Mittelbayerische Zeitung: Ein harter Brocken - Steinbrück gibt den Kampf gegen Merkel nicht verloren. Doch die Kanzlerin hat starke Trümpfe. Von Stefan Stark
Geschrieben am 13-05-2013 |
Regensburg (ots) - Gleich mehrere Dinge hat Peer Steinbrück
erreicht, die für einen Wahlkämpfer normalerweise tödlich sind. Mit
seinem grandiosen Feuerwerk an unbedachten Sprüchen - ob zum
Kanzlerinnen-Gehalt, unzumutbaren Fünf-Euro-Weinen oder
Clown-Politikern in Italien - steht er in der Öffentlichkeit als
arroganter Schnösel da. Und genau deshalb muss er heute jedes
Wörtchen auf mindestens zehn Goldwaagen legen. Denn im Zweifelsfall
wird jeder Satz gegen ihn verwendet. Egal, was er sagt oder tut -
entweder es nutzt ihm nichts, oder es schadet ihm sogar. Das ist die
Crux für ihn - und für die SPD, die in Umfragen einfach nicht vom
Fleck kommt - und das knapp vier Monate vor der Bundestagswahl. Die
gestrige offizielle Präsentation der ersten drei Kandidaten aus
seinem Wahlkampfteam ist der Versuch, wieder die Initiative zu
gewinnen. Steinbrück will demonstrieren, dass die SPD die Schlacht
gegen die übermächtig wirkende Kanzlerin nicht verloren gibt.
Letztlich ist die Vorstellung des K-Teams ein politisches Ritual. Ob
die Nominierten bei einem theoretischen Wahlsieg tatsächlich einen
Ministerposten bekämen, steht in den Sternen. Doch mit der Taktik,
die Mitglieder des Teams ratenweise zu benennen, sichert sich
Steinbrück für einen längeren Zeitraum Aufmerksamkeit im positiven
Sinne. Die wird er auch brauchen, um Boden gutzumachen. Die Umfragen
für die SPD sind zum Weinen. Sie dümpelt trotz der aktuellen
Gerechtigkeitsdebatte - das Kernthema der Partei schlechthin - um die
26 Prozent. Für die erträumte rot-grüne Mehrheit müssten die
Sozialdemokraten in den nächsten Wochen also gewaltig zulegen. Falls
die Grünen stabil bei 15 Prozent bleiben, bräuchte die SPD ein Plus
von etwa acht Punkten, um die Kanzlerin abzulösen. Dagegen steht
Angela Merkels Union äußerst komfortabel da. CDU und CSU sonnen sich
in den Umfragen bei 40 Prozent. Falls es dabei bleibt, kommt an
Merkel auch im Herbst niemand vorbei - selbst wenn ihr die FDP als
Regierungspartner verloren ginge. Es gäbe dann nur zwei Optionen:
eine Neuauflage der großen Koalition - oder die erste schwarz-grüne
Regierung auf Bundesebene. Merkels größte Trümpfe sind ihre
Beliebtheitswerte und ihre Rolle bei der Euro-Rettung - das
wahlentscheidende Thema, bei dem sich die SPD bislang nicht so klar
positioniert hat, wie die Union. Die Sozialdemokraten schlagen vor
allem in die Kerbe der Umverteilungspolitik und fordern unverhohlen
Steuererhöhungen - zumindest für Besserverdiener. Damit kann
Steinbrück vielleicht ein Paar Pünktchen gutmachen - für einen
Wahlsieg ist es zu wenig. Der SPD-Herausforderer muss in den
kommenden Monaten vor allem deutlich machen, was er anders machen
würde und warum er der bessere Kanzler wäre. Bislang ist ihm das
nicht geglückt, weil er sich zu oft selbst ein Bein stellte. Merkel
dagegen hat sich seit Ausbruch der Finanzkrise einen eigenen
Markenkern erarbeitet - den als Rettungskanzlerin, die deutsche
Interessen knallhart durchsetzt, die größten Schuldenländer auf einen
harten Sparkurs zwingt und letztlich den großen Finanzkollaps
verhindert. Genau das könnte ihr politisches Überleben noch für lange
Zeit sichern. Gleichzeitig gelang es Merkel, fast alle
Angriffsflächen durch radikale politische Kehrtschwenks zu beseitigen
- etwa bei der Atomkraft, der Bundeswehrreform oder der
Bildungspolitik. Von heute auf morgen ließ die Kanzlerin politische
Grundsätze der Union fallen wie heiße Kartoffeln, wenn es ihr
politisch opportun schien. Ein gutes Stück hat die CDU-Chefin ihre
Partei sozialdemokratisiert - oder zumindest weit in die Mitte
gerückt. Für Steinbrück und die SPD ist es damit noch schwerer
geworden, die Union zu packen.
Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
463555
weitere Artikel:
- Schwäbische Zeitung: Nationalpark als Prüfstein für Grün-Rot - Leitartikel Ravensburg (ots) - Die harten Gegner warnen vor öden
Totholzflächen, die Befürworter schwärmen davon, die Natur auf 10 000
Hektar Waldfläche nach spätestens 30 Jahren in Ruhe zu lassen. Die
einen sehen unbeherrschbare Borkenkäferplagen über den Schwarzwald
ziehen, die anderen preisen den geplanten Nationalpark als Hort für
den Artenschutz und als Beitrag zur Bewahrung der Schöpfung an.
Knallhart vorgetragene wirtschaftliche Interessen prallen auf Ideale,
vorgetragen mit Emotionalität auf beiden Seiten.
Aber es geht noch um mehr mehr...
- Badische Neueste Nachrichten: Die bulgarische Krise Karlsruhe (ots) - Die Wahlen vom Sonntag machen Bulgarien
unregierbar, sie haben die politische Krise eher noch verschärft.
Sieger Bojko Borissow hat sich mit der Flucht in einen vorzeitigen
Urnengang selbst isoliert und steht zudem unter Verdacht des
Wahlbetrugs. Von einer europäischen Entwicklung Bulgariens kann sechs
Jahre nach dem EU-Beitritt noch immer keine Rede sein. Borissow war
stets im staatsmafiösen System verwurzelt. Seine politische Karriere
begann als Leibwächter des letzten kommunistischen Diktators Todor
Schiwkow. mehr...
- Rheinische Post: Bürgerversicherung gefährdet laut Studie 67 000 Jobs Düsseldorf (ots) - Die Pläne von Opposition und Gewerkschaften für
eine Zusammenlegung der gesetzlichen und privaten
Krankenversicherungen zur sogenannten Bürgerversicherung sorgen für
Wirbel. Von der Reform seien bis zu 67.000 Angestellte der PKV und
rund 10.000 Versicherungsvermittler betroffen, zitiert die in
Düsseldorf erscheinende "Rheinische Post" (Dienstagsausgabe) aus
einer Studie des Gesundheitsexperten Robert Paquet im Auftrag der
gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Die Studie wurde auf Druck
von Verdi gegenüber mehr...
- Rheinische Post: Rösler will Ökostrom-Förderung an Nachfrage koppeln / Wirtschaftsminister strebt grundlegende EEG-Reform an Düsseldorf (ots) - Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP)
will das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) grundlegend reformieren
und die starre Ökostrom-Förderung stärker an den tatsächlichen
Strombedarf koppeln. "Ziel muss es sein, dass die Ökostromlieferanten
einen größeren Anreiz bekommen, ihr Stromangebot stärker am
tatsächlichen Bedarf auszurichten", sagte Rösler der in Düsseldorf
erscheinenden "Rheinischen Post" (Dienstagsausgabe). "Im Endergebnis
wollen wir aus dem jetzigen planwirtschaftlichen und ineffizienten
EEG-Fördersystem mehr...
- Rheinische Post: SPD fordert Lohnfortzahlung bei Pflege von Angehörigen Düsseldorf (ots) - Vor dem Demografiegipfel der Bundesregierung
hat die SPD die Einführung einer bezahlten Familienpflegezeit
gefordert. "Wer seine Angehörigen über einen längeren Zeitraum
pflegt, soll in Anlehnung an die Elternzeit bezahlte
Familienpflegzeit nehmen können", sagte SPD-Vize-Chefin Manuela
Schwesig der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post"
(Dienstagausgabe). Um für die Angehörigen größtmögliche Flexibilität
zu schaffen, entwickele die SPD zurzeit ein 1000-Stunden-Modell, nach
dem es für entgangenen Lohn wegen mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|