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WAZ: Thyssen-Krupp und das Revier - Kommentar von Thomas Wels

Geschrieben am 15-05-2013

Essen (ots) - Kein Unternehmen in einer Marktwirtschaft kann
staatliche Hilfe einfordern, wenn es ihm einmal schlecht geht. Die
Debatte um die vermeintliche Systemrelevanz der Banken hat
eindrücklich gezeigt, wohin das führt: Letztlich waren es die
Steuerzahler, die für unternehmerisches Versagen und Zockereien der
Banken herhalten mussten. Bei Thyssen-Krupp käme auch niemand auf die
Idee, in der Not nach dem Staat zu rufen. Der Vorstand kämpft mit
harten Schnitten darum, das Unternehmen flott zu kriegen. Eine
Führungsebene ist gestrichen, die Zahl der Bereichsvorstände
annähernd halbiert worden, eine neue Unternehmens- und
Entscheidungskultur hält Einzug. Das ist zwar für die Angestellten
und Stahlleute, die den Konzern verlassen sollen, ein schwacher
Trost. Es zeigt aber, wie tiefgreifend der Umbau ist. Und wie wichtig
es ist, die Betriebsräte mit im Boot zu haben. Trotz aller Schnitte
läuft Thyssen-Krupp gegen die Uhr. Die Geldvernichtung in Brasilien
hat derart monströse Ausmaße angenommen, dass sich das Unternehmen
möglicherweise Geld an der Börse beschaffen muss. Und das kann
weitreichende Folgen fürs Revier haben. Die Krupp-Stiftung und der
Traditionskonzern - systemrelevant sind auch sie nicht, aber deren
enorme Bedeutung fürs Ruhrgebiet ist an allen Ecken zu besichtigen.
Schon allein wegen der rund 350 Millionen Euro, die aus der Stiftung
ins Revier geflossen sind. Der Verlust der Sperrminorität der
Stiftung birgt das Risiko einer Übernahme mit anschließender
Filetierung. Im Falle des Falles käme es darauf an, ob langfristig
orientierte Aktionäre mit größeren Aktienpaketen dem Unternehmen aus
ökonomischen Gründen treu bleiben und Zeit verschaffen. Werte
schaffen und etwas fürs Gemeinwohl tun - das passt allemal besser
hierher als der Heuschrecken-Kapitalismus.



Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion@waz.de


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