(Registrieren)

Der neue Newsroom ist ein Wohnzimmer

Geschrieben am 06-05-2013

Wien (ots) - "Wir müssen schrumpfen", sagte Emily Bell von der
Columbia Journalism School beim European Newspaper Congress, der am
6. Mai und 7. Mai im Wiener Rathaus 600 Chefredakteurinnen und
Chefredakteure und Führungskräfte aus Medienhäusern aus 32 Ländern
zusammenführt. Bell: "Das Geld wird immer weniger, es wird auch nicht
mehr werden". Wir befinden uns laut Bell in einem "postindustriellen
Journalismus": "In den USA gibt es die Nachrichtenindustrie nicht
mehr, sie wird auch nicht wiedererstehen. Die Nachrichten verändern
sich, wir haben die breite Öffentlichkeit, die uns Storys zuspielt".
Der große Newsroom würde wieder zur kleinen, reduzierten Redaktion.
Es gäbe ein "systemisches Marktversagen", wenn Tageszeitungen
verloren gehen und nicht ersetzt werden. Oft verschwinde die
Lokalberichterstattung.

Bell, die zum Thema in den USA umfassende Studien machte, sieht
"eine Lücke zwischen dem Niedergang des traditionellen Journalismus
und der Nachhaltigkeit von neuen Institutionen mit ihren
unterschiedlichen Techniken". In diese Lücke treten
Non-Profit-Organisationen oder Einzelbetreiber von Sites,
beispielsweise einer Website, die nur von den Mordfällen in
Washington D.C. berichtet. Die Journalisten könnten davon leben,
meist fehle die Kontinuität.

Für Online-Werbung werde in den USA kaum etwas bezahlt, viele
Verleger investieren daher in den Videobereich, der von der
Werbewirtschaft als attraktiv gesehen werde. Eine Paywall
funktioniert nur, "wenn man einen Monopolinhalt hat oder ein hoch
interessantes Inhaltsbündel", sagte Bell. Bevorzugtes Paywallmodell
sei der Gratiszugang bis zu einem gewissen Bereich. An den Wandel
rasch anpassen, gemischte Modelle anstreben - das ist Bells Botschaft
an die europäischen Medienhäuser: "Man sollte möglichst viele
unterschiedliche Taktiken ausprobieren." Gefragt seien
"Journalistinnen und Journalisten, die gut sind und mit den
Innovationen mithalten!"

Könnten Innovationen wie die digitale Transformation "aus
Medienhäusern Häuser ohne Medien machen?", wurde in der
anschließenden Podiumsdiskussion gefragt. "Der Journalismus werde
auch in Zukunft im Mittelpunkt stehen, es muss aber nicht sein, dass
der größte Teil des Umsatzes daraus kommt", sagte Jan-Eric Peters,
Chefredakteur "Welt". Nach dem Erfolg der "Welt"-Gruppe gefragt,
antwortet Peters: "Für uns war es das beste Jahrzehnt, wir haben
zugelegt, auch journalistisch, und gleichzeitig die Kosten reduziert,
die Weltgruppe schreibt schwarze Zahlen".

Dass sich am Journalismus an sich nichts ändern werde, meinte auch
Helmut Brandstätter, Chefredakteur "Kurier": "Medienleute werden
immer dasselbe machen und es wird immer professionelle Journalisten
brauchen." Das heiße nicht, dass sich die Medien nicht ändern.
Michael Fleischhacker, zuletzt Chefredakteur "Die Presse": "Dass
Tagesprint etwas mit sehr endlicher Lebensdauer ist, haben alle
verstanden", die Frage sei "wie organisiert man den Übergang". Peters
dazu: "Ich würde vom Prinzip Tageszeitung sprechen, nicht nur von der
gedruckten Zeitung. Daher fokussieren wir auf digitales Geschäft. Das
ist die Zukunft. Da muss Qualität allererstes Merkmal sein." Abos
über Fahrräder zu bekommen, sei misslungen; ein Erfolg sei, das
Tablet zu finanzieren, damit der Inhalt dazugekauft werde. Die
Paywall, die einen Teil der Geschichten gratis lässt, funktioniere
bei "Welt" gut, berichtete Peters.

Eine totale Absage kam zur Finanzierung der Printmedien durch die
Politik. Tobias Trevisan, Geschäftsführer Frankfurter Allgemeine
Zeitung, dazu: "Solange wir der Politik kritisch auf die Finger
schauen, dürfen wir nicht von ihr abhängig sein. Wenn wir der Politik
nicht mehr kritisch auf die Finger schauen, gibt es keinen
Journalismus mehr!" Eine andere Finanzierungsform ist die deutliche
Erhöhung der Abopreise. Laut internen Berechnungen der FAZ würde man
von Werbeeinnahmen weitgehend unabhängig, wenn man gleichzeitig auf
zehn Prozent seiner Leser verzichten würde, die die FAZ mit einer
entsprechenden Preiserhöhung verlieren würde.

Der European Newspaper Congress wird vom Medienfachverlag Johann
Oberauer und Norbert Küpper, Zeitungsdesigner in Deutschland,
veranstaltet. Kooperationspartner wie JTI, der Verband
Österreichischer Zeitungen (VÖZ) und die Stadt Wien unterstützen
maßgeblich die Veranstaltung. Die renommierte Tageszeitung "Kurier"
ist erstmals Medienpartner des Kongresses.



Pressekontakt:
Johann Oberauer,
johann.oberauer@oberauer.com,
Tel. +43 664 2216643


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

462277

weitere Artikel:
  • Birgit Minichmayr, Ken Duken und Cäthe diese Woche zu Gast in der Harald Schmidt Show exklusiv auf Sky Unterföhring (ots) - Sky präsentiert: Die Gäste der Harald Schmidt Show vom 07. - 09. Mai 2013 Die letzte Woche vor der Sommerpause zeigt noch einmal die unglaubliche Vielfalt von Harald Schmidt und seinen Gästen. Am Dienstag begrüßt Harald Schmidt die österreichische Schauspielerin Birgit Minichmayr, die in diesem Jahr für den deutschen Filmpreis in der Kategorie "Beste darstellerische Leistung - weibliche Hauptrolle" nominiert war. Weiter geht es am Mittwoch mit Ken Duken, der im Moment die Hauptrolle in der Grimme Preis ausgezeichneten mehr...

  • Leckerer Lenz - Mit gutem Essen den Frühling genießen (AUDIO) Mönchengladbach (ots) - Anmoderationsvorschlag: Milde Temperaturen, viel Sonnenschein und luftige Klamotten: Der Frühling ist doch einfach herrlich - und er macht müde Menschen wieder so richtig munter. Schließlich muss der angefutterte Winterspeck ja auch wieder runter, mit viel Sport und natürlich dem richtigen Essen. Wie so eine leichte Frühjahrsküche aussehen kann, weiß Oliver Heinze. Sprecher: Ran an die Speckröllchen: Das ist für viele gerade Hauptaufgabe Nummer eins. Und es gibt's auch eine echte Geheimwaffe, mehr...

  • "Rette die Million!" im ZDF:/ Vatertag-Special und neue Folgen mit Jörg Pilawa Mainz (ots) - Jörg Pilawa stellt seine Kandidaten erneut vor die große Herausforderung: "Rette die Million!". Mit einem 120-minütigen Prominentenspecial startet am Donnerstag, 9. Mai 2013, 20.15 Uhr, eine neue Staffel des Quizformats im ZDF. An Vatertag spielen drei prominente Väter zusammen mit ihren Kindern für den guten Zweck: Luna und Til Schweiger, Max und Friedrich von Thun sowie Felix und Christian Neureuther. Auf das Vatertag-Special folgen vom 13. Juni 2013 an neun weitere Ausgaben à 90 Minuten, jeweils donnerstags, mehr...

  • MDR JUMP-Ticketfrühling: Freikarten für die besten Events des Jahres Leipzig (ots) - MDR JUMP verlost Tickets für die ausverkauften Konzerte von Depeche Mode, Die Toten Hosen und Die Ärzte, für das Abschiedsspiel von Michael Ballack sowie für viele weitere Events. Ausverkaufte Konzerte, großartige Festivals, die besten Comedians, einzigartige Events: Am 6. Mai startet der MDR JUMP- Ticketfrühling, bei dem die Hörer der Popwelle Freikarten für zahlreiche Veranstaltungshighlights in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gewinnen können. "Ob Bruce Springsteen im Konzert oder Michael Ballack auf mehr...

  • Gesine Cukrowski entdeckt Portugal, Chiara Schoras verliebt sich in Ungarn/ Drehstart für zwei neue Filme der ZDF-"Herzkino"-Reihe "Ein Sommer in ..." Mainz (ots) - Starke und charmante Heldinnen, deren Sommerreise zum Wendepunkt ihres Lebens wird: Für die ZDF-"Herzkino"-Reihe "Ein Sommer in ..." werden zwei neue Fernsehfilme produziert: Von Montag, 6. Mai 2013, an entsteht "Ein Sommer in Portugal" in Lissabon, Cascais und Sintra. Regie führt Michael Keusch, der auch das Buch für die dramatische Liebesgeschichte mit Gesine Cukrowski, Paulo Pires und Bernhard Schir geschrieben hat. Die Dreharbeiten zu "Ein Sommer in Ungarn" beginnen am Dienstag, 14. Mai 2013, in Budapest und werden mehr...

Mehr zu dem Thema Sonstiges

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

Sat1.de mit neuem Online-Spiele-Portal Sat1Spiele.de / SevenOne Intermedia baut Bereich Games weiter aus

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht