Westdeutsche Zeitung: Der heftig kritisierte "Tannhäuser" wird abgesetzt =
von Olaf Steinacker
Geschrieben am 08-05-2013 |
Düsseldorf (ots) - Der Leitung der Rheinoper war im Vorfeld
bewusst, dass die "Tannhäuser"-Inszenierung von Burkhard C. Kosminski
kontrovers aufgenommen werden würde. Das ließ Intendant Christoph
Meyer gestern mitteilen - zusammen mit der Ankündigung, das
umstrittene Stück so wie bisher nicht mehr aufführen zu wollen. Was
genau der Rheinoper im Vorfeld bewusst gewesen sein mag, ist
allerdings schleierhaft, denn im Prinzip beweist die Entscheidung das
genaue Gegenteil. Offenkundig wurde die Oper vom Donnerhall der
Kritik seit der Premiere am Samstagabend überrollt.
Die Entscheidung, den "Tannhäuser" künftig nur noch konzertant zu
geben, macht sprachlos - weil sie falsch ist, weil sie verzagt ist,
und weil die Opernleitung damit den Weg des geringsten Widerstands
geht. Der Regisseur lehnt jede Änderung an seinem künstlerischen
Konzept ab, das ist sein gutes Recht. Würde Meyer dennoch etwas daran
verändern lassen, drohte ihm juristisches Ungemach. Dies muss er mit
seiner gestrigen Entscheidung nicht fürchten - insofern ist er aus
dem Schneider.
Die Rolle rückwärts hätte sich die Oper dennoch schenken können.
Wenn sie denn zu ihrem Regisseur gestanden hätte - wie es Meyer
zumindest noch zu Wochenbeginn getan hat. Etwas halbherzig allerdings
und mit dem Hinweis versehen, die Oper habe ja niemanden verletzen
wollen. Schon das hätte stutzig machen müssen.
Denn verletzt werden durch das Stück wohl nur ein paar
eingefleischte Wagner-Jünger, die ihren Helden reflexartig vor allen
Anfeindungen in Schutz nehmen. Notfalls auch türenklatschend während
einer Premiere. Sind wir ehrlich, ein Skandal ist Kosminskis
Inszenierung keinesfalls. Aber zugegeben: Den romantischen und
deshalb angeblich unbedenklichen "Tannhäuser" mit Nazi-Schergen,
Gaskammern und drastischen Exekutionsszenen zu garnieren, ist nicht
unbedingt eine intellektuelle Höchstleistung, durchaus unglücklich -,
aber durch die Freiheit der Kunst allemal gedeckt.
Nun hat die Oper sich der Hysterie gebeugt, vor einer kaum zu
ertragenden und besserwissenden Ignoranz, die angemessene und
vernünftig vorgetragene Kritik mit dröhnenden Buhrufen verwechselt.
Das ist der eigentliche Skandal.
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Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
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