Oliver Wyman-Analyse zum globalen Baumaschinenmarkt: Eine chinesische Industrie entsteht (BILD)
Geschrieben am 10-04-2013 |
München (ots) -
- Wachstum im globalen Baumaschinenmarkt findet vor allem entlang
des Äquators statt
- Europäische, amerikanische und chinesische Märkte bieten
vergleichsweise geringes zusätzliches Potenzial
- Chinesische Hersteller haben in den neuen Märkten einen
signifikanten Vorsprung
- Westliche Hersteller müssen schnell handeln, um
Wettbewerbsfähigkeit und Eigenständigkeit zu sichern
Chinesische Unternehmen dominieren zunehmend die globale
Baumaschinenindustrie. Für den Weltmarkt und insbesondere für die
Emerging Markets der Zukunft sind sie ideal aufgestellt und setzen
ihren Wachstumskurs konsequent fort. Sie verfügen über das, was in
den neuen Märkten vorrangig gebraucht wird: ein robustes, technisch
einfaches Produkt zu erschwinglichen Preisen mit der Möglichkeit zur
Selbstreparatur. Westliche Unternehmen agieren zwar zum Teil
ebenfalls in den aufstrebenden Regionen, sind jedoch stark in ihrer
Nische verhaftet. Zudem mangelt es ihnen an Aggressivität und Tempo
bei der Umsetzung ihrer Wachstumsziele. Um mithalten zu können,
müssen die westlichen Hersteller ihre globalen Standortnetze und ihre
Produktportfolios anpassen. Darüber hinaus steht der
Baumaschinenindustrie eine gewaltige Konsolidierungswelle bevor. In
den nächsten zwei Dekaden werden bis zu 50 Prozent aller
Baumaschinenhersteller ihre Eigenständigkeit verlieren. Für westliche
Unternehmen besteht dringender Handlungsbedarf. Dies sind Ergebnisse
der Oliver Wyman-Analyse "Eine chinesische Industrie entsteht".
Die globale Baumaschinenindustrie wird in den kommenden Jahren
weiter wachsen, wenn auch nicht so stark wie vor und nach der
Wirtschaftskrise. Mit einem durchschnittlichen jährlichen Anstieg von
2,6 Prozent legt das Gesamtmarktvolumen von 2012 bis 2020 um knapp 25
Prozent zu. Dabei wachsen die etablierten Märkte in Westeuropa,
Nordamerika, Japan und Südkorea bis 2020 allerdings nur um
durchschnittlich 1,6 Prozent im Jahr. An Dynamik einbüßen wird auch
der chinesische Baumaschinenmarkt, der Wachstumsmotor der letzten
Jahre schlechthin. Die herben Marktrückgänge in einigen Sektoren im
Jahr 2012 haben bereits zu einer ersten Korrektur des Booms geführt.
Auch in den kommenden Jahren ist hier von deutlich geringeren
Zuwachsraten auszugehen - ein wesentlicher Faktor ist ein auf Sicht
potenziell gedämpftes gesamtwirtschaftliches Wachstum. Hinzu kommen
die erheblichen Produktivitätsreserven sowohl im Maschinenpark als
auch in der gesamten chinesischen Bauwirtschaft. Die Anzahl der
Baumaschinen pro Kopf liegt in China in etwa auf westlichem Niveau.
Würden diese Maschinen auch westliche Produktivität aufweisen, könnte
in China erheblich mehr Bauleistung erbracht werden, ohne dass die
aktuellen Verkaufszahlen gesteigert werden müssten.
Da die klassische Triade sowie China als Treiber künftig eine
geringere Rolle spielen werden, findet das Wachstum der globalen
Baumaschinenindustrie vor allem entlang des Äquators statt. Hier sind
bis 2020 durchschnittliche jährliche Wachstumsraten von vier bis fünf
Prozent möglich, in Einzelfällen wie in Indonesien auch mehr. Dabei
tun sich neben den ungebrochen wachstumsdynamischen Märkten Brasilien
und Indien insbesondere Länder wie Vietnam, Kambodscha, Malaysia
sowie Teile des afrikanischen Kontinents hervor. Letztere haben erst
rund 20 Prozent ihres langfristigen Marktpotenzials erreicht. Zum
Vergleich: Die Triademärkte sind bereits bei 85 Prozent angekommen,
China bei 75 Prozent. In Summe werden die neuen Schwellenländer
entlang des Äquators ihr Marktvolumen bis 2020 um rund ein Drittel
steigern und dann einen Anteil von fast 30 Prozent am Weltmarkt
aufweisen. "Hier steht ein völlig neues Marktvolumen zur Verteilung
an", betont Dr. Romed Kelp, Partner und Baumaschinenexperte bei
Oliver Wyman. "Eine Verdrängung ist nicht erforderlich. Neue Kunden
werden bedient und bei entsprechendem Vorgehen langfristig gebunden."
Chinesische Hersteller klar im Vorteil
Besonders die chinesischen Baumaschinenhersteller sind laut
aktueller Oliver Wyman-Analyse perfekt aufgestellt, um die
klassischen Schwellenländer und die Nachfrage in den neuen Märkten zu
bedienen. Sie verfügen über sehr breite Produktprogramme, die den
gesamten Maschinenbedarf im Tief- und Hochbau abdecken - sowohl für
schwere als auch für leichtere Arbeiten. Zudem sind die Produkte
weniger als westliche Maschinen auf spezifische Aufgaben ausgelegt.
Weitere Vorteile sind die einfache Technik, die Eigenreparaturen
ermöglicht, und vergleichsweise niedrige Anschaffungskosten.
Darüber hinaus sind die Chinesen überaus aktiv und findig beim
Erschließen neuer Absatzregionen. Durch die staatliche Finanzierung
von Infrastrukturprojekten, begleitende Investitionen in
Rohstoffexploration oder Produktionsstätten sowie klassische
Absatzfinanzierung schaffen die Unternehmen ihren eigenen Markt.
Zusätzlich investieren sie mittlerweile mehr und mehr in
Produktqualität und lokale Serviceinfrastrukturen. Entsprechend
schnell müssen westliche Unternehmen reagieren. Sammeln die Nutzer in
den lokalen Märkten erst einmal Erfahrung mit den chinesischen
Produkten und sind Strukturen wie Servicenetze und
Ersatzteilversorgung entstanden, werden sie nur mit erheblichem
Aufwand von westlichen Produkten zu überzeugen sein.
Konsolidierungswelle steht bevor
Die Industrie steht global am Scheideweg. Ihre Struktur wird sich
in den kommenden Jahren drastisch wandeln. Noch stammen mit
Caterpillar, Komatsu, Hitachi, Volvo und Liebherr die fünf
umsatzstärksten Unternehmen der Branche aus der Triade. Doch
getrieben durch den großen Heimatmarkt und die systematische und
rasante Erschließung neuer Emerging Markets seitens der chinesischen
Hersteller werden es im Jahr 2020 höchstens noch drei sein. Auf Platz
sechs und sieben der Rangliste lauern mit Sany und Zoomlion schon
jetzt zwei Player aus der Volksrepublik. Bemerkbar macht sich zudem
die von den chinesischen Anbietern vorangetriebene Konsolidierung.
Künftig kommen die Topunternehmen auf einen deutlich höheren Anteil
am Gesamtmarkt.
Getragen vom globalen Markterfolg werden sich die chinesischen
Baumaschinenhersteller zunehmend durch Produkt- und/oder regionale
Unternehmenszukäufe breiter aufstellen und ihre Position weiter
ausbauen. Dabei wird die Zahl der Anbieter aus der Volksrepublik von
heute etwa 200 auf nur noch rund 50 im Jahr 2020 deutlich
zurückgehen. Deren Ziel wird sein, nicht nur Bauvorhaben noch
umfassender aus einer Hand mit Maschinen zu beliefern und neben dem
Maschinenpark auch das Betriebspersonal zu stellen, sondern auch die
eigene technologische Kompetenz bei den wichtigsten Komponenten einer
Baumaschine zu steigern. Auch befürwortet die Administration in China
eine gewisse Konzentration unter den Baumaschinenherstellern, um
schlagkräftige Konzerne zu schaffen und so die Umsetzung ihrer
industriepolitischen Ziele zu erleichtern. "Die vergangenen 15 Monate
haben aber gezeigt, dass sich die Branchenkonsolidierung keineswegs
nur auf China beschränken wird", betont Dr. Tom Sieber von Oliver
Wyman. "Zwar spielten sich die jüngsten Übernahmen von etablierten
Marktteilnehmern wie Schwing in bestimmten Nischensegmenten ab, doch
Kauf oder signifikanter Anteilserwerb eines größeren westlichen
Anbieters dürften bei chinesischen Playern schon bald auf dem
Programm stehen. Und auch M&As unter westlichen Herstellern sind
absehbar."
Enormer Handlungsdruck für westliche Hersteller
Mit ihren technologisch führenden, sehr effizienten und stark auf
die spezifischen Bedarfe der Kunden zugeschnittenen Maschinen sind
die westlichen Anbieter optimal für die etablierten Märkte
aufgestellt. Doch in den Zukunftsmärkten wird das Absatzpotenzial für
Premiumprodukte stark begrenzt bleiben. Zudem haben die westlichen
Hersteller für diese Regionen in der Regel bisher keine adäquaten
Produkte. So ist das Wohl der Baumaschinenhersteller aus Westeuropa,
Nordamerika, Japan und Südkorea zum überwiegenden Teil mit der
Entwicklung der Triade und des Premiumsegments in China verknüpft.
Gerade für die mittelgroßen europäischen Hersteller, die nach wie
vor den Löwenanteil ihres Geschäfts in den klassischen Märkten
machen, dürfte ein Einfrieren von öffentlichen Bauinvestitionen sowie
eine länger anhaltende wirtschaftliche Schwächephase in Südeuropa zur
Nagelprobe werden. Caterpillar wiederum hat es durch immense
Investitionen und geschickte M&A-Transaktionen geschafft, eine
bedeutende Position in China einzunehmen. Auch andere etablierte
Player sichern sich durch Beteiligungen an chinesischen Anbietern den
Zugang zu Produktplattformen für die aufstrebenden Länder.
Die westlichen Hersteller müssen dringend handeln, um ihre
Wettbewerbsfähigkeit und damit auch ihre Eigenständigkeit langfristig
zu sichern. Im Wesentlichen gilt es, das Produktportfolio top-down zu
erweitern und entsprechend den Kundenbedürfnissen in wachsenden
Märkten anzupassen, um auch künftig am globalen Wachstum
partizipieren zu können. Ziel muss sein, sich preislich den
chinesischen Anbietern soweit anzunähern, dass die Maschinen in
Kombination mit Merkmalen wie Produktqualität, Marke oder
"westlichen" Serviceleistungen und -qualität für Kunden in den
Zukunftsmärkten eine wirkliche Alternative darstellen.
Strategien überdenken
Lassen sich die neuen Produkte nicht mit der Premiummarke
vereinbaren, sollte über die Einführung möglicher Zweitmarken
nachgedacht werden. Auch wird es mittel- bis langfristig unumgänglich
sein, eigene Vertriebs-, Service- und Produktionsstandorte in den
Wachstumsregionen aufzubauen beziehungsweise bestehende Strukturen zu
erweitern und zu professionalisieren. So ist es möglich, ausreichend
Kundennähe sicherzustellen und gleichzeitig von Standortvorteilen zu
profitieren. Positive Begleiterscheinung der "Budgetprodukte" für
Premiumprodukte: Sie schaffen einerseits Volumen für einen
effizienteren Vertrieb und führen zu stärker genutzten und daher
professionelleren Servicenetzen sowie einer verbesserten
Ersatzteillogistik. Andererseits schirmen sie den lukrativen
Premiumbereich ab. "Die Industrie dreht sich schneller als in den
letzten Dekaden", erklärt Kelp. "Die westlichen
Baumaschinenhersteller sollten die aktuelle Wettbewerbssituation für
ihr Unternehmen genau durchleuchten, ihre Strategien überdenken und
gegebenenfalls neu definieren. Darüber hinaus gilt es, zielgerichtete
Aktionsprogramme aufzusetzen und konsequent umzusetzen".
Die fünf Treiber in den neuen Märkten
Die Wirtschaftsdynamik in Indonesien, Vietnam, Kambodscha,
Malaysia sowie Teilen des afrikanischen Kontinents wird durch
folgende fünf Faktoren getrieben:
- Erschließung beachtlicher Rohstoffvorkommen oder Aufbau eines
spezifischen Fertigungsschwerpunkts im Rahmen der Globalisierung
- Hoher Bedarf an Infrastrukturprojekten, etwa dem Ausbau des
Straßen- und Schienenverkehrsnetzes oder von Flughäfen als Basis
für die lokalen Wachstumsindustrien
- Steigender Wohlstand verbunden mit weiterer Bautätigkeit
besonders im Hochbau - Produktions- und Lagerhallen,
Verwaltungs- und Wohngebäude entstehen
- Geringer Mechanisierungsgrad der lokalen Bauindustrie mit
schwachem oder technologisch überaltertem Baumaschinenbestand
- Keine oder unzureichend leistungsfähige einheimische
Baumaschinenindustrie
ÜBER OLIVER WYMAN
Oliver Wyman ist eine international führende Managementberatung
mit weltweit 3.000 Mitarbeitern in mehr als 50 Büros in 25 Ländern.
Das Unternehmen verbindet ausgeprägte Branchenspezialisierung mit
hoher Methodenkompetenz bei Strategieentwicklung, Prozessdesign,
Risikomanagement und Organisationsberatung. Gemeinsam mit Kunden
entwirft und realisiert Oliver Wyman nachhaltige Wachstumsstrategien.
Wir unterstützen Unternehmen dabei, ihre Geschäftsmodelle, Prozesse,
IT, Risikostrukturen und Organisationen zu verbessern, Abläufe zu
beschleunigen und Marktchancen optimal zu nutzen. Oliver Wyman ist
eine hundertprozentige Tochter von Marsh & McLennan Companies (NYSE:
MMC). Weitere Informationen finden Sie unter www.oliverwyman.de.
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Pressekontakt:
Julia Karas
Corporate Communications
Oliver Wyman
Marstallstraße 11
80539 München
Tel.: 089 939 49 468
Fax: 089 939 49 511
julia.karas@oliverwyman.com
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