"DER STANDARD"-Kommentar: "Der Genfer Strohhalm"
von Gudrun Harrer
Geschrieben am 09-05-2013 |
Die USA und Russland reaktivieren ihren Minimalkonsens zum
Syrien-Konflikt - Ausgabe vom 10.5.2013
Wien (ots) - Man weiß natürlich nicht, wie weit die
amerikanisch-russischen Pläne für eine Syrien-Konferenz vor einer
Woche schon gediehen waren: Aber es darf spekuliert werden, dass
ihnen die substanziellen israelischen Angriffe auf militärische Ziele
bei Damaskus, wenngleich in dieser Form unbeabsichtigt, eher dienlich
waren. Der russische Präsident Wladimir Putin soll der israelischen
Regierung danach ziemlich brüsk klargemacht haben, dass Moskau
Israels militärisches Eingreifen gegen das Assad-Regime nicht duldet.
Worauf Berichte auftauchten, dass Russland davor stehe, an Syrien das
berühmte S-300-Luftabwehrsystem zu liefern - das nicht einmal der
Iran von Russland bekommen hatte, nach einer US-Intervention in
Moskau. All das würde den Krieg in Syrien immer nur noch länger und
blutiger machen. Als das Genfer Kommuniqué, auf dessen Grundlage die
Syrien-Konferenz noch im Mai stattfinden soll, im Juni 2012
herausgegeben wurde, war im Grunde keine der beiden Seiten an den
vorgesehenen Verhandlungen interessiert. Die syrische politische
Opposition, die kämpfenden Rebellen und ihre Unterstützer dachten,
der Sturz Bashar al-Assads sei nur mehr eine Frage der Zeit. Für
Assad wiederum gab es nur die militärische Antwort auf die Rebellion,
die er als Verschwörung von außen betrachtet. In den vergangenen
Wochen hat das Regime jedoch wieder militärische Erfolge verzeichnet.
Davon, die Rebellen - die demnächst auch ganz offiziell Waffen
bekommen könnten - zu besiegen, ist es aber weit entfernt. Ein Ende
ist nicht in Sicht, es gibt im Moment keine militärische Lösung in
Syrien. Oder andersherum: Wenn dieser Krieg ausgefochten sein wird,
wird es kein Syrien mehr geben. Auch andere Länder stehen vor dem
Abgrund: Wenn der Flüchtlingszustrom in dieser Form anhält, werden in
einem Jahr 40 Prozent der jordanischen Bevölkerung syrische Asylanten
sein. Uno-Vermittler Lakhdar Brahimi, der den Hut bereits in der Hand
hatte, weil er den Genfer Plan für tot hielt, wird nun noch bleiben
müssen. Der neue Anlauf ist aber vielleicht die letzte Chance für die
Syrien-Diplomatie. Die USA und Russland sprangen dafür bereits über
hohe Schatten: US-Außenminister John Kerry rückte von der Forderung
ab, dass Assad sofort gehen müsse. Und sein russischer Amtskollege
Sergej Lawrow kam ihm aus der anderen Richtung entgegen: Er sei nicht
"am Schicksal gewisser Personen interessiert". Ob Bashar al-Assad
irgendwelche Schlüsse daraus zieht, liegt auch daran, wie Teheran auf
ihn einwirken wird. Dort sollte man wiederum begriffen haben, dass
ein volles iranisches Einsteigen in den Syrien-Konflikt, und sei es
auf dem Umweg über die libanesische Hisbollah, von Israel nicht
toleriert werden wird. Wenn Moskau Teheran überzeugen muss, nicht
querzusteuern, dann hat Washington die gleiche schwierige Aufgabe in
Ankara, Doha und Riad - und bei den eigenen sowie einigen
europäischen Falken. Einen Regierungsvertreter in Damaskus zu finden,
der für Teile der Opposition akzeptabel ist - der mit Assad
überworfene, aber nicht abgesprungene Vizepräsident Faruk al-Shara
wird immer wieder genannt -, ist vielleicht sogar leichter, als einen
Oppositionellen mit breitem Vertretungsanspruch aufzustellen. Aber es
muss versucht werden. Alles ist besser als diese passive
Fassungslosigkeit, mit der die Welt dem Morden in Syrien zusieht.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom
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