
Begleitlehrer und Schulpsychologen für das Krisenmanagement sowie
Büroplätze, die nicht an chinesische Fließbandfabriken gemahnen. Wer
Ellbogen an Ellbogen vor einem Quadratmeter Schreibtisch hocken muss,
wird sich um mehr Zeit in der Schule nicht reißen.
Regierungspolitiker verlangen zu Recht, dass sich die Lehrervertreter
bewegen und Partikularinteressen von anno dazumal für eine moderne
Schulreform opfern. Doch dafür müssen sie eine Gegenleistung bieten:
Bedingungen, die vernünftige Arbeit in einer immer komplizierteren
Schulwelt erst möglich machen. All das hat die Koalition auch
zugesichert, doch das stagnierende Budget löst das Versprechen der
"Bildungsoffensive" nicht ein. Es ist zu befürchten, dass einmal mehr
gekleckert statt geklotzt wird.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
*** OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT ***
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
455962
weitere Artikel:
- WAZ: Zu wenig Ältere haben einen Job
- Kommentar von Christian Kerl Essen (ots) - Auf solche Nachrichten vom Arbeitsmarkt hat man
lange warten müssen: Ältere Arbeitskräfte sind so gefragt wie nie.
Der Anteil der 60- bis 65-Jährigen an den Arbeitnehmern mit
sozialversicherungspflichtigen Jobs hat sich innerhalb von sechs
Jahren verdoppelt.
Viele Unternehmen setzen, den Fachkräftemangel vor Augen,
tatsächlich verstärkt auf die Erfahrung ihrer älteren Mitarbeiter.
Allerdings: Die Jubelreaktion der Wirtschaftsverbände ist arg
übertrieben. Erstens ist die steigende Erwerbsbeteiligung der über
60-Jährigen mehr...
- WAZ: Kims gefährliche Provokationen
- Kommentar von Gudrun Büscher Essen (ots) - Die Lage auf der koreanischen Halbinsel ist
brandgefährlich. Das Säbelrasseln und die Präsentation des
Kriegsgeräts gepaart mit markiger Rhetorik - das alles ist noch nicht
tödlich. Aber die sich Tag für Tag zuspitzende Krise zwischen Nord-
und Südkorea und den USA könnte zum Countdown eines ungewollten
Krieges werden.
Das hat viele Gründe: An der demilitarisierten Zone, die die
Halbinsel seit dem Krieg von 1950/53 teilt, stehen sich zwei
hochgerüstete koreanische Armeen gegenüber. Dazu lassen sich die
Provokationsstufen mehr...
- Märkische Oderzeitung: Märkische Oderzeitung (Frankfurt/Oder) zu UN/Waffenhandelsvertrag Frankfurt/Oder (ots) - Kriege sind Mist. Aber sie geschehen. Umso
lauter ist der Aufschrei, wenn zum Beispiel islamistische Rebellen
plötzlich deutsche Waffen in den Händen halten. Wenn nun also die
UN-Unterzeichnerstaaten sich bereit erklären zu verhindern, dass
Waffen in die Hände von Menschenrechtsverletzern oder Terroristen
gelangen, ist das aller Ehren wert. Den Vereinten Nationen ist eine
Vereinbarung gelungen, die den illegalen Waffenhandel einschränken
kann. Verhindern wird sie ihn jedoch nicht. Denn einige der größten
Waffenexporteure mehr...
- Märkische Oderzeitung: Märkische Oderzeitung (Frankfurt/Oder) zu ausländischen Berufsabschlüssen Frankfurt/Oder (ots) - Bei der Verabschiedung des Gesetzes ging
die Bundesregierung davon aus, dass sich 300 000 Menschen die
erleichterte Anerkennung zunutze machen könnten. Laut den ersten
Zahlen haben aber nur rund 30 000 einen entsprechenden Antrag
gestellt - ein Erfolg sieht anders aus. Schuld daran ist allerdings
nicht vorrangig die Bundesregierung, sondern die Länderebene. Denn
längst nicht alle Berufe sind - wie etwa Arzt, Hebamme oder
Rechtsanwalt - in Bundesgesetzen geregelt. Viele andere
Qualifikationen fallen in die mehr...
- Kieler Nachrichten: Edathy: NSU-Ausschuss wird neue Regeln für Ermittlungsarbeit fordern Kiel (ots) - Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses,
Sebastian Edathy (SPD), geht davon aus, dass das Gremium in seinem
Abschlussbericht Neuregelungen für die Ermittlungsarbeit der
Sicherheitsbehörden fordern wird. "Bei schweren Straftaten an
Menschen, die einer ethnischen oder religiösen Minderheit angehören,
muss künftig immer auch in die Richtung eines möglichen politischen
Motivs ermittelt werden", sagte Edathy den "Kieler Nachrichten"
(Donnerstagausgabe). Dies sei eine zentrale Lehre aus der
NSU-Mordserie und darüber mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|