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Börsen-Zeitung: Die Bubble, die keine ist, Marktkommentar von Dieter Kuckelkorn

Geschrieben am 10-05-2013

Frankfurt (ots) - Der Dax eilt derzeit von einem Allzeithoch zum
nächsten. Die Marke von 8300 Punkten ist am Freitag genommen worden,
und mit einem Rekord von 8358 Punkten sieht es ganz danach aus, dass
8400 Punkte und noch mehr für den deutschen Leitindex kein größeres
Problem darstellen sollten.

Allzeithochs am Aktienmarkt sollten Anleger stets misstrauisch
stimmen. In den Jahren 2000 und 2007 hat der Dax nach dem Erklimmen
des Rekordniveaus eine steile Talfahrt angetreten. Auch das aktuelle
Allzeithoch führt daher unweigerlich zu der Frage, ob es sich am
Aktienmarkt wieder einmal um eine Überbewertungsblase handelt, der
ein tiefer Fall folgt.

Man könnte es bereits als ein deutliches Anzeichen einer Bubble
werten, dass derzeit fast alle Aktienstrategen der Ansicht sind, dass
es sich eben nicht um eine solche handelt. Ein wesentliches Merkmal
einer Überbewertungsblase ist, dass die Mehrheit der Marktteilnehmer
Illusionen hinsichtlich der zukünftigen Aussichten des Aktienmarktes
unterliegt. Dies könnte also der Fall sein, zumal auch kurz vor dem
Platzen der Dotcom-Blase die Mehrheit der Anleger und Analysten vom
damaligen Ernst der Lage nicht überzeugt war. Ein weiteres wichtiges
Indiz ist die Abkopplung eines von einer Bubble heimgesuchten Marktes
von der gesamtwirtschaftlichen Realität. Nimmt man die Entwicklung
des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der Eurozone als Maßstab, so ist dies
in der Tat zu beobachten (vgl. Grafik). Der europäische Aktienmarkt
floriert, obwohl die Eurozone von einer sich verschärfenden Rezession
heimgesucht wird. Für das laufende Jahr wird ein Minus des BIP in den
Euro-Ländern von 0,4% erwartet. Der Euro Stoxx 50 hat demgegenüber im
laufenden Jahr bereits knapp 6% zugelegt, der Dax gar 9% - nach einer
bereits atemberaubenden Performance im vergangenen Jahr.

Flutung der Märkte

Allerdings wird das Umfeld des Aktienmarktes derzeit auch durch
die Niedrigzinspolitik der Notenbanken und vor allem die massive
Flutung der Märkte mit Liquidität gekennzeichnet. In einem solchen
Umfeld befinden sich große Mengen an Finanzkapital auf der Suche nach
lukrativen Anlagen, die sich wegen der Minizinsen auf dem
Anleihenmarkt kaum noch finden lassen. Aktien bieten hingegen
aufgrund der guten Ertragslage der Unternehmen üppige Dividenden,
sodass Aktieninvestments gegenüber Bonds unter Renditegesichtspunkten
eindeutig die Nase vorn haben. Die euphorische Kursentwicklung an den
Aktienmärkten spiegelt somit doch die Realität wider. Diese wird
nämlich dadurch geprägt, dass Europäische Zentralbank, US-Notenbank
Federal Reserve und Bank of Japan ihre Bereitschaft erkennen lassen,
die Märkte bei Bedarf noch stärker zu fluten bzw. den Leitzins noch
weiter nach unten zu schrauben.

Ein Ende der ultralockeren Geldpolitik der Notenbanken ist also
nicht abzusehen. Insofern gibt es momentan für Aktienanleger auch
keinen Grund, die Notbremse zu ziehen und auszusteigen.
Inflationsgefahren, die einen Kurswechsel der Zentralbanken erzwingen
und damit auch die Rally an den Aktienmärkten gefährden würden, haben
sich jedenfalls aufgrund des gebremsten bis nicht mehr vorhandenen
Wirtschaftswachstums verflüchtigt.

Mechanismus gestört

Zumindest für die Aktienmärkte ist derzeit nur von untergeordneter
Bedeutung, dass der geldpolitische Transmissionsmechanismus der
Notenbank seine Funktionsfähigkeit zumindest in Europa längst
eingebüßt hat. Der rasante ökonomische Verfall und die um sich
greifende Massenarmut in den EU-Krisenstaaten, für den Kritiker wie
der US-Ökonom und Nobelpreisträger Paul Krugman die
Austeritätspolitik der Troika verantwortlich machen, belastet zwar
die große Zahl der kleinen und mittleren Unternehmen, sodass die
Kreditaufnahme trotz der Niedrigzinsen rückläufig ist. Börsennotierte
Konzerne sind jedoch in einem weit höheren Maß als der Durchschnitt
der Unternehmen auf die Wachstumsmärkte außerhalb Europas
ausgerichtet. Daher kann man auch nicht davon sprechen, dass die
Bewertungsniveaus am Aktienmarkt durch die Decke gegangen wären.

Abgesehen von der zweifellos gegebenen Entkopplung von der
Konjunktur spricht nur wenig dafür, die gegenwärtige Lage am
Aktienmarkt als Bubble zu qualifizieren. Aber selbst wenn man eine
Blase konstatieren möchte: Bubbles können durchaus für eine längere
Zeitspanne Bestand haben, bevor sie platzen.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


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