Allg. Zeitung Mainz: Ohne Worte / Kommentar von Ralf Heidenreich zum NSU-Prozess
Geschrieben am 01-05-2013 |
Mainz (ots) - Laut einer Forsa-Umfrage hoffen 42 Prozent der
Deutschen, dass die gerichtliche Aufarbeitung der Neonazi-Morde im
NSU-Prozess um Beate Zschäpe das Ansehen Deutschlands in der Welt
steigert. Doch bevor der Prozess beginnt, ist diese Hoffnung bereits
zerstört. Und das liegt nicht etwa an dem Prozess als solchem,
sondern am verantwortlichen Gericht. Als dem Münchner
Oberlandesgericht bei der Vergabe der Presseplätze die erste große
Panne unterlief, dachte man, dass es schlimmer nicht kommen kann.
Falsch gedacht. Denn beim folgenden Losverfahren für die
Plätzevergabe verblieb ein Redakteur im Lostopf, der sein Gesuch
längst zurückgezogen hatte. Zudem landete ein Hörfunksender bei den
Kollegen vom Fernsehen - "aus Versehen", wie das Gericht meint. Man
ringt nach Worten. Schon bei der ersten Panne hatte sich das Gericht
bis auf die Knochen blamiert. Wie lässt sich nun das umschreiben?
Jetzt muss dieser eine Platz noch einmal verlost werden - aber
irgendwie auch nicht so richtig, denn mitmachen dürfen nur deutsche
Medien. Fest steht, dass der Prozess in die Geschichte eingehen wird.
Völlig unabhängig von seinem Ausgang und als ein Beispiel dafür, dass
Stümperhaftigkeit und Inkompetenz keine Grenzen gesetzt sind. Und das
wiegt hier besonders schwer, denn auf diesen Prozess blickt
tatsächlich die Welt. Leider besteht keinerlei Chance, aus dem
Schlamassel wieder herauszukommen; dazu ist das Kind einfach schon zu
tief in den Brunnen gefallen. Augen zu und durch - mehr bleibt nicht.
Und man kann nur hoffen, dass die zu Recht verärgerten deutschen
Zeitungen, die draußen bleiben müssen, nicht ebenfalls den Weg zum
Bundesverfassungsgericht suchen. Denn der Prozess und die
Aufarbeitung der Geschehnisse müssen endlich beginnen - nicht nur
wegen Deutschland, sondern auch wegen der Angehörigen der Opfer.
Pressekontakt:
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Allgemeine Zeitung Mainz
Sven Rindfleisch
Newsmanager
Telefon: 06131/485980
online@vrm.de
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